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Serafinas später Sieg

Serafinas später Sieg

Titel: Serafinas später Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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unansehnlichen Geschöpfes sein können, das durch die Schwangerschaft noch zusätzlich verunstaltet war. Na, wennschon, dachte er wütend: Jacopo Capriani könnte mit Leichtigkeit Serafinas Großvater sein! Die Vorstellung von den beiden im Ehebett verursachte ihm Übelkeit.
    »Wie ich höre, sitzen Sie in Livorno auf einer Ladung, Signor Marlowe«, setzte der Fremde auf der anderen Tischseite seinen Monolog fort.
    Thomas musterte ihn. Er war jung – etwa in seinem Alter – und aufwendig in türkisfarbenen Samt gekleidet, der scharlachrot abgesetzt war. Auf seinem Wams blitzten Juwelen, die Rüschen an Hals und Ärmeln waren aus silbergrauer Spitze. Eine Schmachtlocke, die ein smaragdgrünes Seidenband zierte, hüpfte in Wangenhöhe auf und ab, wenn er den Kopf bewegte. Thomas, der sich in seinem ärmellosen Wams und dem weißen Seidenhemd ungewohnt elegant und unbehaglich fühlte, verachtete diesen Gecken aus tiefster Seele.
    »Die Ladung liegt nur vorübergehend dort, Signor …«
    »Tomaso di Credi«, stellte der Mann sich mit einem Lächeln vor. »Kaufmann aus Pisa.« Er senkte den Kopf zu einer angedeuteten Verbeugung, und die scharlachroten Federn auf seiner Kappe zitterten.
    Er sieht aus wie ein Gockel, dachte Thomas angewidert.
    »Falls die Ladung interessant für mich sein sollte, wäre ich bereit, Ihnen die Lagergebühren zu ersparen, Signor Marlowe.«
    Thomas leerte sein Glas. »Die Garland hatte Heringe, Zinn und Tuche an Bord«, gab er Auskunft. »Die Heringe haben wir bereits verkauft – und, wie Sie vielleicht wissen, sind die Lagergebühren in Livorno sehr niedrig. Wir haben keine Eile, das Zinn und die Stoffe zu verkaufen.« Das stimmte natürlich nicht, denn jeder Geschäftsmann war darauf aus, seine Waren so schnell wie möglich loszuwerden, was dem Italiener als Kaufmann selbstverständlich bekannt war – aber er konnte diesen aufgeblasenen Kerl einfach nicht leiden.
    »Stoffe schimmeln schnell, Signor Marlowe«, insistierte Signor di Credi. »Ich würde Ihnen einen guten Preis dafür bezahlen – und für das Zinn ebenfalls.«
    »Das ist sehr freundlich, Signor.« Thomas lächelte mühsam. »Aber die Garland ist wieder seetüchtig, und ich habe die Absicht, in den nächsten zwei Wochen mit ihr nach Zakynthos zu segeln, um die Ladung dort zu verkaufen.«
    Thomas konnte sich nicht länger beherrschen. Er wandte den Kopf und suchte Serafina. Ihr dunkelgoldfarbenes Kleid schimmerte im Kerzenlicht und betonte die Zartheit ihrer Haut und den rosigen Hauch auf ihren Wangen. Sie schien etwas zugenommen zu haben. Die Ehe scheint ihr gut zu bekommen, dachte Thomas zornig und griff sich die Weinkaraffe von der Tischmitte.
    Er war nicht vorsichtig genug gewesen. Der lästige Italiener war seinem Blick gefolgt und sagte: »Sie ist wirklich eine Schönheit. Aber es sind heute abend viele schöne Frauen anwesend, wenn man von der armen jungen Gattin des lieben Galeazzo absieht. Deren Reize lagen von Anfang an mehr auf finanziellem Gebiet. Aber dafür ist seine Mätresse trotz ihres Unfalls ebenso bezaubernd wie Signora Capriani – finden Sie nicht?«
    Nun folgte Thomas dem Blick des anderen und musterte das milchweiße Gesicht der dunkelhaarigen Frau. Als sie den Kopf drehte, sah er die häßliche Narbe, die sich an ihrem Unterkiefer entlangzog. Welcher Art mochte ihr »Unfall« gewesen sein?
    »Ihr Name ist Constanza«, sagte Signor di Credi leise. »Aber wenn Sie nicht in allernächster Zeit ein großes Geschäft abschließen, wird Ihnen nichts anderes übrigbleiben, als von ihr zu träumen. Sie besitzt eine Wohnung in Lucca und ein Haus in Pisa – beides dank der Großzügigkeit unseres geschätzten Gastgebers – und würde sich einem anderen Mann nur zuwenden, wenn er ihr mehr zu bieten hätte.«
    Thomas begann die Wirkung des Weines zu spüren. Sein Zorn verebbte. Doch er kehrte mit doppelter Stärke zurück und ließ ihn den zarten Stil seines Glases so fest umklammern, daß er zerbrach, als der Italiener fortfuhr: »Wenn Sie übrigens auf einen schnellen Profit aus sind, sollten Sie eine Wette abschließen. Ich könnte mit Ihnen darum wetten, daß Ihr Kahn sinken wird, bevor Sie die Levante erreichen, aber das wäre voraussehbar und demnach sinnlos. Nein – ich spreche von einer wirklich interessanten Wette. Ich habe zehn Dukaten eingesetzt. Sie betrifft die entzückende Signora Capriani …«
    »Die Gewinne im Seidenhandel«, sagte Marco Datini, Besitzer einiger der größten

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