Shadow Guard: So still die Nacht (German Edition)
neugeboren sein. Wieder voll eingesetzt als Schattenwächter. Wenn du bis dahin nicht die Vollstreckung durchgeführt hast … dann werde ich es tun. Eine faire Warnung, Selene.«
Sie schnaubte. »Ich wünsche dir einen angenehmen geistigen Abstieg. Ich erwarte, dass du mich erst wiedersehen wirst, sobald ich klare Befehle für deine Ermordung erhalten habe.«
Genau in dem Moment rollte eine riesige schwarze Kutsche heran, gezogen von vier kraftvollen Pferden. Ein poliertes Wappen mit einem schwarzen Raben in der Mitte glänzte an der Tür. Im dunklen Inneren der Kutsche nahm Mark die Umrisse eines hochgewachsenen Mannes mit breiten Schultern wahr.
»Es ist Zeit für mich zu gehen«, sagte Selene und ging auf die Kutsche zu.
Mark runzelte verstimmt die Stirn. »Einer der Raben, Selene?«
Die Raben waren eine spezialisierte Eliteeinheit innerhalb der Garde der Schattenwächter. Sie bestanden aus acht unsterblichen Kriegern, die im Jahr 1066 einen Eid abgelegt hatten, das Königreich England vor Zerstörung und Anarchie zu beschützen, das Königreich und seinen herrschenden Monarchen. Im Laufe der folgenden Jahrhunderte war es zwischen den Raben und den übrigen Schattenwächtern immer wieder zu Auseinandersetzungen um Territorien, Gunst und Prestige gekommen.
»Auf Wiedersehen, Mark«, antwortete sie energisch.
»Sind Sie sich sicher, Lucinda, dass ich Ihr Hochzeitskleid tragen soll?« Mina saß auf dem Rand ihres Betts und schaute in die große, glänzende Schachtel. Eingeschlagen in hellrosa Seidenpapier lag das schönste Kleid, das sie je gesehen hatte.
»Ich bestehe darauf«, sagte Lucinda freundlich.
Obwohl sie immer noch nicht besonders glücklich über die Heirat war, die für diesen Morgen geplant war, war Lucinda beträchtlich sanfter geworden und hatte sich in die Aufgabe gestürzt, dafür zu sorgen, dass Mina einen richtigen Hochzeitstag bekam.
»Vielen Dank, Lucinda.«
»Es ist von Jacques Doucet«, verkündete Lucinda stolz und zog es an den Schultern aus der Schachtel.
Sie drapierte den glänzenden Seidensatin auf der Decke. »Die Diamanten und Perlen sind alle echt.«
Astrid und Evangeline kamen näher, um das Hochzeitskleid ebenfalls zu bewundern.
Sie hatten nur zwei Tage Zeit gehabt, Einkäufe für Minas Aussteuer zu tätigen. Natürlich war sie dafür nicht nach Paris gereist, aber die Frauen im Bekleidungsgeschäft hatten Lucinda versichert, dass die konfektionierten Korsetts, Hemdchen, Unterhemdchen, Unterröcke und chemises de nuit, die sie gekauft hatten, alle ein Etikett trugen, das die Pariser Herkunft bewies.
»Es wird Zeit«, erklärte Lucinda und deutete auf die Uhr. »Erlauben Sie uns, Ihnen beim Ankleiden zu helfen.«
Mina zog ihren Morgenrock aus und stellte sich hin, während Lucinda mithilfe von Astrid und Evangeline die Röcke und das daran befestigte Mieder über ihre eierschalfarbenen Unterkleider zog. Lucinda knöpfte sorgfältig alle Knöpfe zu, und das Kleid passte sich der Form ihrer Figur an.
Lucinda starrte über Minas Schulter in den Spiegel.
»Es passt dir perfekt. Nun, beinahe.« Sie ließ sich auf die Knie sinken und zupfte den Rock zurecht. »Wenn wir mehr Zeit hätten, würde ich die Schneiderin einen halben Zentimeter abschneiden lassen.«
Sie raffte den Kleidersaum und hielt inne. »Mina, was ist das? Sagen Sie mir nicht, dass das Ihr alter Unterrock ist.« Sie kniff in ein Stück Spitze.
Mina schaute hinab. »Ja, es ist mein alter Unterrock. Ich mag ihn. Außerdem macht er eine schöne Figur, finde ich.«
Lucinda stand auf. »Ich nehme an, wir haben alle unseren eigenen Aberglauben. Es ist außerdem ohnehin zu spät für Sie, um sich umzuziehen. All Ihre Sachen sind ja schon in die Schranktruhen gepackt worden. Jetzt setzen Sie sich.« Sie zeigte auf den Hocker vor dem Ankleidetisch.
Dort drapierte Lucinda einen Schleier aus Brüsseler Spitze über Minas Haar und beugte sich dann vor, um in den Spiegel neben ihrem Gesicht zu schauen.
»Sie sind eine wunderschöne Braut«, machte sie Mina ein Kompliment. Doch sie lächelte nicht.
Ein Schluchzen erklang hinter ihnen, und Astrid stürmte aus dem Raum. Evangeline folgte ihr, blieb an der Tür jedoch noch einmal stehen. »Sie ist schrecklich neidisch. Sie hat die ganze Nacht geweint und wieder und wieder gesagt, dass dies unsere Debütsaison sei und dass es eine von uns sein sollte, die heute heiratet.« Dann folgte sie ihrer Schwester.
»Oje«, sagte Mina stirnrunzelnd. »Das wusste ich gar
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