Seuchenschiff
dem Ergebnis, dass sich alle noch am Abend vorher wohlgefühlt hatten, und dass diejenigen, die erkrankt waren, allesamt am Mitternachtsbüfett teilgenommen hatten. Die Kellner und Köche, die zur Büfettschicht gehörten, waren ebenfalls erkrankt.
»Das muss ein Test sein«, vermutete Mark.
»Wie kannst du dir so sicher sein?« Sie beendeten soeben ihr Frühstück in einer ruhigen Ecke des höhlenartigen Speisesaals.
»Zwei Gründe. Die meisten epidemieartig ausbrechenden Krankheiten an Bord eines Schiffes befallen die Verdauungsorgane. Dies hier scheint aber ein völlig anderes Virus zu sein. Und zweitens, falls dies der geplante Angriff gewesen wäre, wären wir jetzt alle tot.«
»Was meinst du, was wir tun sollen?« Obwohl ihr Appetit so legendär wie je war, stocherte Linda nur lustlos in ihrem Essen herum.
»Schüttle niemandem die Hand, berühre keine Geländer, und fasse auf keinen Fall – und das ist wichtig! – deine Augen an. An dieser Stelle dringt eine Erkältung besonders gerne in den Organismus ein. Wir waschen uns alle halbe Stunde die Hände und auch sofort dann, wenn wir gegen eine der anderen Regeln verstoßen haben. Und bald werden wir herauskriegen, wie sie das tödliche Virus in Umlauf setzen, das sie auf die
Golden Dawn
losgelassen haben.«
»Haben wir Mist gebaut, indem wir auf dem Schiff geblieben sind?«, fragte Linda, tupfte sich den Mund ab und legte die Serviette neben ihren Teller.
»Nein, denn wir werden noch vor dem Hauptangriff aufdecken, wie sie das Virus freisetzen.«
»Sei doch vernünftig. Wir haben die Trinkwasserversorgung überprüft, die Belüftung und die Klimaanlage, verdammt, sogar die Eismaschinen. Wenn wir bis jetzt nichts gefunden haben, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir mit unserer Suche doch noch Erfolg haben werden?«
»Sie wird ständig größer, je mehr mögliche Infektionsquellen wir von unserer Liste streichen können«, erwiderte Mark. »Hast du dich jemals gefragt, wie es kommt, dass, wenn du etwas vermisst, du es ausgerechnet dort findest, wo du zuletzt nachschaust?«
»Warum?«
»Weil du sofort mit der Suche aufhörst, sobald du es gefunden hast. Deshalb ist es immer am jeweils letzten Ort, wo du nachgeschaut hast.«
»Was willst du damit sagen?«
»Dass wir bisher noch nicht am sprichwörtlich letzten Ort nachgesehen haben.«
Selbst durch die schallisolierten Wände des Speisesaals hörten sie das typische Rattern von Hubschrauberrotoren. Sie erhoben sich und gingen nach achtern. Dort befand sich ein Swimmingpool. Das Wasserbecken war abgedeckt worden, und Matrosen hatten den Bereich mit Seilen abgesperrt, um Passagiere davon fernzuhalten.
Der Helikopter war ein Bell Jet Ranger mit der Aufschrift POSEIDON tours. Von ihrer Position aus, mehrere Decks über dem Geschehen, konnten Mark und Linda den Piloten und drei Passagiere in der Kanzel erkennen.
»Das kann nichts Gutes bedeuten«, sagte Linda in den zunehmenden Lärm hinein.
»Meinst du, sie sind wegen uns hier?«
»Todesfälle auf Kreuzfahrtschiffen sind eher selten. Thom Severance hat sehr schnell gehandelt, als einer seiner Leute in Istanbul ums Leben kam. Ich frage mich, wie er die Schifffahrtslinie dazu überreden konnte, damit einverstanden zu sein. Bei Gomez Adams sieht es zwar höchst simpel aus, aber mit einem Chopper auf einem Schiff zu landen, das gerade Fahrt macht, ist lebensgefährlich.«
»Sie werden reichlich dafür gezahlt haben.«
»Das glaube ich auch.«
Der Helikopter schwebte über den Flaggenmast ein. Der Rotorwind peitschte Wassertropfen hoch, wo die Matrosen das Deck abgespült und von Sand gereinigt hatten. Die Maschine stand wie ein lauerndes Insekt in der Luft, während der Pilot Geschwindigkeit und Windrichtung berechnete, ehe er sie langsam auf die Poolabdeckung herabsinken ließ. Er blieb im Flugmodus, so dass die Kufen kaum Druck auf die Abdeckung ausübten. Drei Türen öffneten sich gleichzeitig. Die Männer sprangen aus dem Chopper. Sie hatten sich Nylontaschen über die Schultern gehängt. Der Pilot musste wegen des schlagartig geänderten Gewichts den Auftrieb der Rotorflügel korrigieren. Sobald die Türen wieder geschlossen waren, stieg der Chopper auf und entfernte sich vom Schiff.
»Eddie meinte, dieser Zelimir Kovac sehe aus wie Boris Karloff an einem besonders schlechten Tag.« Mark deutete mit dem Kinn auf die Überraschungsgäste.
»Der große Typ in der Mitte?«
»Er muss es sein.«
Die drei Männer wurden von einem
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