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Serafinas später Sieg

Serafinas später Sieg

Titel: Serafinas später Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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und war jetzt erholsam ruhig. Als sie daran dachte, wieweit sie es bereits gebracht hatte, fühlte sie sich gleich etwas besser. Die leuchtenden Farben der Seiden- und Brokatroben vereinigten sich zu einem herrlichen Muster aus Purpur, Türkis, Bernstein und Kirschrot. Sie befand sich unter Prinzen und Kaufleuten – in einer der prachtvollsten Villen der Stadt. Noch vor gar nicht allzu langer Zeit war sie eine Sklavin gewesen.
    Jacopos Gequengel riß sie aus ihren Gedanken: »Gibt es denn keinen einzigen Stuhl in diesem Haus?« Eine Welle heftigen Zorns erfaßte sie, doch es gelang ihr, lächelnd zu antworten: »Natürlich gibt es Stühle hier, Lieber, ich werde dir einen bringen lassen.«
    Später, im Bankettsaal, musterte Thomas das opulente Büfett: Geflügel in einer purpurroten Sauce, Kalbsköpfe mit Basilikum und Pfauen mit prachtvollen, aufgefächerten Schwänzen, Platten mit Hühnchensülzen, Kalbsbries und ein riesiger gebratener und glasierter Eber, Stör, Schüsseln mit Mandelsuppe und Fisch in einer silbernen Sauce, aus Pinienkernpaste geformte Fische, Zuckerboote mit Zuckersegeln und Zuckerseeleuten auf einem Meer aus goldfarbenem Marzipan. Und überall das Wappen der Merlis – auf dem Besteck, dem Geschirr, den Servietten und zitternd in scharlachroter und smaragdgrüner Gelatine.
    Thomas aß wenig und trank viel, fand jemanden, mit dem er über die Seefahrt sprechen konnte, und einen anderen, der Greenwich kannte. John Keane führte die geschäftlichen Gespräche, für die Thomas, wie er selbst wußte, an diesem Abend weder den Charme noch die Geduld aufbringen konnte. Der Raum war hoch und riesengroß. An den Fenstern hingen schwere Vorhänge, an den Wänden prangten Gemälde von Jagdhunden, die an Gartentoren warteten, und vollbusigen Mädchen, die ihrem Liebsten zuwinkten. Thomas vermied es, den Blick schweifen zu lassen, er würde nur an dem dunklen Kopf mit den Bändern und Perlenschnüren hängenbleiben, doch hin und wieder hörte er Serafinas Lachen. Es klang wie Silberglöckchen und war offenbar einzig und allein auf Wirkung aus. Es lag kein Quentchen Amüsement darin. Er knirschte mit den Zähnen.
    Wir sollten heiraten.
    Heiraten? Eine Frau darf nicht zwei Ehemänner haben – das ist nicht einmal im Islam erlaubt, Monsieur Marlowe.
    Deshalb hatte er die beiden letzten Monate jeden Abend mit Kartenspielen und Trinken zugebracht, um diesem Satz zu entfliehen, der durch seinen Kopf echote, sobald er allein war, und ihm immer wieder seine Naivität und ihre Gefühlskälte vor Augen führte. Er wußte nicht, warum er ihr die Ehe angetragen hatte, er wußte nur, daß er sich niemals zuvor dermaßen zum Narren gemacht hatte. Seit jenem Fiasko hatte er sich in die Arbeit an der Kingfisher und der Garland gestürzt. John Keane hatte Wort gehalten: Thomas durfte sich seine Handwerker und Materialien tatsächlich selbst aussuchen. Die Schufterei dämpfte sowohl seine Wut als auch seinen Kummer. Er konnte es kaum noch erwarten, daß die Kingfisher fertig würde, er wieder auf See wäre und tun könnte, wozu er geboren war. Doch der Bau der Galeone ging noch immer quälend langsam voran. Thomas bezweifelte, daß sie vor Ende des Jahres zu Wasser gelassen werden könnte, und John Keane schien nicht gewillt, ihn die Garland nach Zakynthos segeln zu lassen.
    Thomas hatte sich vorgenommen, Serafina ebenso zu ignorieren wie sie ihn ignorierte, aber mit jedem Glas, das er trank, schwand seine Willenskraft. Er wollte ihre Stimme hören, sich in ihren dunklen, gleichgültigen Augen spiegeln. Er wollte, daß sie ihn wenigstens bemerkte. »Der gute Galeazzo«, sagte jemand von der anderen Tischseite, »wird sich wohl sehr bald nach einer dritten Frau umsehen.«
    Thomas warf dem Sprecher einen kurzen Blick zu und schaute dann zu den Merlis hinauf, die am Kopfende der Tafel saßen. Die junge Signora, die auffallend blaß war, erhob sich gerade und verließ dann, auf eine Zofe gestützt, den Saal. Galeazzo schob sich ungerührt eine Ladung von dem grünen Gelee auf seinem Teller in den Mund.
    »Sie wird ihm einen weiteren fetten Sohn schenken und vor Erschöpfung tot in die Kissen sinken. Ich glaube nicht, daß es ihrem Gatten das Herz brechen wird – Sie vielleicht, Signor Marlowe? Immerhin weiß jeder, daß es keine Liebesheirat war.«
    Thomas starrte sein Gegenüber stirnrunzelnd an, doch seine finstere Miene galt dem Gastgeber. Galeazzo Merli hätte mit Leichtigkeit der Vater dieses unglücklichen,

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