Sex oder Lüge
gelogen oder wahr war. „Würdest du es mir vorlesen, während ich mich schminke?“
„Letzte Chance: Willst du es nicht lieber lesen, wenn du allein bist?“
„Damit ich mich noch ungehemmter selbst bemitleiden kann?“
„Wenn du meinst …“
Miranda nickte, obwohl sie sich keineswegs sicher war. „Schieß los.“
„Okay.“ Patrice blätterte das Deckblatt um und las: „1995 graduierte Caleb McGregor an der Newhouse School of Public Communications an der Universität von Syracuse. Nach einem Praktikum bei der ‘New York Times’ in seinem letzten Studienjahr war er bereit, sich auf die Suche nach solchen Nachrichten zu begeben, die es wert waren, gedruckt zu werden. Es lief nicht alles nach Plan, und ein paar Jahre später entdeckte er seine wahre Bestimmung und legte sich das Pseudonym Max Savage zu. In dieser Rolle schaffte er es mit Arroganz, Ungeduld und maßloser Gier bis ganz nach oben. In seiner Hemmungslosigkeit verriet er seine Ideale und durchforstete skrupellos den Privatbereich von Stars und Sternchen, Politikern und Wirtschaftsbossen, um den Hunger der Öffentlichkeit nach Skandalen und Skandälchen zu stillen.“
Patrice hob den Kopf und sah Miranda im Spiegel an. „Süße, ich bin mir nicht so sicher, ob es hier wirklich um dich geht.“
„Lass mich mal sehen.“ Miranda blätterte in den Seiten herum und las hier und da einen Absatz. Kein Wort über Miranda Gordon oder Candy Cane. Schließlich blickte sie zu Patrice. „Stimmt, hier geht es nicht um mich, sondern um ihn.“
„Wieso ihn?“
„Er ist Max Savage.“
„Der Kolumnist? Machst du Scherze?“
Miranda schüttelte den Kopf. Es war einen Monat her, seit sie die signierte Ausgabe der Kolumne im Blumengeschäft erhalten hatte, und sie hatte keinem Menschen ein Wort darüber verraten. Und Corinne würde niemals etwas weitererzählen, was ihr unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertraut worden war. „Er hat es mir mit einer Nachricht verraten, als er abgereist ist.“
„Und du hast es nicht weitererzählt?“
„Ich dachte, er möchte vielleicht lieber nicht, dass andere es erfahren.“
„Also, wenn das hier der Anfang seines Buches ist, hat er in dieser Hinsicht offenbar seine Meinung geändert. Aber wieso?“
Das fragte Miranda sich auch. Sie seufzte, blickte auf die Seiten und wieder zu Patrice. „Sei mir nicht böse, aber ich glaube, ich würde es doch gern erst allein lesen.“
„Na klar.“ Patrice gab ihr einen Kuss aufs Haar und stand auf. „Genau wie ich spüre, wo ich gebraucht werde, merke ich auch, wenn ich irgendwo überflüssig bin. Und jetzt habe ich ein heißes Date mit einem heißen Barkeeper.“
„Ich hatte mich schon gewundert, wieso du diese Schuhe trägst.“ Miranda blickte auf die Pumps, die Patrice zu ihrer eleganten Hose trug. Da sie sonst fast immer nur Jeans und Boots anhatte, fiel der Unterschied Miranda sofort ins Auge.
„Wir gehen zum Dinner ins ‘Fish and Cow Chips’. Ist das zu fassen?“ Patrice winkte ihr zum Abschied und öffnete die Tür, doch dann deutete sie mit einem Kopfnicken noch einmal zu dem Manuskript. „Verrätst du mir hinterher, was er darin zu sagen hat?“
„Ja, sicher. Ich will es nur erst mal selbst lesen.“
„Okay, aber vergiss nicht: In einer Stunde fängt dein Auftritt an.“
„Verstanden, Mrs. Clubmanager. Ich werde pünktlich auf der Bühne stehen.“
Dann war Patrice fort, und Miranda blieb mit der Erkenntnis zurück, dass Caleb sie nicht verraten hatte. War es überheblich von ihr gewesen, zu glauben, dass er über sie schreiben würde?
Flüchtig blätterte sie an den Schluss. Fünfzig eng bedruckte Seiten in einer Stunde, das würde knapp, aber das war ihr egal.
Sie fing vorn an und las jedes Wort bis ganz zum Ende.
Das war Caleb, wie sie ihn kennengelernt hatte. Vieles von dem, was sie las, war ihr neu, aber schließlich hatten sie auch nur sechs Tage miteinander verbracht. Erst beim Lesen wurde ihr klar, in welch komplizierten und widersprüchlichen Mann sie sich verliebt hatte. Eine Frau, die mit ihm zusammenleben wollte, würde es nicht leicht haben.
Er war kein einfacher Mensch. Sie hatte selbst erlebt, wie stark er auf seiner Ansicht beharren konnte.
Dann blätterte sie die letzte Seite um und fand eine Notiz, die weder an seinen Chefredakteur, seinen Agenten noch an die Öffentlichkeit gerichtet war, sondern ganz allein an sie.
Sie las nur diesen einen Satz und sprang glücklich lächelnd auf. Ihr Herz schlug wie
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