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Sepp und das Millionending

Sepp und das Millionending

Titel: Sepp und das Millionending Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Hoefling
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Wind entgegenblies, mußte Willem einschlagen, und er war noch keine zehn Schritte gegangen, als Gesicht und Haare auch schon klatschnaß waren. Was nützte es ihm da, daß er den Kragen der Windjacke hochstellte: der Regen rann ihm trotzdem in kleinen Rinnsalen an Hals und Nacken hinunter.
    Den Weg kannte er noch vom Nachmittag1 her, wenngleich ihm jetzt in der Dunkelheit manches neu und fremd erschien. Trotz der Finsternis sah er noch genug, um sich zügig durchs Gelände Vorarbeiten zu können. Es störte ihn nicht, wenn ihm hin und wieder ein Zweig ins Gesicht schlug. Ihm kam es nur darauf an, auf dem richtigen Weg zu sein, und das fand er immer wieder bestätigt, wenn einer der vielen Blitze den Himmel spaltete und die Erde gespenstisch beleuchtete.
     

Alarmstufe I
     
    Schneller als am Nachmittag legte der dicke Willem den Weg zum Hochstand in der Buche zurück. Er war ausgepumpt von dem anstrengenden Aufstieg und bis auf die Haut durchnäßt. Mehrmals war er auf dem glitschigen Boden ausgerutscht und einmal sogar der Länge nach in eine Pfütze geplatscht. Aber Schmutz und Regen vermochten ihn nicht davon abzubringen, sein Ziel zu verfolgen.
    Das Gewitter war inzwischen ein Stück ostwärts gewandert, doch immer noch krachte der Donner über dem Wald, und die Blitze durchpflügten die Nacht. Der Wind jammerte in den Buchen und zerzauste ihre Wipfel, und mancher dürre Ast brach ab und stürzte zu Boden.
    An Gespenster glaubte Willem nicht. Trotzdem hatte er manchmal das Gefühl, als spüre er eine Faust im Nacken, und es hätte ihn nicht gewundert, wenn er plötzlich hinterrücks überfallen worden wäre.
    Jetzt umzukehren, kam für ihn nicht in Frage. Was sich Willem einmal in den Kopf gesetzt hatte, das führte er auch aus. Und außerdem dachte er: Wenn die Kameraden erführen, daß ich in letzter Minute gekniffen hätte, dann würden sie mich auslachen. Das ist so klar wie Kloßbrühe!
    Für die letzte Strecke vom Hochstand bis zur Jagdhütte nahm er sich mehr Zeit, als er normalerweise dazu benötigt hätte. Er wollte jede Unvorsichtigkeit vermeiden. Denn vielleicht trieb sich der Mann zufällig auch draußen herum oder warf einen Blick durchs Fenster gerade in dem Augenblick, in dem ein Blitz das Gelände erhellte.
    Meter um Meter näherte sich Willem der Hütte. Bald schlich er um ein Gebüsch herum, bald sprang er von Baum zu Baum, jede Gelegenheit zur Deckung nutzend. Oft blieb er stehen, lauschte und spähte. Die Geräusche waren dieselben wie in der letzten Stunde: das Rauschen der Bäume, das Prasseln des Regens und das Rollen des Donners. Bald sah er die Jagdhütte vor sich. Dunkel und düster lag sie da, unheimlich und geheimnisvoll!

    Der Mann ist weg! war Willems erster Gedanke. Aber gleich darauf überlegte er: Er kann sich auch schlafen gelegt haben. Deshalb brennt kein Licht darin. Ob er überhaupt Licht hat? Eine Stromleitung führte nicht zur Hütte.
    Willem huschte gerade wieder ein paar Schritte vorwärts auf die Hütte zu, als der Sturm einen Fensterladen losrüttelte und krachend gegen die Hauswand schlug. Ein breiter Lichtstrahl fiel nach draußen auf den verwilderten Vorplatz. Natürlich — die Fensterläden! dachte der dicke Willem. Die hatte ich ganz vergessen. Und gleichzeitig wurde er sich bewußt: Der Mann ist nicht weg. Er ist noch in der Hütte!
    Gleich darauf tauchte der Oberkörper des Mannes am hellerleuchteten Fenster auf, aber das Gesicht konnte Willem nicht deutlich erkennen, da es im Lichtschatten lag. Er beobachtete, wie der rechte Arm des Mannes durchs Fenster nach außen griff, um den scheppernden Laden zu fassen.
    Wenn jemand den Arm zum Fenster hinausstreckt, ohne es vorher geöffnet zu haben, dann ist die Scheibe zerbrochen! fuhr es dem dicken Willem durch den Kopf. Das ist so klar wie Kloßbrühe! Aber es war genauso klar, daß der Mann auf diese Weise nicht an den Laden herankam, der von den böigen Windstößen immer wieder aufs neue gegen die Bretterwand geschlagen wurde, während die andere Hälfte des Ladens angelquietschend gegen die Fensterbank hämmerte.
    Deshalb öffnete der Mann jetzt das Fenster und beugte sich hinaus. Mit der Linken angelte er sich den Holzladen und zog ihn auf sich zu. Er untersuchte ihn und ließ ihn dann fluchend wieder los.
    Der Riegel ist bestimmt abgebrochen, dachte der dicke Willem. Kein Wunder bei so einer Bruchbude!
    Für wenige Augenblicke war der Mann vom Fenster weggetreten und schien sich in der Hütte zu schaffen zu

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