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SGK264 - Im Wartesaal der Leichen

SGK264 - Im Wartesaal der Leichen

Titel: SGK264 - Im Wartesaal der Leichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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gibt es so Wichtiges, daß du es mit mir unter vier Augen
besprechen mußt ?« fragte sie besorgt.
    »Es geht um Lee .«
    »Dann glaubst du also die Geschichte, die Mi erzählt hat ?«
    »Nein. Ich mache mir Sorgen um sie. Sie muß zu einem Arzt. Etwas
stimmt in ihrem Kopf nicht. Aber wir dürfen eins nicht vergessen: in unserer
Welt gibt es Geister. Vielleicht ist Lee ihr wirklich erschienen, um uns darauf
aufmerksam zu machen, daß wir unsere Pflichten in den letzten Jahren
vernachlässigt haben .«
    Er inhalierte tief den Zigarettenrauch, und es trat kaum noch
etwas aus den Nasenlöchern, als er ausatmete. »Wir haben April. In wenigen
Tagen beginnt das Tschingming-Fest. Wir werden in das Leichenhotel gehen, um
unsere Opfergaben darzubringen. Vergiß nicht, gleich morgen früh
Weihrauchstäbchen zu besorgen !«
    Er rauchte die Zigarette bis auf einen winzigen Rest zu Ende, warf
sie dann vor seine Füße und trat die Kippe aus.
    Am Himmel zogen Wolken auf.
    Wenig später begann es zu regnen.
    Leise klopften die Tropfen auf das Dach des kleinen Hauses.
    Als Chan Tsu als letzter mit seiner Frau nach oben ging und das
gemeinsame Schlafzimmer aufsuchte, stellte er zum ersten Mal fest, daß es einen
Riß im Dach gab, durch den der Regen tropfte.
    »Das werde ich gleich morgen näher von außen betrachten«, sagte er
müde, gähnte herzhaft und fuhr sich mit der rechten Hand durch das dichte,
blauschwarze Haar, das noch so füllig war wie in seiner Jugend. »Je schneller
man einen Schaden behebt, desto besser .«
    Er stellte an die Stelle, wo es hereinregnete, eine große
Schüssel, um den Bastboden vor Nässe zu schützen.
    Dann wurden alle Lichter gelöscht, Chan Tsu legte sich auf die
Seite und schlief innerhalb fünf Minuten wieder ein.
    Seine Frau lag noch eine Weile wach, starrte mit offenen Augen zur
Decke und dachte über die unheimlichen Ereignisse nach, von denen Mi berichtet
hatte.
    Dann schlief auch sie ein.
     
    *
     
    Im Regen tauchte die dunkle, schattenhafte Gestalt wie ein
Gespenst auf.
    Sie löste sich aus dem Schatten des Busches und der dichtstehenden
Bäume, die am Rand des Berges einen kleinen Wald bildeten.
    Unweit dieser Stelle lag das Haus der Tsus.
    Der wächsern wirkende Chinese bewegte sich wie ein Roboter.
    Seine dunklen Augen schimmerten matt, und in seinem starren
Antlitz regte sich kein Muskel.
    Der Mann in dem dunklen, wie maßgeschneidert sitzenden Anzug
überquerte das Feld, erreichte den kleinen Garten, der sich hinter dem Haus
befand, und stieg zum zweiten Mal in dieser Nacht über den niedrigen Zaun, der
kein Hindernis für ihn darstellte.
    Der Regen war stärker geworden und durchnäßte die Kleidung des
nächtlichen Besuchers im Nu. Klatschnaß lag sie auf seiner Haut. Doch das
spürte er nicht mehr.
    Er hatte überhaupt keine Empfindungen. Denn er war tot! Vor drei
Jahren gestorben.
    Sein Körper war nur noch eine seelen- und geistlose Hülle, die wie
eine Schachfigur von einer geheimnisvollen, unsichtbaren Hand bewegt zu werden
schien.
    In der Dunkelheit und dem Regen war niemand, der diesen lebenden
Toten beobachtet oder verfolgt hätte.
    Oder - doch?
    Im Schatten des Wäldchens bewegte sich etwas. Der feuchte Boden
schmatzte unter den Füßen einer Person, die nicht riskierte, aus der Schwärze
der Nacht zu treten.
    Es war eine Frau.
    Ihr langes, schwarzes Haar rahmte ein schmales, schön
geschnittenes Gesicht mit hohen Jochknochen und verführerisch geschwungenen
Lippen, die dem Antlitz der Beobachterin einen eigenartigen Reiz verliehen.
    Es war nicht nur merkwürdig, daß spät nach Mitternacht eine
fremde, weißhäutige Frau den Weg des verstorbenen Sohnes der Tsus verfolgte,
sondern noch merkwürdiger war es, daß die Frau eine Halbmaske trug.
    In der Dunkelheit und Abgeschiedenheit, dieses Landstrichs war
nicht damit zu rechnen, daß irgend jemand auftauchte, der sich dafür
interessierte, wie sie aussah.
    Hatte die Maske eine andere, wichtigere Bedeutung als die der
Tarnung?
    Bei genauerem Hinsehen war zu erkennen, daß Dr. X - um niemand
anderen handelte es sich bei dieser Frau - die Maske nicht mehr über den Kopf
gestülpt hatte. Dies war anfangs der Fall gewesen. Als sie nach langen
Jahrhunderten eines gespenstischen, seelenlosen und körperlosen Schlafes ihre
verbrecherisch-geniale Existenz wieder aufnahm, erschien sie den Personen, die
sie sahen, stets mit einer schwarzen Halbmaske, die die obere Hälfte ihres
Kopfes verdeckte.
    Seit damals hatte sich etwas

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