Shadow Guard: So still die Nacht (German Edition)
sie aufgehört hatten. Aber im Raum war es bis auf den Strahl Mondlicht, der durch die offenen Fenster fiel, dunkel. Sehr romantisch. Nach den beunruhigenden Ereignissen der vergangenen Tage war sie sehr darauf bedacht gewesen, ihre Fenster zu verschließen, aber mit Mark fühlte sie sich vollkommen sicher. Die Vorstellung, ihn auf einem Bett zu lieben, das in Mondlicht getaucht war, war auf alle Fälle reizvoll. Sie schnupperte und nahm ebenfalls den Duft von Rosen wahr. Aber woher sollten plötzlich Rosen aufgetaucht sein?
Ein Laut kam vom Bett – ein Stöhnen.
»Mark?«, flüsterte sie.
Er antwortete nicht. Da war nur das Geräusch von Bewegungen … etwas schlug gegen die Laken.
Furcht durchzuckte ihr Herz. Was, wenn er wieder krank geworden war? Sie ging näher an das Bett heran, während sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnten. Die Decke glitt von der Matratze auf den Boden. Darunter kamen die weißen Laken zum Vorschein. Jemand lag auf ihnen, bewegte sich … wand sich … eine Person, die zu zweien wurde.
»Mina. Liebling. Ja.«
Ein Schock durchzuckte Mina.
Konnte dort in ihrem Bett eine Betrügerin sein?
Vor dem Nachttisch kämpfte sie mit der Lampe. Ihre Hände zitterten. Endlich loderte Licht auf. Mina starrte auf das Bett. Eine blonde Frau, bekleidet nur mit einem dünnen Hemdchen, hockte über ihrem Ehemann.
»Mark!«, kreischte Mina.
Lucinda warf den Kopf zurück; ihr Haar war wie ein leuchtender Schweif. Ihr kehliges Gelächter erfüllte den Raum. Mark zog sich das Halstuch vom Gesicht.
Seine Augen weiteten sich, und seine Nasenflügel bebten. Er stieß sie von sich. »Lucinda.«
Lady Trafford fuhr zu Mina herum und grinste. »Ich habe Ihnen gesagt, dass er mir gehört.«
Wie in einem Albtraum rollten ihre Augen in ihren Höhlen hin und her. Bevor Mina auch nur auf diese Unmöglichkeit reagieren konnte, sprang Lucinda los, schoss durch die Luft und warf sich auf sie. Mina kippte nach hinten. Ihr Kopf schlug auf den Teppich.
Sie drehte sich weg und trat um sich – aber trotzdem kletterte ihre Angreiferin über sie, setzte sich rittlings auf ihre Schultern und drückte sie mit außerordentlicher Stärke auf den Teppich. Drahtige, schraubstockartige Hände packten Minas Kehle …
Nur um weggerissen zu werden.
Mark zerrte Lucinda an den Handgelenken fort. Mina rutschte rückwärts und zog sich in die Ecke zurück.
»Du fasst meine Frau nicht an«, tobte Mark, das Gesicht eine Maske des Zorns.
»Ha! Deine Frau.« Lucinda wand und krümmte sich wie eine Schlange, zog ihre Beine an, um dann kraftvoll mit den Füßen um sich zu treten. »Nicht für lange. Ich werde sie zerschneiden. Ich werde sie in Stücke schneiden.«
Mit einem Fluch schleuderte Mark sie gegen die Wand. Ein gerahmtes Ölgemälde krachte zu Boden. Lucinda sackte in sich zusammen, aber sie sprang sofort wieder auf und glitt bizarrerweise auf Händen und Knien die Wand hinauf und zum Fenster hinaus. Mark raste auf das Fenster zu und schaute hinaus. Die Muskeln seiner nackten Schulter und seines Rückens verspannten sich, und für einen Moment erwartete Mina, dass er hinter Lucinda herspringen würde.
Stattdessen kam er zu ihr.
»Mina.« Er ging in die Hocke. »Bist du verletzt?«
Mina presste sich in die Ecke und zuckte vor seiner Berührung zurück.
»Hat sie dich verletzt?«, fragte Mark.
»Nicht. Fass mich nicht an. Bitte.« Mina stieß seine Hand weg.
Sie hatte sich so weit wie möglich in die Ecke gedrückt. Im Kampf war der schmale Träger ihres weißen Satingewands gerissen. Sie drückte das Kleidungsstück über die Wölbung ihrer Brüste. Dunkle Strähnen fielen über ihre nackten Schultern. Gott, er sehnte sich danach, sie zu berühren, aber … Entsetzen glänzte in ihren großen Augen, als sei er eine riesige Spinne mit acht pelzigen, gelenkigen Beinen. Oder schlimmer noch, als sei er nicht anders als eine der augenrollenden Kreaturen der Dunklen Braut.
Natürlich … Seine Augen. Sie glühten bronzefarben, und seine Haut schimmerte wie geschmolzenes Zink. Ein Effekt seiner Verwandlung, hervorgerufen durch den Kampf mit Lucinda. Er würde jetzt auch gewaltiger wirken, größer und massiger. Wieder versuchte er, sie zu berühren, ihre Angst zu zerstreuen, aber sie hob abwehrend und angsterfüllt die Hände.
»Ich sagte, fass mich nicht an.«
Er wich zurück, hielt seine Hände in Höhe ihrer Schultern. Seine Brust schnürte sich zu, als er begriff, welche Angst sie gerade erlebte, wie schwer es ihr
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