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Sex and Crime auf Königsthronen

Titel: Sex and Crime auf Königsthronen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Werz
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Idealen von mythischer Größenordnung zugänglich.
    Der bürgerliche Komponist gilt darum noch heute als genial, der König galt dagegen schon zu Lebzeiten als verrückt und verschwendungssüchtig. Wie sich die Zeiten ändern! Und das immer wieder.
    Zusammen ergaben Wagner und der Bayern-Ludwig in ihrer Zeit, dem 19. Jahrhundert, vor allem ein ideales Gespann. Damals versinken viele Deutsche in romantischer Schwärmerei für Burgen, Ritter, Monarchen und hochedle Minnesänger.
    Dass reale Ritter der Nibelungenära oft nur einen ponygroßen Klepper unter sich hatten, wollte so genau keiner wissen. Dass viele Adelsherren des Mittelalters in hölzernen Wohntürmen im Licht stinkender Rindertalgkerzen hausten und keineswegs unablässig trällernd vor den Fenstern hoher Damen Ständchen brachten, wurde ebenfalls gern vergessen.
    Und des Bayernkönigs Operettenfestungen mit den Schnörkelzinnen sind Zeugnis dafür, dass auch Monarchen selbst anno 1900 irgendwelchen Märchenfantasien über ihr wunderschönes Vorgestern aufsitzen und diese lieben, hegen und pflegen.
    Ungebrochen ist das Interesse am Werden, Wirken und Vergehen von Königen und Blaublütern freilich vor allem deshalb, weil diese über tausend Jahre lang Europas Geschicke bestimmt und geformt haben.
    Quer durch die Epochen und Länder betrug der Anteil des Adels zwar meist nur um die fünf Prozent der Bevölkerung, aber diese Adligen waren politisch, sozial und kulturell stilprägend. Im Guten wie im Schlechten.
    Das kann und darf man heute – dank der von ihren Widersachern erkämpften Meinungsfreiheit – wahlweise begrüßen, ablehnen, verteufeln oder bewundern. Tatsache bleibt, dass sich Adel und Könige in unseren Breiten lange an der Macht halten konnten und dass noch immer ganze Epochen nach ihnen benannt sind. Man spricht von der Stauferzeit, der Tudorepoche, der Victorianischen oder der Wilhelminischen Ära. Neben der größten Gestaltungsmacht hatten Monarchen lange die größte Deutungshoheit über ihr eigenes Werden und Wirken.
    Heute dürfen wir nach Herzenslust über sie klatschen und spekulieren – schließlich haben sie das selbst getan und uns eine Fülle von lohnendem Material hinterlassen. Auf dem vielfach auch die Geschichtsforschung fußt.
    Höflingsgeschwätz und Lauschangriffe zwischen Betten, Beicht- und Nachtstühlen von Monarchen sind unerschöpfliche Quellen. Nicht wenige sind vergiftet und mit Vorsicht zu genießen, was Interpretationen notwendig macht und erlaubt.
    Die Geschichte der Geschichtsschreibung und deren künstlerische Bearbeitung sind selbst geschichtlichem Wandel unterworfen und verraten uns manchmal mehr über unsere Epoche als über die des jeweiligen Monarchen. Weshalb auch die hundertste Studie über einen Tudorkönig interessant sein kann und weshalb immer neue Filmversionen über sein Leben zu faszinieren vermögen und weshalb die unverwüstliche Sissi heute als Musicalstar erfolgreich Hof hält.
    Es taugt nicht viel, alle Monarchen Europas pauschal über einen Tyrannenkamm zu scheren. Die Amtsinhaber kamen über tausend Jahre in allen Formen, Farben, Gestalten und Güteklassen daher.
    Das verraten schon die Beinamen, die Hofschreiber und Chronisten den verschiedenen Herrschern gaben. Da gibt es so schillernde Gestalten wie Wilhelm, den Tollkopf, seines Zeichens Herzog von Aquitanien. Ein König Lambert, genannt »der Faule«, regiert zeitweise Polen oder auch nicht. Der französische Monarch Ludwig X. wird als »der Zänker« bekannt. Dem byzantinischen Kaiser Michael hängt man den Titel »der Säufer« an und dem kastilischen Heinrich IV. die Zusatzbezeichnung »El impotente«, was in seinem Fall wörtlich genommen werden darf. Auch »Hasenfüße«, »Höckrige«, »Fromme«, »Einfältige« oder gar »Feige« finden sich in den Herrscherchroniken der Völker.
    Es gab sie also alle: die geborenen Faulpelze, in deren Windschatten die Wirtschaft aufblühte, pflichtbewusste Diktatoren, die im festen Glauben, das Beste zu sein und zu tun, Schreckliches anrichteten und doch als »Große« in die Geschichte eingingen. Gelegentlich regierten gefährliche Windeier, harmlose Prahlhänse und gutmütige Trottel, deren Unvermögen genialen Ministern und dadurch ihren Ländern zugutekam – oder auch nicht.
    Einen überschaubaren Kreis von Fans haben Geschichtslehrer und Historiker, die Schüler und Leser mit einem Haufen Fakten, Zahlen, Daten und Heldentaten toter Könige und mit endlosen Kriegen langweilen und die

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