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Septimus Heap 04 - Queste

Titel: Septimus Heap 04 - Queste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angie Sage
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ausgegangen. Er hielt den Atem an, als die Frau mit dem Huhn wieder dicht an ihm vorbeiging. Seine dunkelgrauen Augen folgten ihr, bis sie durch die Vordertür im Sonnenschein verschwunden war, dann schoss er wie ein schwarzer Blitz zum Ofen, zog sich die Ärmelenden über die Hände, riss die Ofentür auf und holte den großen runden Brotlaib heraus.
    »Ah ... aah ... aaaah!«, stöhnte er leise und hüpfte von einem Fuß auf den anderen, denn die Backofenhitze des Brotes drang rasch durch seine Ärmel. Den Laib wie eine heiße Kartoffel jonglierend, flitzte er zur nächsten Tür hinaus, rannte hinten um das Bauernhaus herum und fand sich auf dem Hof wieder. Ein Hühnervolk, das gerade von der Frau gefüttert wurde, deren Brot er noch jonglierte, versperrte ihm den Fluchtweg. Die Hühner begannen aufgeregt zu gackern, und die Frau schaute auf.
    »He!«, rief sie.
    Merrin blieb stehen, unschlüssig, was er tun sollte. Sollte er umkehren und ins Haus zurückrennen, auch auf die Gefahr hin, dass er dort dem Bauern oder einem kräftigen Knecht in die Arme lief? Oder sollte er einfach geradeaus weiter zur Straße rennen?
    »Das ist mein Brot!«, rief die Frau und kam auf ihn zu.
    Merrin blickte hinab auf den Laib, als sei er überrascht, ihn zu sehen. Dann fasste er einen Entschluss und stürmte los, schnurstracks auf die Hühner zu. Unter lautem Gegacker und Gekreische stoben die Vögel auseinander. Federn flogen, als Merrin mitten durch den Haufen preschte und dabei ein paar gezielte Tritte austeilte.
    Innerhalb von Sekunden war er auf der Straße und rannte davon. Nur ein einziges Mal schaute er sich um und sah, dass die Frau mitten auf der Straße stand und die geballte Faust hinter ihm her schüttelte. Da wusste er, dass er außer Gefahr war. Sie verfolgte ihn nicht.
    Was Merrin nicht sah, teils weil es helllichter Tag war und Gespenster bei Tageslicht schlecht zu erkennen sind, hauptsächlich jedoch, weil er gar nicht damit rechnete, dergleichen hier zu sehen, war das Gespenst, das ihm in einigem Abstand folgte. Wie ein Strom schmutzigen Wassers strich es an den Hecken entlang.
    Was Merrin ebenso wenig sah, als er, das mittlerweile angenehm warme Brot im Arm, das Weite suchte, war, dass neben der Straße eine braune Ratte im Gras saß. Doch die Ratte sah ihn. Stanley, Ex-Botenratte und ehemaliges Mitglied des Rattengeheimdienstes, hütete sich, Merrin zu nahe zu kommen, vor allem seinen Stiefeln. Doch alte Geheimdienstgewohnheiten ließen sich nicht so leicht abschütteln, und so wollte Stanley gern wissen, wohin Merrin unterwegs war. In seinen Augen war der Knabe ein Tunichtgut.
    Stanley kam gerade von einem mehrwöchigen Besuch bei Humphrey zurück, seinem ehemaligen Chef im Botenrattendienst, der ungefähr sechs Monate zuvor vor den Rattenwürgern aus der Burg geflohen war. Obwohl Humphrey seinen Ruhestand im Apfellager einer kleinen Mostkelterei in vollen Zügen genoss und nicht an Rückkehr dachte, hatte er Stanley dazu zu überreden versucht, den Rattenbotendienst wieder aufleben zu lassen. Stanley hatte versprochen, darüber nachzudenken.
    Jetzt beobachtete Stanley, wie Merrin an einer Kreuzung stehen blieb. Der Junge betrachtete eine Weile die Wegweisersteine und schlug dann die Richtung zur Burg ein. Stanley sah ihm nach, wie er die Straße hinunterging. Wenn solche Leute zur Burg gingen, so sagte er sich, könnte eine Botenratte unter Umständen dringend gebraucht werden. Er schloss einen Pakt mit sich selbst: Er wollte Merrin beschatten, und wenn der Knabe tatsächlich in die Burg ging, würde er sich bei Humphrey Rat holen.
    Und so kam es, dass zwei sehr unterschiedliche Geschöpfe Merrin auf den gewundenen Wegen durch die Ackerlande folgten. Beflügelt von seiner wiedererlangten Freiheit, kam Merrin zügig voran, und als es dämmerte, tauchte in der Ferne die Burg auf. Müde jetzt, schleppte er sich mit schweren Schritten an dem letzten Gehöft vor dem Fluss vorbei. Sehnsüchtig blickte er zu dem von Kerzen erleuchteten Fenster des Bauernhauses, hinter dem eine Familie beim Abendbrot saß, doch er ging weiter seines Weges, der ihn nun durch ein kleines Gehölz führte. Eine letzte scharfe Biegung, und er trat unter den Bäumen hervor und stand unvermittelt am Ufer des Flusses. Verwundert sank er ins Gras und machte große Augen. So etwas hatte er in seinem ganzen Leben noch nicht gesehen.
    Auf der anderen Seite des breiten, behäbigen Flusses ragte eine hohe Mauer aus Lichtern in den nächtlichen

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