Sevenheart (1) - Gefährliche Zeiten (German Edition)
an keinem anderen Ort der Welt so sicher und geborgen wie am Wolfslauf.
Es war unser Zuhause.
Zurück zu meinem Vater.
Er war beschäftigter Geschäftsmann, der auf der ganzen Welt zerstreut seine großen Firmen hatte. Trotzdem wohnte er abgelegen wie ein armer Mann mit seiner Tochter in einem uralten Haus im Wald. Keiner wusste, was ihn dazu getrieben hatte, den Wolfslauf zu kaufen, doch jedem war klar, dass er dieses Haus über alles geliebt hat.
Man sagte, dass er die Seele des Hauses war. Vermutete, dass ihm der Wald die Ruhe und Sicherheit gab, die er brauchte, aber verstehen konnten sie ihn trotzdem nicht. So, wie meine Mutter, die es dort nicht lange aushielt und mit meiner Schwester wegzog. Nichtsdestotrotz waren meine Eltern weder verstritten noch geschieden. Im Gegenteil, mein Vater flog gelegentlich vor einer Geschäftsreise nach Russland, um sie zu sehen oder sie kamen zu Besuch, wenn es die Umstände zuließen.
Stattdessen lebten wir dort mit Tomas, einem Angestellten von meinem Vater, der mit der Zeit zu einem guten Freund und meinem Patenonkel wurde. Sein Job war es gewesen, sich um die vielen Tiere dort zu kümmern und das Haus in einem guten Zustand zu bewahren, und dabei ist es auch geblieben.
Vor einigen Jahren zog Tomas’ Sohn Seth zu uns. Als sich Tomas von seiner polnischen Frau trennte, hatte sich Seth entschlossen, uns im Wald Gesellschaft zu leisten. Ehrlich gesagt bin ich unglaublich froh darüber, denn ohne ihn hätte die Geschichte keinen Anfang und für uns auch kein Ende.
Zuletzt war da noch Emma, unsere wunderbare Köchin, das Herz des Hauses und für mich und Seth unsere einzige Großmutter. Ihr Mann war vor zweiunddreißig Jahren tot in die Suppenschüssel gefallen und ihr einziger Sohn war hochintelligenter Chemieprofessor und Geschäftsführer einer Chemiefabrik. Er war vierzig Jahre alt, hatte keine Frau, keine Kinder und bekam jeden Morgen Muttis gebügelte Hemden fertig aufs Bett gelegt.
Sie wohnten zusammen in einem kleinen Dorf zehn Minuten entfernt vom Wolfslauf, sodass sie schon seit zwanzig Jahren jeden Morgen in Herrgottesfrühe bei uns erschien, den Haushalt und Garten machte und uns wie eine Ersatzmutter erzog.
Das neue Bild
„Gebbie, schau es dir an!“, rief mein Vater.
Ein alter Maler saß neben ihm auf einem Klappstuhl. Die Hände faltig und rau, mit den getrockneten Überresten verschiedener Farbtönen auf den Handrücken. Voller Stolz hielt er mir sein beendetes Gemälde entgegen.
„Na, wie findest du es, Liebes?“
In dem Gesicht meines Vaters stand Begeisterung geschrieben, die man so wenig bei ihm sah. Ich musste ihn anlächeln.
„Sie ist hübsch“, bemerkte ich.
Die Frau auf dem Bild strahlte etwas aus, was ich nicht zuordnen konnte.
Ihre schwarzen Augen konnte ich wie dunkles Versprechen auf meiner Haut spüren. Sie waren umgeben von dichten, langen Wimpern und ihr kastanienbraunes Haar glich dem meinen. Es fiel auf ihr dunkelgrünes Kleid, das mit feinfühligen Stickereien geschmückt war, als seien sie ein Netz aus Unverwundbarkeit.
„Ja, das ist sie“, murmelte mein Vater, mehr zu sich selbst.
Er nahm dem Maler das Bild aus der Hand und hing es an einem freien Nagel in unserem Flur auf. Einige Gemälde waren schon umgehängt worden, um eine passende Lücke für das neue Werk zu schaffen. Wie jedes seiner Bilder brauchte auch dieses einen auserwählten Platz.
„Wer ist das, Dad?“
Er ging einen Schritt zurück, um abzuschätzen, ob das Bild gerade hing.
„Das“, sagte er und rückte es noch ein letztes Mal zurecht, „ist die Herrin vom Wolfslauf“
Wage konnte ich mich daran erinnern, schon ein ähnliches Gemälde in unserem Haus gesehen zu haben.
Der Wolf vom Wolfslauf.
Es hing neben einem Bücherregal, genau ein Stockwerk über diesem hier. Vielleicht würden nächstes Jahr noch Die Wölfin vom Wolfslauf und Der Herr vom Wolfslauf hinzukommen.
Ich lächelte in mich hinein.
„Die Herrin vom Wolfslauf?“
Mein Vater sah zu mir und nickte.
„Sie passt ab jetzt auf das Haus auf“
Ich dachte, der Wolf würde-
„Zusammen mit dem Wolf natürlich“, lächelte er.
Wir sahen uns einen Moment so an. Ich genoss den glücklichen Augenblick, auch wenn ich wusste, dass es dieses Gemälde war, welches ihm ein Lächeln auf die Lippen trieb.
„Seth hat vorhin nach dir gesucht“, sagte er nach einer Weile.
Ich schüttelte meine Gedanken ab und warf dem vergessenen Maler einen letzten Blick zu.
„Ich
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