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Serafinas später Sieg

Serafinas später Sieg

Titel: Serafinas später Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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geschaffen, darauf hinarbeiten zu können, und diese Tatsache und ihre Willensstärke gaben ihr die Kraft, Jacopos Bedürfnisse und Forderungen zu befriedigen und das Geflüster der Dienstboten und die vielsagenden Blicke auf der Straße zu ertragen.
    Sie hatte ausführlich darüber nachgedacht, wie sie Angelo ruinieren könnte. Sie würde seine Preise unterbieten, seine Kunden und Großhändler abwerben. Um Geld zu sparen, müßte sie die prozentuale Beteiligung vermeiden, die die italienischen Transportgesellschaften verlangten, auf Märkten einkaufen, die weiter entfernt lagen als Livorno – und zwar im großen Stil –, und ihre Ware schnell und zuverlässig liefern. Sie müßte in die Levante segeln. Um Angelo ins Verderben stürzen zu können, brauchte sie die Kingfisher ! Doch sowohl das Schiff als auch Thomas Marlowe waren unerreichbar für sie geworden. Während Serafina die Staubteilchen beobachtete, die in der sonnenflirrenden Luft tanzten, oder über den Kontobüchern saß, wurde sie immer wieder von einer ohnmächtigen Wut überfallen, weil sie sich diese Gelegenheit verscherzt hatte. Natürlich ging es nur um das Schiff. Worum sonst?
    Nun – sie würde eine andere Möglichkeit finden müssen. Um Angelo besiegen zu können, müßte sie ihn eingehend studieren, seine Stärken und Schwächen und seine Ziele kennenlernen. Angelo war nie an privatem Glück interessiert gewesen – das erkannte Serafina jetzt. Er hatte seit jeher anderen Göttern gehuldigt – und Serafina hatte diese Götter inzwischen ebenfalls kennengelernt. Ihre Namen waren Ehrgeiz, Macht und Sicherheit. Sie und Angelo waren einander sehr ähnlich, beide im November geboren, und die Skorpione würden sich einen tödlichen Kampf liefern.
    John Keane schlenderte am Dock von Livorno entlang. Er hätte am liebsten vor Freude über seine beiden Neuerwerbungen gesungen. Die Wiedereinstellung Thomas Marlowes bei der Levant Company hatte nicht nur zur Fortsetzung der Arbeiten an der Kingfisher geführt, sondern dies bedeutete auch die gewissenhafte Instandsetzung der Garland. Der Steuermann hatte sich bereit erklärt, die Reparaturen an dem bejahrten Schiff zu überwachen und seine Handwerker zur Verfügung zu stellen, während er auf Holz warten mußte.
    Obwohl seine Lage sich entspannt hatte, wirkte Thomas Marlowe mißgelaunt. John Keane führte dies auf den Verlust der Unabhängigkeit zurück, und er hatte Verständnis dafür. Der junge Mann wollte neue Länder entdecken, über noch nicht kartographierte Meere segeln. Er wollte zu den Westindischen Inseln, nach Amerika und nach China, und zwar mit dem Schiff, das er selbst entworfen und gebaut hatte – und steuerte. Der Käfig, den für ihn zu bauen John Keane mitgeholfen hatte, würde sich zum Vorteil für die Levant Company auswirken, Thomas empfand ihn als unerträgliche Einengung. Er betäubte seine Rastlosigkeit mit harter Arbeit und reichlich Alkohol. John Keane ertappte sich dabei, daß er sich gegen den unvermeidlichen Ausbruch wappnete. John blieb bei der Garland stehen, kniff die Augen zusammen und suchte in der Gruppe von Männern an Deck nach Thomas. Er legte die Hände wie einen Trichter vor den Mund und rief: »Thomas Marlowe! Wie geht es voran?« Wegen seiner Kurzsichtigkeit nahm er nur undeutlich wahr, wie sich ein dunkler Kopf aus dem Grüppchen beim Besanmast reckte.
    Thomas Marlowe kam an die Reling. »Die Deckplanken sind fertig, und William hat die Rahen am Besanmast repariert«, berichtete er. »Kommen Sie rauf, und sehen Sie es sich an.«
    John Keane ging die Gangway hinauf und betrat das Deck der Garland. Nichts erinnerte mehr an das bei dem Unwetter gesplitterte Holz. Masten und Spieren standen stolz aufrecht, bereit, dem Ansturm des Windes auf die Segel zu trotzen. Thomas hatte recht gehabt, als er sagte, die Garland werde das Ende des Jahrhunderts nicht mehr erleben, aber in ihrem jetzigen Zustand könnte sie noch ein, zwei Jahre durchhalten. John Keane inspizierte das Schiff und sagte dann: »Sie haben ausgezeichnete Arbeit geleistet, Thomas.«
    Der Steuermann trug Hosen aus Segeltuch und ein schmuddeliges Leinenhemd. Die tiefe Bräune seines Gesichts ließ das Blau seiner Augen noch intensiver erscheinen. »Das Lob gebührt William Williams«, wehrte er ab. »Er ist ein verdammt guter Zimmermann.«
    »Da haben Sie recht«, nickte Keane. Neugierig fragte er: »Er war mit Ihnen auf der Toby , nicht wahr?«
    Thomas nickte, ging jedoch nicht weiter darauf ein.

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