Sepp und das Millionending
trägt das polizeiliche Kennzeichen GL — KA 702. Es wird angenommen, daß dieses Kennzeichen falsch ist.
Seit dem Herbst vergangenen Jahres ist dies wieder der erste Banküberfall im Regierungsbezirk Köln. Bekanntlich waren am 25. September und 16. November vorigen Jahres die Zweigstellen der Dresdner Bank in Godorf und der Commerzbank in Bergheim unter ähnlichen Umständen überfallen worden. Von den Tätern fehlt bis heute noch jede Spur.
Der dicke Willem ließ die Zeitung sinken und blickte seine Kameraden herausfordernd an: „Na, was sagt ihr jetzt?“
„Junge, Junge“, staunte Männe. „87 000 Mark! Damit kann man ganz schön was anfangen.“
„Das ist noch gar nichts“, wandte Flöhchen ein. „Bei dem Überfall auf den Postzug damals in England sind den Räubern fast 30 Millionen in die Hände gefallen.“
„Das war ja wohl auch eine dicke Ausnahme.“
Diese Ansicht teilte auch Flöhchen, und ergänzend meinte er noch: „Immerhin hat der Dieb, der den Dürer aus dem Museum gestohlen hat, mit einem Schlag mehr verdient als die beiden Sparkassenräuber zusammen.“
„Falls er das Bild überhaupt hat verkaufen können!“ wandte Sepp ein.
„Warum nicht?“ wunderte sich Flöhchen.
„So einfach ist das doch nicht mit so berühmten Kunstwerken. Wer kann sich schon so was in die Wohnung hängen?“
„Ein Millionär...“
„Und wenn ein Besucher es sieht?“
„Ach so, ja...“
„Ich habe mal in einem Film gesehen, daß so ein verrückter Millionär einen geheimen Gemäldesaal in seinem Haus hatte“, rief Männe dazwischen. „Darin hingen die tollsten Bilder, die aus Museen oder sonstwo gestohlen waren und die der Millionär gekauft hatte.“
Schon bei den letzten Sätzen war dem dicken Willem anzumerken gewesen, daß ihm diese Unterhaltung gar nicht schmeckte, und jetzt platzte ihm der Kragen.
„Nun hört schon endlich damit auf!“ knurrte er. „Ich kann von Bildern nichts mehr hören.“
„Bist du vielleicht sauer, Willem?“ spöttelte Flöhchen.
„Sauer ist gar kein Ausdruck!“
„Aber warum denn?“
„Wir standen schon mit der Nase davor, als der Dürer aus dem Museum gestohlen worden ist — aber den Täter haben wir nicht geschnappt!“
„Na, wenn schon! Deswegen brauchst du doch nicht sauer zu sein.“
Doch Willem ließ sich nicht beschwichtigen, sondern machte weiter seinem Unwillen Luft: „Dann lassen wir einen Mann laufen, der verbotenerweise angelt, und finden nur ein Kaninchen statt den Wilderer.“
„Das ist doch nicht unsere Schuld“, empörte sich Männe.
„Den Kerl“, fuhr Willem fort, „der unsere Lebensmittel geklaut hat, haben wir ebenfalls durch die Lappen gehen lassen.“
„Das ist noch nicht gesagt!“ widersprach Sepp lebhaft.
„Und jetzt noch die Sache mit der Sparkasse!“ fügte der dicke Willem zum Schluß hinzu.
Sepp war überrascht. „Damit haben wir überhaupt nichts zu tun.“
„Du bestimmt nicht, Sepp, und Flöhchen und Männe auch nicht. Aber ich!“
„Wieso gerade du, Willem?“ erkundigte sich Flöhchen.
„Weil ich mal in Refrath gewohnt habe. Zwei Jahre lang. Genau in derselben Straße. Das habe ich euch vorhin schon mal erklärt.“
„Ja und...?“ fragte Männe verständnislos.
„Wenn meine Eltern damals nicht nach Köln gezogen wären, dann wohnten wir heute noch da. Und wenn wir heute noch da wohnten, dann wäre ich mit der Nase bei dem Überfall dabeigewesen — und dann, dann wären die Räuber nicht so ohne weiteres entkommen!“
„Ach, so meinst du das!“ Sepp lachte.
„Glaubst du mir vielleicht nicht?“ fuhr ihn der dicke Willem entrüstet an.
„Warum nicht? Du hast ja im Museum bereits bewiesen, wie kaltblütig du Gangster zur Strecke bringst.“
Jetzt grinsten auch Flöhchen und Männe, während der dicke Willem schmollend brummte: „Wir haben eben Pech gehabt. Aber einmal werden wir auch Glück haben. Dann kommen wir ganz groß heraus!“
Noch konnte niemand von ihnen ahnen, wie recht Willem mit seiner Voraussage hatte!
Bereits am Nachmittag des nächsten Tages kam der Stein ins Rollen!
Nach einem sonnigen, wenn auch nicht gerade warmen Morgen bewölkte sich von der Mittagszeit an der Himmel mehr und mehr. Dazu kühlte es merklich ab, so daß die Jungen schon bald in ihren Badehosen zu frösteln begannen. Vorbei war es mit Schwimmen und Sonnenbaden, und nur zu gern zogen sie sich wieder die Leder- oder Nietenhosen an, Sporthemd und Pullover.
„Was sollen wir jetzt machen?“
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