Shadow Guard: Die dunkelste Nacht (German Edition)
getötet hat, entweder mit der Klinge oder indem er sich dem Feuer überantwortete. Offensichtlich war der Bursche nicht ganz bei Verstand.«
Selene trat neben Rourke. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Während sie sich einerseits erleichtert fühlte, dass er den Kindern nie wieder wehtun würde, hingen die grauenhafte Tode wie eine dunkle Wolke über dem Tal.
Nachdem sie Nathan, Kate und Hannah die Nachricht vom Tod ihres Stiefvaters überbracht hatte, hatten sie und Rourke sie aus ihrem Quartier neben den Ställen ins Haus geholt. Auch wenn die Kinder sein Dahinscheiden nicht zu bekümmern schien, betraf es sie eben doch. Nathan schlief jetzt mit Leeson dort, wo einst die Dienstbotenräume neben der Küche gewesen waren. Während Rourke daran arbeitete, einen der Lagerräume in ein Schlafzimmer für die Mädchen umzufungieren, schliefen sie auf Pritschen in Selenes Zimmer.
»Danke, Sir.« Rourke führte den Wachtmeister nach draußen. Danach kam er wieder zu Selene und meinte: »Ich nehme an, so wird es gewesen sein. Ich werde einen Bericht an die Ahnen schicken und sie wissen lassen, was die Schlussfolgerungen des Wachtmeisters sind.«
Am Morgen nach dem Mord war sie zugegen gewesen, als Rourke dem Rat von dem Ereignis berichtet hatte und von Selenes Abstand zu dem Verbrechen. Er und Leeson hatten beide persönlich über ihren Aufenthaltsort ausgesagt, als der Mord begangen worden war. Rourke hatte außerdem seine Überzeugung bekundet, dass die Transzendierung in ihrem Geist vollkommen umgekehrt worden war. Obwohl sie ihre Kräfte nicht wiedergewonnen hatte, bat er um Erlaubnis, dass sie alle nach London zurückkehren durften. Was die Kinder betraf, war noch keine endgültige Entscheidung getroffen worden, was ihr zukünftiges Heim und ihre Erziehung anging.
Die vergangenen Tage waren angenehm gewesen, und weder sie noch Rourke hatten den merkwürdigen Umstand ihrer gemeinsamen Träume erörtert. Doch jeden Nachmittag hatte sie ihn beobachtet, wie er die Festung verließ und den Marsch in Richtung Plateau unternahm. Sie hatte nicht noch einmal versucht, ihm zu folgen.
Selene kehrte mit Rourke in den großen Raum zurück. »Die Kinder haben gefragt, ob sie in den Zirkus gehen dürfen. Heute Abend ist die letzte Vorstellung, bevor die Truppe weiterreist. Nach der schrecklichen Sache mit ihrem Stiefvater würden Clowns und Akrobaten die Stimmung der Kinder sicherlich heben.«
Er nickte. »In Ordnung. Dann lassen Sie uns mit ihnen hingehen.«
Als die Zeit für die Vorstellung herankam, stieg Selene abermals mit den Kindern in die Kutsche. Während sie an dem ausgebrannten Cottage ihres Stiefvaters vorbeikamen, dem letzten Ort, den sie mit ihrer Mutter als Zuhause gekannt hatten, versuchte Selene, sie abzulenken, aber sie betrachteten die Szene mit feierlichen Mienen.
Schon bald sahen sie das große, blaurot gestreifte Zirkuszelt und eine Anzahl kleinerer Zelte, die das Feld am Rand des Dorfs sprenkelten. Rourke drückte einem kleinen Jungen eine Münze in die Hand, der über die Pferde und die Kutsche wachen würde. Die Nacht brach bereits an, aber der Himmel wurde von einem riesigen Mond und tausend funkelnden Sternen erhellt. Heute Nacht würden sie keine Mühe haben, ihren Heimweg zu sehen.
Rourke bezahlte den Eintritt, und sie gingen zum Eingang, der von Fackeln zu beiden Seiten erhellt wurde. Im Innern drängten sich bereits Dorfbewohner und Bauern auf den Bänken und auch Leute aus den umliegenden Gemeinden, um eine Unterhaltung zu genießen, die man in dieser Gegend bestimmt nicht oft hatte.
Die Kinder entdeckten Freunde aus dem Dorf, und nachdem sie um Erlaubnis gefragt hatten, eilten sie hinüber, um sich zu ihnen zu gesellen. Leeson verhinderte mit einer Handbewegung, dass Rourke und Selene Einwände erhoben. »Ich werde dafür sorgen, dass sie nicht in Schwierigkeiten geraten. Ich habe Geld für kandierte Äpfel und Spiele und all so was.«
Selene schaute zu Rourke auf. »Dann sind nur noch wir zwei übrig.«
Das Innere des Hauptzelts war nicht besonders groß und hatte drei kleine Arenen in seiner Mitte. Grobe Holzkronleuchter waren an jedem Tragebalken aufgehängt worden. Mindestens hundert brennende Kerzen ragten aus jedem auf.
Der hochgewachsene dünne Mann, den sie im Dorf gesehen hatte, als die Zirkusleute eingezogen waren, lief in die Mitte einer Arena und breitete die Arme weit aus. Seine tiefe Stimme hallte über die Menge hinweg und gebot Stillschweigen.
»Zirkusluft und
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