Shades of Grey - Geheimes Verlangen: Band 1 - Roman (German Edition)
Leben gehe ich freiwillig Joggen. Ich krame meine alten, nie benutzten Laufschuhe, eine Jogginghose und ein T-Shirt hervor, flechte meine Haare zu Zöpfen, erröte bei den Erinnerungen, die sie wecken, und stöpsle meinen iPod ein. Ich kann einfach nicht länger vor dem Laptop sitzen und weiter verstörende Dinge recherchieren. Am liebsten würde ich zum Heathman Hotel rennen und von dem Kontrollfreak Sex fordern. Aber das sind fast acht Kilometer, und ich glaube nicht, dass ich in der Lage bin, auch nur einen zu laufen. Außerdem könnte er mich zurückweisen, was eine schreckliche Demütigung wäre.
Kate kommt gerade vom Wagen, als ich aus der Tür gehe. Sie lässt fast die Einkaufstüten fallen, als sie mich sieht. Ana Steele in Laufschuhen! Ich winke ihr zu, ohne stehen zu bleiben, weil ich keine Lust auf die Großinquisition habe. Ich brauche Zeit für mich allein. Mit Snow Patrol in den Ohren laufe ich in der aquamarinfarbenen Dämmerung durch den Park.
Was soll ich machen? Ich will ihn, aber zu seinen Bedingungen? Ich weiß es einfach nicht. Vielleicht sollte ich über das verhandeln, was ich möchte. Diesen albernen Vertrag Zeile für Zeile durchgehen und klipp und klar sagen, was akzeptabel ist und was nicht. Durch meine Recherchen weiß ich, dass er sich juristisch nicht durchsetzen lässt. Das weiß Christian bestimmt. Wahrscheinlich legt er lediglich die Parameter der Beziehung fest. Er hält fest, was ich von ihm erwarten kann und was er von mir erwartet – meine totale Unterwerfung. Bin ich bereit, mich darauf einzulassen? Bin ich dazu überhaupt in der Lage?
Warum ist er so? Weil er in jungen Jahren verführt wurde? Keine Ahnung. Er ist mir nach wie vor ein Rätsel.
Ich bleibe neben einer hohen Fichte stehen, stütze mich mit den Händen auf den Knien ab und sauge gierig die Luft in meine Lungen. Das fühlt sich gut an, geradezu befreiend. Ja. Ich muss ihm sagen, was in Ordnung ist und was nicht, ihm meine Gedanken per E-Mail mitteilen, damit wir uns am Mittwoch darüber unterhalten können. Ich atme tief durch, bevor ich zum Apartment zurückjogge.
Kate war für den Urlaub auf Barbados shoppen, wie nur sie es kann. Hauptsächlich Bikinis und dazu passende Sarongs. Sie wird in den neuen Sachen phantastisch aussehen, die sie mir einzeln vorführt, aber es gibt nur eine begrenzte Anzahl von Formulierungen für »Du siehst toll aus, Kate«. Sie ist schlank, mit den Kurven an den richtigen Stellen, ein Körper, für den ich einen Mord begehen würde. Frustriert bewege ich meinen kläglichen, verschwitzten Leib in mein Zimmer, vorgeblich, um Kisten zu packen. Könnte ich mich noch unzulänglicher fühlen? Ich stelle den Laptop auf meinen Schreibtisch und schicke Christian eine Mail.
Von: Anastasia Steele
Betreff: Schockiert
Datum: 23. Mai 2011, 20:33 Uhr
An: Christian Grey
Okay, jetzt weiß ich Bescheid.
Schön, dich kennen gelernt zu haben.
Ana
Ich drücke auf »Senden«, schlinge die Arme um den Körper, amüsiere mich über meinen Scherz. Wird er auch darüber lachen können? Scheiße – wahrscheinlich nicht. Christian Grey ist nicht gerade für seinen Humor bekannt. Obwohl ich ihn schon
hin und wieder habe aufblitzen sehen. Möglicherweise bin ich zu weit gegangen. Ich warte auf seine Antwort.
Ich warte … und warte. Und schaue auf meinen Wecker. Zehn Minuten sind vergangen.
Zur Ablenkung beginne ich, tatsächlich die Sachen in meinem Zimmer zu packen. Ich schichte Bücher in eine Kiste. Neun Uhr, keine Nachricht. Vielleicht ist er unterwegs. Ich stöpsle schmollend meinen iPod ein, lausche Snow Patrol und setze mich an meinen kleinen Schreibtisch, um den Vertrag noch einmal zu lesen und mir Notizen dazu zu machen.
Keine Ahnung, warum ich den Blick hebe. Wahrscheinlich nehme ich aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr. Jedenfalls steht Christian in der Tür zu meinem Zimmer und mustert mich mit intensivem Blick. Er trägt seine graue Flanellhose und ein weißes Leinenhemd und lässt sanft seine Autoschlüssel kreisen. Ich ziehe die Stöpsel aus den Ohren und erstarre. Scheiße!
»Guten Abend, Anastasia.« Seine Stimme ist kühl, seine Miene unergründlich.
Mir verschlägt es die Sprache. Verdammt, Kate hat ihn reingelassen, ohne mich zu warnen. Mir wird bewusst, dass ich noch die Jogginghose trage und verschwitzt bin, während er wie immer atemberaubend aussieht.
»Ich hatte das Gefühl, dass deine Mail eine persönliche Antwort erfordert«, teilt er mir mit.
Ich mache
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