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Septimus Heap 03 - Physic

Titel: Septimus Heap 03 - Physic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angie Sage
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sich die Luft kühler an, und der Fluss bekam etwas Bedrohliches. »Was kommt auf uns zu?«, fragte Jenna.
    Snorri antwortete nicht. Sie spähte durch ihr Monokel, ganz in den Anblick von Königin Etheldreddas Königsbarke vertieft. Die Barke war dicht am anderen Ufer durch die Biegung gefahren und kam jetzt quer über den Fluss auf die Alfrun zu. Snorri zitterte.
    »Was ist? Was siehst du?«, flüsterte Jenna.
    »Ich sehe eine Barke. Sie hat einen hohen Bug und ist nach uralter Bauweise gebaut. Ich sehe vier Geisterruder auf der Backbordseite und vier auf der Steuerbordseite. Sie bewegen sich, aber sie wühlen das Wasser nicht auf. Ich sehe einen königlichen roten Baldachin auf vier goldenen Pfosten, und ich sehe die Königin darunter sitzen.«
    »Trägt ... trägt die Königin eine hohe Halskrause, und hat sie Zöpfe, die wie Schnecken über ihre Ohren gelegt sind?«, flüsterte Jenna, der ein schrecklicher Verdacht kam. »Macht sie ein Gesicht, als ob sie gerade etwas Ekliges gerochen hätte?«
    Snorri sah wieder zu Jenna herüber und lächelte. Es war das erste Mal, dass Jenna sie lächeln sah.
    »Dann bist du also auch eine Geisterseherin. Ich habe mich so nach einer Schwester im Geiste gesehnt. Willkommen!« Snorri schlang die Arme um Jenna, doch die wollte auf keinen Fall von Königin Etheldredda entdeckt werden, entwand sich ihr und flüchtete in die Kajüte.
    Snorri folgte ihr unter Deck. »Es tut mir leid«, sagte sie, »wenn ich dich beleidigt habe.«
    Jenna saß auf der Treppe, ganz weiß im Gesicht, die Arme um die Knie geschlungen. »Du ... du hast mich nicht beleidigt«, flüsterte sie. »Ich will nur nicht, dass die Königin mich sieht. Sie war es, die mich dazu gebracht hat, meinem Bruder den Spiegel zu zeigen. Sie ist ein Ekel, ein richtiges Ekel.«
    »Aha«, flüsterte Snorri, nicht im Geringsten überrascht, wenn sie an den Schauer dachte, der ihr über den Rücken gelaufen war, als sie die Königsbarke das erste Mal gesehen hatte. »Du bleibst hier, Jenna. Ich gehe hinauf und behalte die Königin im Auge. Ich werde dir berichten, was sie tut, denn ich fürchte, sie führt Böses im Schilde und will dir deshalb nicht erscheinen. Ob sie deinen Bruder als Gefangenen an Bord hat?«
    »Sepp«, sagte Jenna. »Auf einem Geisterschiff? Aber das würde ja bedeuten, dass er ein Geist ist...«
    »Nein, nicht unbedingt. Man kann von einem Geist entführt werden und trotzdem weiterleben. Das ist meinem Onkel Ernold passiert.« Damit verschwand Snorri nach oben, und Jenna überlegte, dass Snorris Familie wohl etwas zu Unfällen neigte, was ihre Beziehung zur Geisterwelt anging.
    Die Königsbarke näherte sich der Alfrun, und Snorri sah, dass sie früher einmal sehr schön gewesen sein musste. Sie war lang und schmal und mit verschlungenen Mustern in Gold und Silber bemalt. Reich verzierte goldene Pfosten stützten einen prächtigen roten Baldachin, der einst die Aufgabe gehabt hatte, die Königin und ihre auf den langen Polstersitzen im Heck sich rekelnden Höflinge vor Sonne und Regen zu schützen. Jetzt freilich saß Etheldredda alleine da, so wie sie es schon zu ihren Lebzeiten meist getan hatte, denn ihre Höflinge hatten sich mit allen möglichen Ausreden um eine Fahrt auf der Barke gedrückt, auf der es kein Entrinnen vor der Königin gab. Unter Deck saßen acht Geisterruderer auf schmalen Holzbänken und bewegten ihre körperlosen Ruder vor und zurück, vor und zurück, ohne dass das Flusswasser aufgewühlt wurde.
    Als die Königsbarke in Richtung Alfrun schwenkte, steckte Snorri das Monokel weg und fing an, das Frühstückgeschirr zu spülen. Sie wollte der Königin nicht zeigen, dass sie eine Geisterseherin war, und war davon überzeugt, dass sie für Jenna nur deshalb unsichtbar war, weil sie ihr nicht erscheinen wollte. Königin Etheldredda erhob sich von ihren Polstern, kam an den Rand der Barke und blickte übers Wasser zu Snorri hinüber. Sie rümpfte missbilligend die Nase. Eine Dienstmagd, kein Zweifel. Ihr stechender Blick glitt über die Frühstücksreste, die das Mädchen langsam wegräumte – empörend langsam. Wie faul die Dienstboten heutzutage waren! Das würde sich ändern, wenn sie erst wieder Königin war. Aber irgendetwas an der Dienstmagd kam ihr merkwürdig vor. Die Augen des Mädchens ruckten hin und her wie bei einer Eidechse und vermieden es, irgendwohin zu sehen. Sehr verdächtig. Ohne Zweifel würde ihr Dienstherr eines Nachts aufwachen und feststellen, dass die gesamte

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