September. Fata Morgana
Schwarzweiß-Foto geben auf dem
Du und
Gott (Letzterer wie üblich kaum zu erkennen es sei denn er hat die Gestalt eines kleinen gefleckten Hundes angenommen der verschwommen hinter Dir vor einer Umfriedungshecke steht) ganz alleine
spazieren geht kurz nachdem Du den Befehl zum Angriff gegeben hast
Eswarsehremotionalfürmich
ichhabegebetet
während
ICH
herumging
III. Das Paradies
Juni – September 2004
So zwischen Ordnung und Unordnung, zwischen Erhalten und Verderben, zwischen Rauben und Bezahlen lebte man immer hin, und dies mag es wohl sein, was den Krieg für das Gemüt eigentlich verderblich macht. Man spielt den Kühnen, Zerstörenden, dann wieder den Sanften, Belebenden; man gewöhnt sich an Phrasen, mitten in dem verzweifeltsten Zustand Hoffnung zu erregen und zu beleben; hierdurch entsteht nun eine Art von Heuchelei, die einen besonderen Charakter hat, und sich von der pfäffischen, höfischen, oder wie sie sonst heißen mögen, ganz eigen unterscheidet.
(Johann Wolfgang Goethe, Kampagne in Frankreich )
Nichts geschieht mehr in meinen Träumen.
Keine Kriege brechen mehr aus.
Keine Paraden werden an Festtagen mehr abgehalten.
Keine Schiffe kommen mehr an,
und keine Roboter geleiten reumütige Derwische ins Paradies.
Nichts geschieht mehr in meinen Träumen.
Die Straße ist leer wie üblich,
und ich muss zusehen, dass ich nachhause komme,
bevor der Regen fällt.
(Fadhil al-Azzawi, Miracle Maker )
Sabrina
Wenn sie
ein Gedicht macht
(erarbeitet)
auf den Traumfeldern der Sprache auf denen die Wörter ganz neu zu behandeln sind zu begrüßen wie Unbekannte jedes und noch das Verbrauchteste und Vertrauteste als Neuankömmling der
zu allem fähig ist und
berührt werden will und lange
gewogen
es ist dieser Zustand
in dem du dich so gezielt (zielend) verlierst es ist fast wie ein absichtlicher Ohnmachtsanfall (oder der Beginn eines solchen) oder das Ablegen der Rüstung des Taucheranzugs dickplattiger metallischer Sprachverpanzerung um wieder empfindlich zu werden verletzlich wie
die erste neue Haut
über einer fürchterlichen Verbrennung
schweig!
und besser: richte mit höchster Empfindlichkeit und äußerster Konzentration den Blick aus dem Zimmer durch das Fenster ohne Glas oder die halb geöffnete Tür wie von einem anderen Planeten aus auf die Erde auf die gewöhnlichsten Dinge das Schränkchen ein blauer Rucksack ein Strauß mit Rosen die jungen Obstbäume die Vögel im Sonnenlicht
Liegst Du bei mir, liegst Du bei mir –
die kleinen biederen sauberen Holzhäuschen von Babylon durch das Zugfenster
Eric winkt noch einmal hinter Glas unter Glas meine Hand auf der staubigen Scheibe des Abteilfensters im Wagen der Long Island Rail Road ich habe
mir sonst nie vorgestellt dass
die arabische Prinzessin die ich als Kind erfand um mich aus meiner Einsamkeit zu erlösen indem ich mich selbst beobachtete mit mir sprach und Gedichte schrieb ich weiß gar nicht weshalb ich gerade jetzt wieder auf sie gekommen bin in den ersten Minuten eines glücklichen Verlassenseins vielleicht weil man ohne Zuschauer/Zuhörer weder an das Glück noch an das Unglück voll und ganz glauben kann
Liegst Du bei mir, dann steht die Zeit –
über ein Gedicht nachdenken kann ein Rausch am hellen Tag sein ich will Eric einen anderen und besseren Song-Text geben vielleicht können wir schon morgen im Greyhound-Bus nach einer neuen Melodie suchen was
will ich
drei Tage lang mir nicht diese Frage stellen müssen in diesem Urlaub könnte es klappen
Babylon ( a great place to live and raise a family with convenient
train service to
New York City ) gleitet vorbei die moralisch entrüstete Mutter des Stadtgründers hatte vielleicht dieses letzte zweistöckige Holzhaus im Blick was die verkommenen Sitten wohl einmal gewesen sein mögen ich sehe die Saloons der mehr oder (zumeist) weniger realistischen Fernseh-Western vor mir Dreck und verkrusteter Schlamm der beim Hochsteigen auf der Holztreppe von den Reitstiefeln fällt die Spur führt bis zum Zimmer der notorischen Kitty die eine Silberschnalle am Strumpfband ihres schwarzen Rüschenkostüms löst (all jene allein mit ihrer Syphilis im Schlamm begrabenen hübschen Mädchen) bei meinem letzten Besuch
in Babylon
war ich verärgert
»säuerlich« sagte meine Cousine Lotta ich kannte das deutsche Wort nicht oder hatte es vergessen wir fuhren mit der S-Bahn auf die Berliner Museumsinsel zu die
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