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September. Fata Morgana

Titel: September. Fata Morgana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Lehr
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nicht mehr fähig die von einer falschen herbeigezwungenen Wärme eingeleitet werden unterder eine bloß mechanische Leichtigkeit steckt nichts Anderes als dass man jetzt einfach so agieren kann die Nacktheit
    als Tatsache fast als etwas
    Kriminelles oder Krimihaftes herbeiführen für Sekunden für Minuten
    womöglich
    eines einfachen tierischen Glücks
    die Erkenntnis
    dass man (auch) einfach so ist sich in einer Frau als einfaches glückliches Sekundentier erkennen (Stallwärme Milchfluss fruchtbarer Dung rote Spalten warmer Heuhaufen) oder wäre es
    jene von mir selten erlebte absinthartige Mixtur aus Bitterkeit und kalter Erregung bloßer Pfahl im Fleische bis zur Aufreibung kleinerer Wunden ein
    Sich-müde-Ringen
    eigentlich dem ein schon fast komisches gegenseitiges Unverständnis und Aneinander-Vorbeireden folgt bei dem man aufsteht und sich wieder zu Bett begibt und die behaarten hellrosa Brustwarzen den herabhängenden Hintern (die baumelnden Hoden) des Anderen sieht so etwas
    geschah mir in einem früheren Leben die große Frau mit dem Leberfleck auf der Oberlippe
    besuchte mich eben nur dort und einige Male
    sah ich sie noch im Krankenhaus und ich saß mit einem schlechten Kindergewissen neben meiner Mutter als hätte ich eine Fensterscheibe eingeworfen oder eine teure Vase zertrümmert wenn ich
    mich selbst verachtete oder wenigstens verspottete
    dann konnte ich an meinen letzten Besuch in Deutschland mit Sabrina denken ohne mich vor Schmerz zusammenzukrümmen
    wir waren nur zwei Tage in Frankfurt geblieben dann nach Berlin geflogen wo Luisa und ich ein Hotelzimmer nahmen während sie bei ihrer Cousine Lotta wohnte mit der sie dann einige Tage später zur Europa-Tour aufbrechen wollte ich war zum ersten Mal mit Luisa in Deutschland und deshalb nervös immer bemüht es beiden Frauen recht zu machen und dankbar wenn Luisa was sie häufig tat sich von mir trennte sich bei Sabrina unterhakte und schwesternhaft mit ihr verbündete
    sie ist wunderbar sie ist so genau und bescheiden ich denke sie könnte eine Dichterin werden
    sagte Luisa
    weshalb studiert sie dann am MIT fragte ich zurück und bekam zur Antwort dass ich es aufgeben sollte irgendeine Art Kontrolle über meine Tochter auszuüben du musst
    loslassen
    wie oft habe ich das gehört mir selbst gesagt und mich doch auch in den meisten Fällen daran gehalten die im Nachhinein nur leichte Übungen für dieses absolute schwarze Loslassen waren aus dem ich nicht mehr herauskomme ich sehe sie am Deutschherren-Ufer in Frankfurt auf dem leeren Sockel ICH stehen und lachen (lasse los) ich ging mit ihr in Berlin in eine Kino-Spätvorstellung wie zu meinen eigenen Studentenzeiten und sie lehnte einmal (kurz) müde den Kopf an meine Schulter (der Film ist verschwunden es kommt mir vor als hätten wir einem grauen lautlosen Wasserfall auf der Leinwand zugesehen) vor dem Eingang zum Pergamonmuseum machte ich den Fehler ihr zu erzählen dass Hitler eine Version von Böcklins Toteninsel erworben hatte ich wollte eigentlich auch noch mit ihr nach Weimar fahren und dort auch das Konzentrationslager Buchenwald besichtigen aber ich ließ dann los es war überhaupt nicht nötig sie weiter und weiter zu erziehen heute
    träume ich von der schwarzen Gestalt
    in Afghanistan
    und man könnte sagen dass ich sie mittlerweile verhüllt habe aber immer noch nicht loslassen kann also sie nur verhüllt habe damit es mir erlaubt ist mich
    schweigend an ihre Seite zu setzen
    ich ließ meine Mutter los im Berliner Winter es war ein Aufatmen ihrerseits oder man konnte sich das wenigstens sagen alle Dinge Gegenstände Fenster Mauern schienen einen Atemzug lang durchlässig so dass der Vogel der Seele sie mühelos zerteilte
    ihr letzter Satz war dass
    es nun genug sei und dass ich
    auf sie
    aufpassen solle aber ich weiß nicht wen sie meinte ich dachte vielleicht meine Schwester aber ihre Sorge könnte auch Sabrina gegolten haben oder Lotta nach der Beerdigung blieb ich noch einige Tage ohne genau zu wissen weshalb
    ich versuchte wohl
    mich zu verabschieden oder vielmehr die richtige Weise des Abschieds zu finden (von meiner Mutter von meiner Schwester die ich gewiss nicht so bald wiedersehen würde) von Deutschland wohl auch das mir auf eine ruppige und selbstgerechte Weise friedfertig erschien wann stimmt man einem Land zu wenn man bleibt wenn man dahin zurückfährt ich fand noch während ich in Berlin blieb heraus dass ich einen Zugang zu Lotta suchte die ich seit der Gedenkfeier in

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