Shadowdwellers: Magnus (German Edition)
stand sie plötzlich auf und stellte sich so dicht vor seinen angespannten Körper, dass sie seinen erhitzten Zorn und seine Erregung spüren konnte. Sie war schon drauf und dran, ihn zu berühren und ihm zu zeigen, was von beiden gerade die Oberhand hatte und wie bewusst sie sich dessen war, doch so leicht wollte sie es ihm nicht machen. Sie wollte sehen, was er auf sich nehmen würde, nur um sich selbst zu schützen. »Dann legen wir mal los, oder? Was steht auf dem Plan? Mich fesseln, damit ich nicht weglaufen kann?«
»Die Fesseln sind für gewalttätige Sünder, damit ich mich ganz auf den Geist konzentrieren kann«, sagte er finster. Er berührte ihr Handgelenk, an der Stelle, wo noch immer Narben aus ihrer Zeit der Gefangenschaft zu sehen waren. »Ich würde das nie tun mit dir. Ich würde dich Ventan überlassen, wenn es notwendig wäre, weil ich es selbst niemals tun könnte.«
»Vielleicht doch«, sagte sie und versuchte ihrer Stimme nicht anmerken zu lassen, wie sehr seine Zärtlichkeit sie berührte. So weit wäre er also nicht gegangen. »Du bindest mir die Hände auf so unterschiedliche Weise, warum also nicht auch so?«
Mit pochendem Herzen drehte sie sich um und betrachtete die verschiedenen Methoden, jemanden zu fesseln. Sie schluckte ihre Furcht hinunter und trat zu einer Vorrichtung, an der man den Gefangenen an Händen und Füßen fesseln konnte, während man ihn bäuchlings oder rücklings auf ein Sprungpferd legte. Der Büßer war dadurch entblößt, hilflos und verletzlich; und er musste in allem seinem Priester vertrauen, von der Strafe bis zum Essen und Trinken. Sie glitt mit einer Hand über den Rücken des Sprungpferds, dessen Lederpolsterung neu war. Wie oft, fragte sie sich, wurde eine so extreme Methode angewandt? Und wie lange musste ein Büßer in dieser Position bleiben? Bei jemandem wie Nicoya wäre es wahrscheinlich ziemlich lang.
Ihr wurde bewusst, wie sehr Magnus das Böse und die Sünden in der Welt verabscheuen musste. Für einen Mann wie ihn, der von Natur aus so sanft und fürsorglich war, so fest entschlossen, alles zum Guten zu wenden, war es nicht einfach, grausam zu denen zu sein, die zu anderen grausam gewesen waren … Es war ein schmaler Grat, dachte sie. Ein grausamer und schwer zu beschreitender Grat. Kein Wunder, dass es für Nicoya so einfach gewesen war, zwei der fünf Bußpriester zu ködern. Kein Wunder, dass Magnus Trost bei ihr suchte. Aber …
Aber nach zwei Jahrhunderten, in denen er das alles allein mit sich ausgemacht hatte, durfte der Trost nicht halbherzig sein. Er musste sich vollkommen entblößen und alles riskieren, wenn er wieder zu der Ausgeglichenheit finden wollte, die er suchte.
»Würdest du mich gern fesseln?«, fragte sie ihn. »Oder soll ich es selbst tun?«
»Weder noch. Du wirst in dieser Sitzung nicht gefesselt.«
Sie drehte sich langsam um und blickte ihn an, dann stützte sie sich mit den Ellbogen auf das Sprungpferd und streckte sich, und sie bemerkte seinen erregten Blick, der über ihren ganzen Körper glitt.
»Was war dann dein Plan? Wolltest du, dass ich auf die Knie gehe?« Sie lächelte boshaft. »Dann hätten wir auch im Klassenraum bleiben können.«
Magnus trat vor sie hin, legte mit unterdrückter Wut seine zitternde Hand seitlich um ihren Hals und beugte sich über sie, sodass sich ihre Nasen fast berührten. Er durchbohrte sie mit seinem gold schimmernden Blick.
»Denkst du, das hier ist ein Witz?«, fragte er bedrohlich, und sein Atem jagte ihr einen heftigen Schauer über den ganzen Körper und bewirkte, dass ihre Brustwarzen sich zu kleinen harten Knoten zusammenzogen.
»Ich denke, du bist ein Witz«, entgegnete sie. »Mr Mad Bad und richtig gefährlich. Du laberst nur Scheiße.«
»Wie bitte?«
Daenaira konnte sich vorstellen, dass er es nicht gewohnt war, dass jemand so mit ihm redete. Sein Gesicht verdunkelte sich vor Zorn, und das bestätigte ihre Vermutung. Doch sie ließ sich nicht mehr einschüchtern von seinem unberechenbaren Temperament. Es war wie ein Sturm, der nie losbrach.
Sie war auf einen Wolkenbruch aus.
»Bist du taub?«, versetzte sie. »Ich habe gesagt, du laberst nur Scheiße.«
»Warum provozierst du mich?«, presste er zwischen den Zähnen hervor und verstärkte den Druck seiner Hand um ihren Hals.
»Tue ich das? Wozu soll ich dich denn provozieren?«
Die Antwort löste lichthelle Angst in ihm aus. Er ließ sie los und wich zurück. Sie beschloss, ihm zu folgen, auf Schritt und
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