Septimus Heap 02 - Flyte
studierte sie. Dann schaute er sich auf der Lichtung um.
»Kannst du irgendwo einen aufrecht stehenden Felsbrocken entdecken?«, fragte er Septimus. »Da drüben müsste er sein.« Er deutete vage in Richtung einer Baumgruppe. »Sieht ein bisschen aus wie ein Vogel.«
»Nein«, antwortete Septimus, der von der ersten Sekunde an wenig Vertrauen in Sams Karte gehabt hatte. »Nicko, haben wir uns verlaufen?«
»Nein, natürlich nicht«, antwortete Nicko.
»Und wo sind wir dann?«
»Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher«, murmelte Nicko. »Am besten, wir gehen weiter, bis ich eine Stelle wiedererkenne.«
Septimus wurde immer mulmiger zumute, als er Nicko tiefer in den Wald folgte. Die Bäume rückten noch dichter zusammen. Einige hatten riesige Stämme und wirkten sehr alt. Septimus spürte, wie die ganze Atmosphäre um sie herum sich veränderte. Die Bäume wurden immer eigenartiger. Jeder einzelne kam ihm anders vor. Manche machten einen freundlichen Eindruck und andere nicht. Ein- oder zweimal hatte er das Gefühl, dass ein Baum sich bewegte, als sie an ihm vorbeigingen, und er stellte sich vor, wie der Baum sich umdrehte und ihnen hinterherschaute. Die Sonne war völlig verschwunden, und nur grünes Schummerlicht drang noch durch das dichte Blätterdach. Sie kamen jetzt wieder schneller voran, denn das Unterholz war hier spärlicher, und die meiste Zeit liefen sie über eine dicke Laubschicht. Von Zeit zu Zeit hörte Septimus ein Scharren oder Rascheln, als laufe ein kleines Tier vor ihnen davon. Diese Geräusche machten ihm keine Angst, denn sie konnten nur von Baumratten oder Waldwieseln herrühren. Aber ein- oder zweimal hörte er Äste knacken, wie wenn etwas ziemlich Großes davonpreschte – oder kam es auf sie zu?
Septimus wurde es ganz unheimlich. Ihm war, als seien sie schon seit Stunden im Wald, und so wie die Dinge lagen, musste es bereits dämmern. Während er hinter Nicko hertrottete, konnte er nicht das geringste Anzeichen eines Pfades entdecken, und wieder fragte er sich, ob sie sich verirrt hatten. Aber Nicko stapfte unbeirrt durch die Farne, und er zockelte brav hinterher, bis sie erneut auf eine kleine Lichtung kamen.
Septimus blieb stehen. Jetzt hatte er Gewissheit. Sie hatten sich verlaufen. »Nicko«, sagte er, »hier waren wir schon mal. Vor einer Stunde. Sieh doch, ich erkenne den hohlen Baum da wieder, mit den Bovisten drum herum.«
Nicko blieb ebenfalls stehen und zog Sams Karte zu Rate. »Wir können uns nicht verirrt haben«, sagte er. »Sieh her, wir sind hier.« Septimus betrachtete den Punkt, auf den Nickos Wurstfinger zeigte.
»Meinst du die zerquetschte Ameise da?«
»Was für eine zerquetschte Ameise?« Nicko kniff die Augen zusammen, aber die Karte war im schwindenden Licht kaum noch zu erkennen. Nachdem er ein paar Sekunden lang auf den Papierfetzen gestarrt hatte, sagte er: »Ach so, diese zerquetschte Ameise.«
»Wir haben uns verirrt, stimmt’s?«, fragte Septimus.
»Aber woher denn! Zugegeben, das könnte eine Ameise sein, aber wir sind immer noch auf diesem Pfad hier. Und wenn wir ihm folgen ... in dieser Richtung ... kommen wir ins Lager. Ehrlich, Sep, wir sind fast am Ziel.«
Er setzte den Weg fort, und Septimus folgte widerstrebend. Nach einer Weile sagte er: »Nicko, hier waren wir auch schon mal. Wir gehen nur noch im Kreis.«
Nicko blieb stehen und lehnte sich müde an einen Baum. »Ich weiß, Sep. Tut mir leid. Wir haben uns verirrt.«
* 14 *
14. Verirrt
S o bald die Sonne untergegangen war, senkte sich die Nacht auf den Wald.
Septimus und Nicko saßen bedrückt auf einem umgestürzten Baum. Septimus hielt seinen Kompass in der Hand und versuchte zu erkennen, in welche Richtung die tanzende Nadel zeigte. Es war fast dunkel, und sein Drachenring begann zu leuchten, aber das konnte nicht verhindern, dass seine Hand zitterte. Ein vertrautes Gefühl der Angst überkam ihn, wie immer, wenn im Wald die Dunkelheit hereinbrach.
»Das ist die Walddämmerung, Nicko«, flüsterte er. »Wir sollten uns eine Weile ganz still verhalten. Es ist nicht ratsam, jetzt weiterzugehen, nicht solange die Waldbewohner unterwegs sind.«
Weit entfernt in der Burg blickten Silas und Sarah vom Dach des Palastes in den Sonnenuntergang und begriffen endlich, dass Simon Jenna nicht nach Hause bringen würde. In tiefer Sorge machten sie sich auf den Weg in den Zaubererturm, um mit Marcia zu sprechen. Sie trafen sie auf der Zaubererallee, als sie gerade zu Professor Van
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