Shadow Falls Camp - Erwacht im Morgengrauen: Band 2 (German Edition)
Teenager zu suchen. Dabei hatte Kylie nie vorgehabt, ihrer Mutter Sexfragen zu stellen. Mom war sicherlich die letzte Person, zu der sie damit gegangen wäre.
Bloß der kleinste Hinweis, dass Kylie Interesse an einem Typen hatte, verursachte bei ihrer Mutter Panik, und die Buchstaben S-E-X blinkten wie Warnsignale in ihren Augen. Gott sei Dank war Kylie, seit sie im Shadow Falls Camp war, von jeglicher Art Teenager-Sex-Broschüren verschont geblieben.
Was sie da nur wieder verpasst hatte im letzten Monat? Bestimmt gab es wieder neue Studien und Statistiken, die ihre Mutter garantiert alle für sie aufbewahrte, um sie ihr bei ihrem nächsten Besuch unter die Nase zu halten. Der Besuch stand in drei Wochen an, und Kylies Vorfreude hielt sich in Grenzen. Sicher, ihre alles andere als gute Beziehung zueinander hatte sich seit ihrem letzten Treffen deutlich verbessert – vor allem nachdem ihre Mutter erzählt hatte, dass Daniel ihr leiblicher Vater war. Aber die neue Mutter-Tochter-Bindung fühlte sich noch sehr zerbrechlich an.
Kylie fragte sich, ob ihre Beziehung nicht zu speziell war, als dass sie mehr als ein paar Stunden miteinander verbringen konnten. Was, wenn sie nun nach Hause kam und feststellte, dass sich eigentlich gar nichts verändert hatte? Was, wenn die Distanz zwischen ihr und ihrer Mutter noch genauso groß war wie zuvor? Und was war mit Tom Galen, dem Mann, den Kylie die ganze Zeit für ihren Vater gehalten hatte? Der ihre Mutter und sie für so eine Tussi verlassen hatte, die gerade einmal ein paar Jahre älter war als Kylie selbst? Kylie war total geschockt gewesen, als sie ihn beim Knutschen mit seiner viel zu jungen Assistentin erwischt hatte. So sehr, dass sie ihm bis heute nichts davon erzählt hatte.
Ein warmer Windzug wehte ihr den Rauch des lodernden Lagerfeuers ins Gesicht. Ihre Augen brannten und sie blinzelte, wagte es aber nicht, aus dem Kreis herauszutreten. Wie Della ihr erklärt hatte, durfte man das aus Respekt für die Vampir-Kultur auf keinen Fall tun.
»Macht euren Kopf frei«, wiederholte Chris und gab den Kelch an einen Jugendlichen auf der anderen Seite des Kreises weiter.
Kylie schloss ihre Augen und versuchte wieder der Anweisung zu folgen, aber da hörte sie plötzlich rauschendes Wasser. Sie riss die Augen auf und schaute zum Wald. War der Wasserfall wirklich so nah? Seit Kylie die Legende von den Todesengeln gehört hatte, wollte sie unbedingt zu den Wasserfällen gehen. Nicht, weil sie gern einen Todesengel treffen wollte. O nein, mit Geistern hatte sie nun wirklich genug um die Ohren. Aber sie wurde das Gefühl nicht los, dass die Wasserfälle nach ihr riefen.
»Bist du bereit?« Miranda lehnte sich zu ihr und flüsterte: »Er kommt näher.«
Bereit wofür? war Kylies erster Gedanke. Dann fiel es ihr wieder ein.
Machte Miranda Witze?
Kylie starrte auf den Kelch, der im Kreis herumgereicht wurde. Ihr stockte der Atem, als sie merkte, dass er nur noch zehn Leute von ihr entfernt war. Trotz des Rauches holte sie tief Luft und versuchte, nicht angeekelt auszusehen.
Sie versuchte es wirklich. Aber allein der Gedanke daran, an einem Kelch zu nippen, aus dem schon zwanzig andere getrunken hatten, verursachte Übelkeit. Doch das mit Abstand Ekligste an der Sache war der Inhalt: Blut.
Im letzten Monat war es ihr zwar immer leichter gefallen, Della dabei zu beobachten, wie sie ihre tägliche Ration zu sich nahm. Ja, verdammt, Kylie hatte sogar einen halben Liter gespendet – das machte man eben so für seine Vampir-Freunde. Aber die lebenswichtige Flüssigkeit selbst zu trinken war eine ganz andere Sache.
»Ich weiß, es ist ekelhaft. Stell dir einfach vor, es wäre Tomatensaft«, flüsterte Miranda der neben ihr stehenden Helen zu. Als ob Flüstern bei diesen Leuten etwas bringen würde.
Kylie schaute sich im Kreis der übernatürlichen Campteilnehmer um. Auf ihren Gesichtern tanzten die Schatten des Lagerfeuers. Sie entdeckte Della, die böse in ihre Richtung schaute, ihre Augen glühten in einem genervten Goldton. Das Supergehör war nur eine ihrer Gaben. Zweifellos würde Della Miranda später noch auf das »ekelhaft« ansprechen. Was dann wieder darin enden würde, dass Kylie die beiden davon abhalten musste, sich gegenseitig umzubringen. Wie zwei Menschen befreundet sein und sich trotzdem so oft in die Haare bekommen konnten, war ihr schleierhaft. Den Friedensstifter für die beiden zu spielen, war echt ein Vollzeitjob.
Sie beobachtete die anderen, wie sie
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