SGK312 - Die 17 Kammern des Grauens
Ulbrandson tastete sich an der
Wand zu ihrer Rechten entlang. Die Wand machte mehrmals einen Knick, mehr als
einmal ging es auch eine Stufe tiefer, so daß sie, als sie die nächste Tür vor
sich sah, nicht mehr wußte, ob es zehn oder fünfzehn Treppen gewesen waren, die
sie in die Tiefe ging.
Die Tür vor ihr… ein Weg in die
Freiheit?
Sie hatte allen Grund, daran zu zweifeln. Morneys Sterben hatte ihr vor Augen geführt, daß
dieses Labyrinth von Gängen, Korridoren und Kammern nur zu einem Ziel führte:
in den Tod. Selbst wenn sie sich weigerte, die nächste Tür zu öffnen, bedeutete
dies den sicheren Tod. Egal wie sie sich entschied: auch hier in dem schmalen
Gang gab es für sie keine Rettung.
Eingeschlossen zwischen den Kammern
des Grauens warteten Einsamkeit, Hunger und Durst auf sie, und wenn sie wie von
Sinnen brüllte, würde das ihre Kräfte nur um so rascher abbauen. Denn hier in
der Tiefe hinter meterdicken Mauern hörte niemand sie schreien.
Sie steckte in einem perfekten
Dilemma.
Morna ging bis an die Tür heran und
wagte diesmal jedoch nicht gleich die Klinke herabzudrücken. Lauschend legte
sie ein Ohr an die Tür.
Sie hörte leises Rascheln, Pfeifen…
Ratten?
Unwillkürlich warf sie einen Blick auf
ihre Waffe. Ratten ließen sich mit dem Laserstrahl bekämpfen und vernichten.
Wenn sie…
X-GIRL-C legte sich einen genauen Plan
zurecht, ohne allerdings die Gewißheit zu haben, ob er sich auch ausführen
ließ. Gegen Ratten glaubte sie eine ernsthafte Chance zu haben. Aber wenn sie
diese Kammer wirklich hinter sich brachte, lag die dritte vor ihr, dann die
vierte, dann…
Sie wollte nicht daran denken, wie
lang und schwierig der Weg war. Aber es blieb ihr wohl nichts anderes übrig,
als ihn zu gehen. Hier zu bleiben, bedeutete dahinzusiechen wie ein Kranker, um
den sich niemand kümmerte. Sich in die nächste Kammer zu begeben, bedeutete,
das Risiko auf sich zu nehmen, dem Grauen nicht entfliehen zu können, aber auch
die Chance zu haben, davonzukommen, wenn die Kräfte ausreichten. Es war eine
verschwindend kleine Chance, aber sie war tausendmal besser, als den sicheren
Tod abzuwarten.
Noch einen Augenblick wollte sie
abwarten und zu neuen Kräften kommen, um das, was vor ihr lag, besser in
Angriff nehmen zu können.
Wieder erlosch die Taschenlampe.
Im selben Moment glaubte Morna
Ulbrandson eine leise Bewegung in der Wand vor sich wahrzunehmen.
Sofort beugte sie sich vor und
streckte vorsichtig den Fuß aus − da war kein Widerstand mehr! Die untere
Reihe der Quader war seitlich in der Wand verschwunden. Ein Hohlraum? Würden
nun die Ratten…
Da fühlte sie auch schon die
Berührung.
Hände!
Sie umklammerten ihre Fußgelenke…
*
Larry prägte sich den Weg durch das
Labyrinth der Gänge gut ein, dennoch mußte er sich eingestehen, daß es ihm
einige Schwierigkeiten bereitet hätte, den Weg zurück zum Privattrakt auf
Anhieb wieder zu finden.
Sioban Hampton bewegte sich mit erstaunlicher
Schnelligkeit, manchmal rannte sie sogar.
Dann kamen sie vor einen
Mauervorsprung. Der Gang war zu Ende.
Für Larry Brent hätte es kein
Weitergehen gegeben, nicht so für die Frau.
Sie bückte sich. Den Siegelring, den
sie trug, und auf dem das erhabene Wappen derer von Hampton zu sehen war,
drückte sie in die unterste Ecke der Mauer. Die Stelle dort sah so aus, als
wäre ein Stück des Steins ausgeplatzt.
Das Wappen paßte genau in die Mulde.
Und dieser Kontakt löste den
Mechanismus aus.
Sioban Hampton trat einen Schritt zurück. Die Mauer
vor ihnen setzte sich in Bewegung, wich zur Seite und gab den Weg in eine
andere Richtung frei.
Die schweren Quader bewegten sich mit
unglaubwürdiger Leichtigkeit.
»Der Mechanismus ist uralt«, erklärte Sioban Hampton. »Er stammt noch aus der Zeit Fitzpatrick John Mahon Hamptons.
Das ganze Geheimnis beruht darauf, daß ein unterirdisch fließender Strom
umgeleitet wird, der Wasserdruck wird übertragen und verschiebt die Wände, die
dafür vorgesehen sind .«
Larry erfuhr noch mehr. In diesen
Korridoren, die untereinander verbunden waren, gab es mehrere Wände, die auf
diese Weise verschoben werden konnten. Fitzpatrick John Mahon , dessen Name immer wieder fiel, schien ein
wahrer Künstler oder Magier oder beides gewesen sein, wenn man die Wunderwerke
kannte, die auf ihn zurückgingen.
Der Schatz war keine Legende, sondern
Wirklichkeit. Fitzpatrick John Mahon gab keinem eine Chance, das Versteck jemals zu erreichen.
Er konnte
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