SGK330 - Tanzplatz der Verfluchten
Standpunkt.
»Das will ich nicht abstreiten. Aber
seit heute Morgen weiß ich, dass mich die Ereignisse einholen werden. Ich könnte gehen, wohin ich wollte, nichts
und niemand kann verhindern, dass man mich noch holt .«
»Weil man fürchtet, Sie könnten
detaillierte Angaben über das machen, was Sie gesehen und erlebt haben ?«
»Ja.«
Larry schüttelte den Kopf. »Aber das
ist unlogisch. Sie hatten zwölf Monate Zeit, um mit jedem über alles zu
sprechen .«
»Schon richtig. Aber niemand hat mich
ernstgenommen. Und erst in der kommenden Nacht wird man - vielleicht«,
flüsterte er mit leichtem Heben der Augenbrauen hinzu, »anfangen zu begreifen, dass meine Geschichte keine Erfindung und kein Wahn war .« Er sprach jetzt seltsam klar, und man merkte auch Dr.
Bergmann an, dass er vom Zustand und dem Verhalten
seines Patienten angenehm überrascht war.
»Sie haben wirklich etwas Besonderes
erlebt ?« X-RAY-3 blieb am Ball. Er war endlich so
weit, dass das Gespräch in die Richtung lief, die er
wollte.
»Ja. Etwas tat sich auf - eine andere
Welt! Etwas Höllisches ..., ich konnte es nie genau beschreiben, und ich kann es
jetzt noch nicht. Das hängt sicher damit zusammen, dass mir bis zur Stunde jede Erklärung darüber unmöglich ist .«
Horst Kaichen verbarg sein Gesicht in
beiden Händen.
Larry Brent hatte ein Konterfei des
jungen Mannes auf einem Foto gesehen. Horst Kaichen wirkte in natura viel älter
und ernster. Jene Nacht und sein Aufenthalt in diesem Haus hatten ihn
verändert.
Kaichen war nicht verrückt. Aber
jedermann hielt ihn dafür. Kein Wunder bei der Geschichte, die er zum besten
gab...
»Könnten Sie mir noch mal genau die
Umgebung beschreiben, wie sie sich nach dem Erdstoß Ihren Augen bot ?« knüpfte Larry den Faden weiter.
»Genau das ist das Bild, das ich nicht
vergessen kann... plötzlich waren mehr Bäume da, auch die Felsen standen anders
und der Kessel war höher. Auf dem Rand ganz oben standen ebenfalls Bäume, dürr
und knorrig ... Manfred Lein lag am Boden, Helmut Berger war ebenfalls
gestürzt... und an der Stelle, wo sich gerade noch das Lagerfeuer befunden
hatte, wuchs ein Gestrüpp, das bearbeitet war wie die Platte eines Altars. Im
Gestrüpp hing Ruth Bestner mit durchstochener Brust und durchschnittener Kehle
... ich seh’s immer wieder vor mir, und das
Schlimmste ist, die Bilder nicht schwächer werden, sondern im Gegenteil - noch
intensiver !«
Er blickte Larry Brent durchdringend
an. »Schreiben Sie nicht darüber ..., ich möchte nicht, dass in diesem Stadium die Öffentlichkeit über die Dinge erfährt. Die Gefahr, dass Neugierige den Platz aufsuchen, ist groß ...«
Die Rücksichtnahme auf andere schien
ihm wichtig zu sein.
»Ich bin kein Reporter«, beseitigte
Brent Kaichens Irrtum. »Meine Aufgabe liegt auf einem
anderen Gebiet. Ich gehöre einer Vereinigung an, die sich zur Aufgabe gemacht
hat, außergewöhnliche Wahrnehmungen zu untersuchen...«
»Dann sind Sie bei mir genau richtig.
Es war eine außergewöhnliche und übersinnliche Erfahrung, die ich gemacht habe.
Einen Moment, als die Umgebung sich veränderte, hatte ich sogar einen
bestimmten Gedanken. Merkwürdig, dass es mir erst
jetzt wieder einfällt ...«
»Sie haben die ganze Zeit nichts mehr
darüber gewusst ?« wunderte
sich Larry.
»Nein. Ich bin selbst erstaunt...
dieser Gedanke, ich hatte ihn in den zurückliegenden Monaten vergessen! Einen
Moment glaubte ich - in eine andere Zeit zu sehen, in die Vergangenheit ...«
*
Dr. Bergmann warf dem PSA-Agenten
einen Blick zu. Der Arzt verzog die Mundwinkel, als hätte er in eine besonders
saure Zitrone gebissen. Larry Brents Miene veränderte sich nicht.
Mit Kaichen ging nach diesen Worten
eine Veränderung vor. Ein Schatten huschte über sein Gesicht, der Ausdruck
seiner Augen wechselte.
Mit leisem Knurren wandte er sich
wieder dem Fenster zu.
»Die Ereignisse kommen, wenn der Regen
fällt«, murmelte er abwesend. » Morgen Nacht wird
alles vorbei sein .«
Dr. Bergmann, der sich die ganze Zeit
mit Bemerkungen zurückgehalten hatte, schüttelte nun den Kopf. »Ich glaube,
Horst, da irren Sie sich« sagte er freundlich. »Wir haben strahlendblauen
Himmel - und den Wettervorhersagen nach zu urteilen, soll dieses Wetter noch
mindestens drei bis vier Tage anhalten .«
»Es wird viel Regen geben, und ich
werde nicht mehr da sein«, sagte Kaichen mit Grabesstimme.
*
Um die Kaffeezeit verließen die beiden
Männer das besonders
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