SGK240 - Blut des toten Dämons
Karussell dessen Fahrt immer hektischer
wurde.
Nur beiläufig bekam die Frau mit, dass die
schwere Hand sich von ihrem Mund löste. Sie wollte ihre Chance nutzen und laut
schreien. Doch ihre Stimmbänder waren wie gelähmt
Das Betäubungsgift wirkte sofort.
Vor Chantalle Rochards Augen wurde es schwarz, und sämtliche Eindrücke erloschen. Als
wäre der Mond auf die Erde gestürzt.
Chantalle Rochards schlaffer Leib wurde in das
Boot gezogen und kam achtlos wie eine Last in die Mitte zwischen den beiden
Bänken zu liegen.
Die Eingeborenen warfen sich nur einen kurzen
schnellen Blick zu und nahmen dann ihre Plätze im Boot wieder ein. Sie drehten
in der Bucht, paddelten zurück in den Schatten des vorspringenden Felsens,
umrundeten diesen und gelangten auf die andere Seite der Bucht.
Dort lag in einem Versteck ein mit
einem Motor versehenes älteres Fischerboot.
Die beiden Inselbewohner betteten die Betäubte
in dieses Boot und wechselten ebenfalls über.
Der eine warf den Motor an. Tuckernd wurde das
Boot aus seinem Versteck getrieben und strebte schnell dem offenen Meer zu.
Das Ziel der beiden Männer von Tatakoto war die
geheimnisumwobene, tödliche „Knocheninsel".
*
Zur gleichen Zeit, etwa tausend Seemeilen von
Tatakoto entfernt, glitt westlich der Marquesa-Inseln, die ebenfalls zu
Frankreich gehörten und die ein beliebtes Ausflugsziel waren, majestätisch ein
weißes Luxusschiff durch den Pazifik.
Die „Yanelle" gehörte einem reichen
französischen Reeder, der insgesamt vier Schiffe auf den Weltmeeren verkehren
ließ und damit Kreuzfahrten durchführte.
Das Luxusschiff konnte zweihundertzehn
Passagiere aufnehmen. Hundertzwanzig Mitglieder der Besatzung sorgten für das
leibliche und seelische Wohl der Gäste.
Die „Yanelle" war mit allem Komfort
ausgestattet, den verwöhnte Reisende heute suchten.
Diese Kreuzfahrt wurde im Jahr insgesamt
sechsmal durchgeführt. Dies war die vierte Reise.
Unter den zweihundertzehn Passagieren, die die
"Yanelle" bevölkerten, befand sich auch eine junge Frau mit langem,
blondem Haar und grünen Augen. Dieser weibliche Passagier zog die Blicke der
Männer auf sich, die attraktive Blondine konnte sich über mehr oder minder
eindeutige Angebote nicht beklagen.
Unter ihrem wirklichen Namen war Morna
Ulbrandson alias X-GIRL-C in die Passagierliste der „Yanelle" eingetragen.
Morna Ulbrandson trug ein resedagrünes
Festkleid mit gewagtem Ausschnitt. Der zarte Stoff schien sie nur spärlich zu
umhüllen, und wenn sie gegen das Licht trat, waren die schemenhaften Umrisse
ihres wohlproportionierten Körpers deutlich zu sehen.
In dieser Nacht fand auf der
„Yanelle" der Ball des Käpt'n statt.
Alles war auf den Beinen. Seit dem frühen
Abend ging es auf dem Luxusdampfer rund.
Das zwanzig Meter lange kalte Büfett hatte für
»Ah's« und »Oh's« gesorgt. Doch die lukullischen Kostbarkeiten dieses Büfetts
waren erst der Einstieg gewesen.
Es waren drei weitere Gänge gefolgt, die sich
auf insgesamt zwei Stunden verteilt hatten.
Namhafte Künstler leiteten schließlich das
Unterhaltungsprogramm ein. Chansons und Schlager wurden vorgetragen, ein
international anerkannter Illusionist zeigte sein beträchtliches Können. Es war
der Inder Sania, der seine Partnerin auf offener Bühne verschwinden ließ und
nachher aus dem Zuschauerraum rief, wo sie sich dann auch befand.
Wie er das machte, war sein Trick und
blieb Geheimnis.
Dann begann die Band zu spielen.
Einschmeichelnde und beschwingt rhythmische Melodien wechselten ab, das
Tanzbein wurde eifrig geschwungen.
Große Abendgarderobe war
vorgeschrieben.
Morna Ulbrandson, die gern tanzte, hatte keine
Schwierigkeiten, einen Partner zu bekommen. Doch sie war wohl der einzige
Passagier auf der „Yanelle", der nicht zum bloßen Vergnügen diese
Kreuzfahrt unternahm.
Morna Ulbrandson hatte einen Auftrag.
Auf Kreuzfahrt zwei und drei „Yanelle"
hatte sich etwas ereignet, was von mehreren Leuten unabhängig voneinander
bestätigt worden war. Auch die Presse hatte darüber berichtet und von
„Meeresgeistern" und „Kobolden" gesprochen. Manche Boulevardblätter
waren in ihrer übertriebenen Berichterstattung so weit gegangen, dass sie sogar
Seeungeheuer, und -schlangen erwähnten, die angeblich die „Yanelle" angegriffen
hätten.
Von all diesen Dingen war nicht die Spur einer
Tatsache zurückgeblieben. Alles hatte sich als erfunden und in höchstem Maß
übertrieben herausgestellt - bis auf eine Sache.
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