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Shadow Guard: Die dunkelste Nacht (German Edition)

Shadow Guard: Die dunkelste Nacht (German Edition)

Titel: Shadow Guard: Die dunkelste Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Lenox
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und anderen Besitztümer eingesammelt hatten, gingen sie zur Kutsche.
    Rourke wurde still. Er war größer als alle anderen in der Menge, und über dem Gelächter und den Stimmen hörte er noch etwas anderes. Eine Art Klirren.
    Selene spürte, wie sich Rourkes Hand um ihren Arm schloss. Er blieb dicht hinter ihr stehen. Sie regte keinen Muskel und wollte seine Nähe so lange wie möglich auskosten. Er starrte zum Ostende des Dorfs hinüber. Alle anderen gingen nichts ahnend weiter.
    »Was ist los?«, fragte sie.
    »Irgendetwas kommt.«
    In dem sich purpur färbenden Zwielicht klang die Ankündigung ein wenig ominös.
    Als hätte er damit das Kommando gegeben, marschierten fünf Männer um die Ecke der Ställe, jeder trug eine flammende Fackel. Das gedämpfte
bumm, bumm, bumm
von Trommeln erschallte hinter ihnen.
    Breit lächelnd stellten sie sich quer über die Straße auf. Die Dorfbewohner, deren Gesichter eine Mischung aus Misstrauen und verzücktem Interesse widerspiegelten, traten zurück und stellten sich in einem großen Bogen um sie auf.
    Vier junge Frauen, die scharlachrote Haremskostüme und Schleier trugen, die nur ihre stark geschminkten Augen preisgaben, wirbelten zwischen den Fackelträgern hervor, schüttelten Tamburine und entlockten der Menge bewundernde Rufe – und wahrscheinlich Entsetzen. Nach modernen Maßstäben waren die jungen Frauen skandalös spärlich bekleidet, obwohl die »nackte« Haut ihrer Arme und Bäuche bei näherem Hinsehen schicklich mit fleischfarbenem Stoff bedeckt war.
    Eine kleine Truppe aus zwölf Künstlern schritt hinter ihnen her. Trompeten erklangen, Zimbeln wurden geschlagen. Als sie zur Gänze auf der Straße erschienen waren, gaben sie ein zotiges Lied zum Besten. Ein Pferd trabte herbei, ein Mädchen in einem grünen, von Spangen gehaltenen Kleid balancierte eine Pirouette auf dem Rücken, die Arme in die Seiten gestemmt. Clowns mit bemalten Gesichtern und breiten, weißen Kragen verteilten gedruckte Zettel.
    Sie riefen: »Akrobaten! Pantomimen! Tanzbär!«
    Am Rand der Prozession ging ein hochgewachsener, dünner Mann mit einem schmalen Schnurrbart, der einen scharlachroten Mantel und einen sehr hohen Zylinderhut trug.
    »Es ist ein
Zirkus
!«, rief Nathan. Neben ihm stellten sich seine Schwestern vor Aufregung auf die Zehenspitzen.
    »Seht nur!« Hannah packte Selene am Ärmel, und ihre Augen weiteten sich. »Das ist ein Känguru.«
    Das Tier hüpfte vorbei, begleitet von einem Wärter, der es an der Leine hielt.
    Selene las von der Notiz. »Hier steht, dass sie während der nächsten fünf Abende Vorführungen geben.«
    »Wo?«, fragte Dora. Sie lächelte.
    Selene hielt die Notiz hoch, sodass alle sie sehen konnten. »Da steht, auf dem Feld am Rand der Stadt. Ich nehme an, das ist der Ort, an dem sie immer ihren Zirkus aufbauen, nicht wahr?«
    Die Zirkustruppe blieb auf der Straße vor dem Kirchhof stehen, und eine weitere muntere Melodie erklang. Die Clowns fanden sich zu Paaren zusammen und tanzten auf komische Weise miteinander, während die Haremsmädchen Bauern und Jungen aus der Menge herauszogen und mit ihnen zu tanzen begannen.
    Schon bald traten andere Paare auf die Straße, hakten sich unter und drehten sich in einem traditionellen Landtanz. Nathan, Kate und Hannah liefen hinüber, um zuzusehen. Jemand berührte Selene am Arm. Als sie aufschaute, sah sie, dass Mr Silverwest neben sie getreten war. In seinen Augen glänzte es schelmisch. »Gräfin, ich kann mir diese Gelegenheit nicht entgehen lassen. Würden Sie mir die Ehre erweisen, mit mir zu tanzen?«
    Selene liebte es zu tanzen. Sie nickte.
    Er nahm sie bei der Hand und zog sie in die wachsende Menge. Von der ersten Drehung an wusste sie, dass er ein geschickter Tänzer war. Wie ein wendiger Matador wirbelte er sie herum und führte sie ohne ins Stocken zu geraten durch die Menge. Die Nacht wurde dunkler und die Szene ein wenig unwirklich. Sie tanzten durch eins, zwei und drei weitere Lieder. Schemenhaft erblickte sie Nathan und die Mädchen, wenn sie einmal vorbeiwirbelten. Die Fackeln blitzten auf. Die Trommeln dröhnten.
    »Mir ist so schwindelig«, flüsterte sie Mr Silverwest zu.
    Lachend führte er sie aus der Menge und unter die Markise des Lebensmittelladens. Dort war es dunkel.
    Seine Augen waren plötzlich rauchig, und er beugte sich über sie.
    Wie gebannt beobachtete sie, wie sein gut geschnittener Mund sich herabsenkte. Ihr Verstand hatte nur einen Gedanken:
Rourke.
    »
Selene
«, rief

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