Seuchenschiff
dringenden Wunsch zu verspüren, ihm eine Kugel in den Kopf zu jagen und die Welt von einem weiteren Dreckschwein zu befreien. Es kostete ihn also einige Mühe, den Abzug seiner Pistole nicht zu betätigen.
»Ich verlange die Codes für die Faust Stalins.«
Die Tatsache, dass er diese Waffe erst kurz vorher al-Asim gegenüber erwähnt hatte, gab Kerikov zu denken. Er wollte noch einmal wissen, wer Juan war.
»Ihr Mörder, wenn Sie mir nicht überlassen, was ich haben will.«
»Sie haben mich ständig beobachten lassen, so ist es, nicht wahr?«
»Meine Organisation hat Sie seit einiger Zeit auf dem Kieker«, erwiderte Juan, was streng genommen nicht einmal eine Lüge war. »Wir sind nur an den Codes für den Orbital Ballistic Projectile-Satelliten interessiert. Geben Sie mir, was ich verlange, und Sie und al-Asim können Ihr Waffengeschäft ungestört abschließen. Wenn nicht, sterben Sie noch heute.«
Als sich Juan diese Operation von Langston Overholt hatte genehmigen lassen, hatte der CIA-Mann darauf bestanden, dass sie in keiner Weise seine langfristigen Pläne beeinträchtigte, al-Asim umzudrehen.
Cabrillo spannte die Pistole, um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen.
Kerikov versuchte, ihn mit hartem Blick zum Einlenken zu bewegen, und blinzelte noch nicht einmal, als sich Juans Finger um den Abzug krümmte.
»Drücken Sie ab, und mein Sicherheitsteam steht in zwanzig Sekunden mitten im Raum«, warnte er.
»Meine Seele ist für den Märtyrertod bereit«, entgegnete Juan und verschleierte seine wahre Rolle noch mehr, indem er so tat, als sei er ein religiöser Fanatiker. »Ist Ihre es ebenfalls?«
Kerikov atmete pfeifend aus. »Gott, wie ich den Kalten Krieg vermisse. Sie sind Tschetschene, nicht wahr?«
»Falls es das beruhigt, was noch immer von Ihrem Gewissen übrig ist, ich bin kein Tschetschene, und diese Waffe wird nirgendwo innerhalb der ehemaligen Sowjetunion eingesetzt.« Er konnte fast sehen, wie Kerikov dachte, dass die Waffe überhaupt nicht eingesetzt würde.
»Die Codes sind in dem Safe hinter diesem Gemälde eingeschlossen.« Er deutete mit einem Kopfnicken auf ein Aktbild an der Wand.
Juan benutzte den Lauf der Pistole, um das Gemälde an seinem Scharnier zur Seite zu schwenken, falls es mit einer Sprengladung gesichert war. Der Safe maß gut einen halben Meter im Quadrat und besaß eine zehnstellige elektronische Zifferntastatur. »Kombination.«
»Zwo-fünf, eins-null, eins-neun-eins-sieben.«
Juan brauchte nur eine Sekunde, um die Zahlenfolge zu erkennen, weil die Europäer bei der Datumsangabe stets den Tag vor den Monat setzen. »Der Beginn der Oktoberrevolution. Netter Gag.«
Er gab die Ziffern ein und verlangte, dass sich Kerikov direkt vor den Safe stellte, als er den Verschlusshebel umlegte. Juan hatte das Safemodell auf Anhieb erkannt und wusste, dass – wenn ein falscher Code eingegeben worden war – eine Betäubungsgranate hochgehen würde. Doch nichts geschah. Der Code war richtig gewesen.
Im Innern des Safes befanden sich einige Stapel ausländischer Währung, eine Pistole, die Juan in die Tasche steckte, und zahllose Schnellhefter und Akten.
»Was Sie suchen, müsste ziemlich weit unten im Stapel liegen«, sagte Kerikov, um diese Situation so schnell wie möglich hinter sich zu bringen.
Juan überflog bei seiner Suche einige Dokumente. Der Russe war an ein paar umfangreichen Geschäften beteiligt, darunter Waffenlieferungen an Saddam Hussein während der Invasion durch die USA und ein Dreiecksgeschäft mit afghanischem Opium für russische Waffen für afrikanische Konflikt-Diamanten.
Ziemlich am Ende des Stapels entdeckte er einen Schnellhefter mit der Aufschrift
Novemberhimmel
in kyrillischen Buchstaben. Juan blätterte einige Seiten weit und vergewisserte sich, dass es genau das war, was er gesucht hatte. Sobald der Computer auf der
Oregon
den Text übersetzt hätte, würden Eric und Hali mit den technischen Anweisungen zurechtkommen.
Er schob das Dokument in eine wasserdichte Hülle und wandte sich zu Kerikov um. Juan wünschte sich sehnlichst, Kerikov auf drastische Art und Weise klarmachen zu können, was er von ihm hielt, aber er beherrschte sich und schwieg. Dann gab er sich einen Ruck. »Wenn Sie al-Asim wiedersehen sollten, sagen Sie ihm, dass das, was heute geschah, nichts mit Ihrem gemeinsamen Geschäft zu tun hat. Sagen Sie ihm, ein Teil Ihrer Vergangenheit habe Sie heimgesucht, aber dass die Situation nun gelöst sei. Und jetzt drehen Sie sich
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