Septimus Heap 04 - Queste
Hoffnung, Nickos vertraute blonde Locken oder Snorris weißblondes Haar zu entdecken, suchten sie und Septimus mit den Augen die Menge ab. Allmählich dämmerte ihnen, dass sie ebenfalls sichtbar geworden waren und dass sie – und besonders der Questenstein – Aufmerksamkeit erregten.
Plötzlich teilte sich die Menge, und eine junge Frau in einem schäbigen grünen Umhang und Gewand kam nach vorn und genau auf Septimus zu. Sie sah ihn aus merkwürdig leuchtenden grünen Augen an und deutete mit einem langen, zarten Finger auf den Stein. »Du hast den Questenstein«, sagte sie erstaunt.
Septimus nickte.
»Und wie heißt du?«
»Äh ... Septimus. Septimus Heap.«
Das Mädchen sah ihn verwirrt an. »Nun, Septimus Heap, du bist sehr ... klein«, sagte sie, als suche sie nach den richtigen Worten.
»Klein?«, fragte Septimus empört.
»Ich meine ... jung. Du bist sehr jung. Du hast deine Lehre doch bestimmt noch nicht beendet.«
»Nein ... habe ich nicht«, erwiderte er verwirrt.
»Aber warum, bitteschön, bist du dann auf der Queste?«, fragte das Mädchen in einem gebieterischen Ton, der ein wenig an Marcia erinnerte.
»Ich ... ich bin eigentlich gar nicht auf der Queste«, stammelte Septimus. »Oder vielmehr ... ich wollte gar nicht auf die Queste gehen. Jemand hat mir den Stein gegeben, und ich habe ihn aus Versehen genommen.«
»Aus Versehen?« Jetzt klang das Mädchen genau wie Marcia. »Wie dumm von dir. Aber gut, wir können nicht wählerisch sein. Mein Meister wird mit dir vorliebnehmen müssen. Wir haben Großes erwartet, aber nun ...« Das Mädchen musterte ihn von oben bis unten mit einer Miene, die verriet, dass sie keinerlei Erwartungen – geschweige denn große – in ihn setzte.
Jenna hatte geduldig auf eine Gelegenheit gewartet, das Mädchen zu fragen, ob es Nicko gesehen habe, doch gerade als sie den Mund aufmachen wollte, rauschte eine große, bedeutend aussehende Frau auf sie zu. Sie trug ein dunkelblaues Kleid mit Pelzbesatz, und ihr längliches Gesicht erinnerte Beetle an ein Pferd, das er auf dem Schulweg immer mit Äpfeln gefüttert hatte. Sie schob das mürrische Mädchen in Grün zur Seite.
»Willkommen in der Ewigkeit«, sagte die Frau.
»Ewigkeit?«, stieß Beetle hervor. »Sind wir tot?«
»Ihr lebt in allen Zeiten und seid doch tot in allen Zeiten«, antwortete sie. »Willkommen.«
Beetle war schon freundlicher empfangen worden. Er blickte zu Septimus und Jenna. Die beiden sahen auch nicht gerade begeistert aus.
»Ich bin die Hüterin dieses Hauses«, fuhr die Frau mit dem Pferdegesicht fort. »Dieses Haus ist ein Ort des Wartens. Hier wird es euch an nichts fehlen, denn hier werdet ihr euch nichts wünschen. Viele kommen, aber nur wenige wollen wieder gehen.«
Eine dunkelhaarige junge Frau in einem langen weißen Pelzmantel, die über und über mit goldenem Schmuck behangen war, drängte nach vorn. » Einige wollen gehen«, unterbrach sie die Hüterin und schaute Jenna, Septimus und Beetle an. »Ich kann den Schnee an euch riechen«, sagte sie sehnsüchtig. »Ich komme aus den Palästen der östlichen Schnee-Ebenen. Mein einziger Wunsch ist es, nach Hause zu meiner Familie zu gehen. Aber ihr seid eingetreten und habt niemandem gesagt, aus welcher Zeit ihr kommt. Niemand hatte die Möglichkeit zu gehen.«
Das Mädchen in Grün, das, wie Septimus jetzt erkannte, einen sehr alten Lehrlingskittel trug – einen von diesen bodenlangen mit alten Hieroglyphen –, verlor die Geduld. »Madam«, sagte es zur Hüterin, »ich bin gekommen, um den jungen Lehrling zu unserem Meister zu bringen.«
»Meine Freunde müssen auch mitkommen«, sagte Septimus.
Das Mädchen blickte überrascht zu Jenna und Beetle. »Du hast Freunde dabei – auf der Queste?«, wunderte sie sich, und dann bemerkte sie Jennas rote Kleidung und das goldene Diadem. Sie wurde sehr verlegen und machte eine tiefe Verbeugung. »Ich bitte tausendmal um Verzeihung, Prinzessin. Ich war ja vollkommen ahnungslos.« Sie wandte sich wieder an Septimus, noch missbilligender jetzt. »Warum hast du die Prinzessin mitgebracht, Lehrling? Das ist höchst vermessen. Wer soll jetzt die Burg schützen?«
»Ich habe sie nicht mitgebracht«, entgegnete Septimus ungehalten. »Es war ihre eigene Idee. Wir sind auf der Suche nach unserem Bruder. Wir glauben, dass er hier ist.«
Das Mädchen in der alten Lehrlingstracht blickte entsetzt. »Du bist ein Prinz? Ich bitte um Verzeihung.« Sie verbeugte sich ein zweites Mal.
»Nein ...
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