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Sexy, süß und namenlos

Sexy, süß und namenlos

Titel: Sexy, süß und namenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Leto
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Vertrauter und ihr Beschützer vor Tante Gracies ständiger Kritik.
    An ihrem achtzehnten Geburtstag wurde er ihr Liebhaber. Er überhäufte sie mit Aufmerksamkeit, gab ihr ein Gefühl der Kraft, das angesichts ihrer Vergangenheit fast wie eine Droge wirkte. Sie war nie mit jemand anderem als mit ihm zusammen gewesen, und er benutzte ihre Unerfahrenheit, um über sie zu bestimmen. Ohne sie so offen zu dominieren wie ihre Tante, gelang es Paul, sie in fast allen Bereichen ihres Lebens unauffällig zu lenken.
    Bis er sie verließ. Wenige Monate vor dem wichtigsten Wettbewerb ihres Lebens ließ er sie sitzen. Mit der Siegesprämie hätte sie ihre Ausbildung bezahlen können, die sie unbedingt beenden wollte.
    Seither war jede Entscheidung, die sie getroffen hatte, ein mutiger Schritt in Richtung Freiheit für sich und Sammy gewesen, angefangen von der Suche nach einem neuen Tanzpartner, dem Abschluss des Colleges bis zum Umzug von Miami nach Tampa, wo sie sich ein Studio mietete.
    „Die zwei Minuten sind um, Lady“, verkündete der Taxifahrer. „Ich muss los.“
    Hailey warf den Fünfzigdollarschein auf den Vordersitz und zog ihren Mantel fester zu. „Ich auch.“
    In der früh einsetzenden Dämmerung schaute sie den Rücklichtern des Taxis nach, ehe sie das unverschlossene Tor öffnete, das die von Palmen gesäumte Auffahrt von der Straße trennte. Mary Jos Kunde hatte gesagt, dass ihre Ankunft eine Überraschung sein sollte, seltsamerweise nicht für den Bräutigam, sondern für den Besitzer des Hauses, der angeblich nicht wusste, dass es sich bei der Party um einen Junggesellenabschied handelte.
    Hailey schöpfte Hoffnung. Vielleicht würde man sie hinauswerfen, bevor sie überhaupt ihren Mantel ausziehen konnte. Dann könnte sie für ihren Ärger die volle Gage verlangen und dennoch mit intakter Selbstachtung davonkommen.
    Doch als sie an dem Panorama-Wohnzimmerfenster vorbeiging, war es mit ihrem Optimismus vorbei. Drinnen saßen vier Männer Anfang dreißig vor einem großen Bildschirm und stießen Pfiffe aus wie Gefängnisinsassen, wenn ihre Ehefrauen sie besuchten. Vermutlich sahen sich die vier einen Pornofilm an.
    Fünfhundert Dollar ermahnte sie sich. Ohne das Geld sitzt du entweder auf der Straße, oder du musst dich gesenkten Hauptes zu Tante Gracie zurückschleichen. Außerdem musste sie an Sammy denken, der ohne sie aufgeschmissen war.
    Sie hob die Hand an die Türklingel, hielt jedoch inne, da sie neben dem Haus eine tiefe männliche, kontrollierte Stimme vernahm, die ihre Neugier weckte.
    „Tut mir leid, Mr Phipps. Was sagten Sie gerade?“
    Hailey ging leise durch den Säulenvorbau und spähte zwischen den Zweigen eines hohen Rhododendronbusches hindurch. In der Nähe einer Glasschiebetür registrierte sie eine Bewegung. Messinglampen tauchten die Marmorterrasse in helles Licht. Als der Mann, dessen Stimme sie gehört hatte, aus dem Schatten trat, stockte Hailey der Atem. Aber nicht aus Angst, er könnte sie entdecken, sondern weil ihr noch nie ein so attraktiver Mann mit einer so ernsten Miene begegnet war.
    Er trug eine Kakihose und ein Golf-Shirt. Die eine Hand war in die Tasche geschoben, mit der anderen hielt er ein schnurloses Telefon so fest umklammert, dass Hailey fürchtete, das Gehäuse müsse jeden Moment zerbrechen. Sein kurzes, leicht gewelltes hellbraunes Haar umgab ein Gesicht von außerordentlicher Attraktivität, trotz des finsteren Ausdrucks darin. Dies war ein Mann, den man nicht unterschätzen sollte, ein Mann, der große Macht besaß. Wer immer ihm eben eine Entschuldigung abgerungen hatte, er musste sehr wichtig sein.
    Hailey hatte nie jemanden aus solchen Kreisen kennengelernt, doch sie hatte sie gesehen. Im Fernsehen, im Wirtschaftsteil des „Miami Herald“, auf den Titelseiten von Magazinen wie „Money“ oder „Forbes“. Was das Äußere anging, so stellte dieser Mann allerdings alle anderen in den Schatten.
    Hailey nahm sich zusammen, da dies absolut nicht der richtige Zeitpunkt für spontane Anfälle von Lüsternheit war. Männer bedeuteten nur Ärger. Paul war dafür das beste Beispiel gewesen.
    Doch diesem Mann fehlten Pauls falscher Glanz und seine Glätte. Seine bodenständige Art, die sich unter seiner legeren Kleidung verbarg, weckte Haileys Sympathie. Offenbar kostete es ihn seine ganze Kraft, seine Wut unter Kontrolle zu halten, was seine Faszination noch verstärkte.
    Er trat einen Schritt auf das Geländer zu, und Hailey drückte sich gegen die Hauswand.

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