Shadow Falls Camp - Erwählt in tiefster Nacht: Band 5 (German Edition)
hinter ihr vorbeiging, verlangsamte er seine Schritte. Kylie nahm seinen vertrauten Geruch wahr und hörte, wie er ihr zuflüsterte: »Hasst du mich so sehr, dass du mich nicht einmal anschauen kannst?«
Wenn ich dich nur hassen könnte
, dachte Kylie.
Dann fuhr er fort, so leise, dass nur sie es hören konnte: »Sie hat mir nie etwas bedeutet. Nur du hast mir je etwas bedeutet.« Seine sich entfernenden Schritte klangen wie die letzten Akkorde eines traurigen Songs.
Obwohl er weg war, hingen seine Worte weiter in der Luft. Sie drangen langsam in Kylies Bewusstsein. Sie wusste, dass Lucas die Wahrheit sagte – wusste es deshalb, weil sie als Fee seine Gefühle lesen konnte. Doch das änderte nichts.
Ob er sie nun absichtlich verletzt hatte oder nicht, es änderte nichts an dem, was er getan hatte. Er hätte doch wissen müssen, dass sie am Boden zerstört sein würde, wenn er sich einer anderen versprach. Wie konnte er denken, dass es sie nicht total verletzte, zu wissen, dass er sich monatelang mit einer anderen getroffen hatte? Und zumindest so getan hatte, als würde er sie mögen?
In dem Moment hörte sie wieder Schritte hinter sich. Sie spürte, wie Fingerspitzen leicht über ihren Rücken fuhren. Es war eine zarte Berührung, die nicht dazu gedacht war, sie zu verführen oder ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Sie war einzig und allein dazu gedacht, Kylie zu beruhigen.
Natürlich ließ die Art der Berührung keinen Zweifel daran, wer hinter ihr stand. Derek.
Der Schmerz in ihrer Brust ließ nach, und sie blinzelte schnell ein paar Tränen weg.
Mit geschlossenen Augen stand sie da und versuchte, ihre unberechenbaren Gefühle zu kontrollieren. Sie atmete tief durch und konzentrierte sich auf die Wärme der Sonne auf ihrer Haut und die leichte Brise, die ihr durchs Haar fuhr.
»Kylie?« Burnetts Stimme riss sie aus ihren Gedanken.
Ihr Großvater und Burnet standen vor ihr, und beide sahen gleichermaßen besorgt aus.
»Geht es dir gut?«, fragte ihr Großvater.
»Super.« Sie rang sich ein Lächeln ab, das wahrscheinlich ähnlich unglaubwürdig wirkte, wie ihre knappe Antwort.
»Dann komm mal mit«, forderte sie ihr Großvater auf. »Wir müssen uns unterhalten. Aber drinnen und bei einer Tasse Tee.«
Im Vorbeigehen spürte sie Burnetts prüfenden Blick. Bestimmt hatte er ihre Lüge entlarvt. Ihr ging es nicht super. Sie war nicht mal annähernd okay. Doch dann merkte sie, dass das nicht alles war. Sie musste seine Gefühle gelesen haben, denn sie spürte seine Angst. Angst, ihr etwas zu sagen, dass sie nicht mögen würde.
Burnett hatte ja keine Ahnung, dass Kylie im Moment fast nichts von dem mochte, was ihr gesagt wurde. Da fiel ihr auf, dass sie nur an sich selbst gedacht hatte. Sie war so sehr auf ihren eigenen Schmerz konzentriert gewesen, dass sie gar nicht darüber nachgedacht hatte, weshalb Burnett eigentlich hier war.
Bei dem Gedanken blieb sie abrupt stehen und packte den Vampir am Ellenbogen. »Geht es allen gut? Ist … ist etwas passiert?«
Fünf Minuten später saß Kylie am Esstisch und wartete ungeduldig, bis ihre Großtante den Eistee serviert hatte. Sie hoffte inständig, dass das bevorstehende Gespräch nicht wieder in einer Situation wie vorhin bei der Scheune gipfeln würde. Die Spannung zwischen ihrem Großvater und Burnett war immer noch greifbar. Kylie jedenfalls war gespannt wie ein Flitzebogen. Jemand sollte besser mal anfangen zu reden. Und damit meinte sie Burnett.
Er hatte die Antwort auf ihre Frage aufgeschoben, bis sie an einem Ort waren, wo sie in Ruhe reden konnten. Woraufhin Kylie erst recht beunruhigt war, dass sie mit ihrer Annahme richtiglag.
Auf dem kurzen Weg zum Haus hatte sie sich schon die schlimmsten Szenarien ausgemalt. Jetzt saß sie hier vor den Resten kalter Pizza und kämpfte gegen die Übelkeit an, die ihre eigenen Gedanken ihr verursachten. Immerhin wusste sie schon mal, dass Derek und Lucas nichts passiert war. Und ja, sie sollte sich um Lucas eigentlich keine Gedanken machen, tat es aber trotzdem.
Holiday konnte es nicht sein, wenn ihr etwas passiert wäre, würde Burnett niemals so ruhig hier sitzen. Er liebte sie zu sehr und wäre auf jeden Fall am Boden zerstört. Damit blieben nur …
Sofort schossen Kylie die Bilder ihrer beiden besten Freundinnen in den Kopf. Ihr Großvater hatte ihr vorerst verboten, mit ihnen zu sprechen, und da er schon bei ihren Telefonaten mit Holiday nur widerwillig nachgegeben hatte, versuchte Kylie sich damit
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