Shadowdwellers: Magnus (German Edition)
seinen Gedanken auszuschließen, weil er nicht den gleichen Zugang zu ihrem Geist hatte wie sie zu seinem. Er hatte das Spielfeld zwischen ihnen auf eine Ebene bringen wollen, um nicht ständig schmerzhaft an die unausgewogene Bindung und an das unerwiderte Gefühl von Liebe erinnert zu werden. Und er wollte sie nicht mit dem belasten, was ihn belastete. Seine Sorgen, sein Druck und die ganzen Auswirkungen des beschädigten Rufs des Sanktuariums, was er sehr persönlich nahm – er spürte, dass das allein seine Probleme waren. Es war seine Strafe, dass er ertragen musste, was er unabsichtlich in seinem eigenen Haus hatte geschehen lassen. Unwissenheit war keine Entschuldigung. Er hätte über den Dingen stehen müssen. Besser sein müssen.
Daenaira dachte, er verlangte das Unmögliche. Von sich selbst und jetzt auch von ihr. Wollte er eine Partnerin in seinem Leben, jedoch nur für seine Zwecke? Dachte er, weil sie ihn nicht liebte, dass ihr alles egal war? Dass sie keine Gefühle hatte? Dass sie nicht verstehen konnte, was für eine Prüfung das für ihn war?
Dass sie ihm nicht anders helfen konnte, als seine körperlichen Bedürfnisse zu befriedigen in den Stunden vor dem Schlafengehen?
Magnus riss die Tür zu einem der fünf Zimmer auf, von denen jedes von dem jeweiligen Priester gestaltet worden war, der es nutzte. Er stieß sie hinein, und sie stolperte und fiel zu Boden. Als er die Tür hinter sich zuknallte, hörte sie das Klacken seiner fest besohlten Stiefel auf dem verschlungenen Fliesenmuster.
Sie war noch nie in einem Bußzimmer gewesen, und jetzt, während sie sich in der beeindruckenden Umgebung umsah, konnte sie verstehen, warum er half, die Sünde zu bekämpfen. Der Raum diente einem einzigen Zweck: der Bestrafung. Und während es eine altmodisch anmutende Sammlung von Peitschen und Ruten gab, die an einer Wand ihren Platz hatten, gab es andere, viel kreativere Möglichkeiten, Gehorsam zu fordern. Meistens lief es auf zwei Personen hinaus, den Büßer und den Priester. Es gab kein Entkommen, wie sie ebenfalls feststellte, als sie die verschiedenen Möglichkeiten sah, den Büßer zu fesseln.
Ihr Herz begann schneller zu schlagen vor Beklommenheit, als sie das sah. Das letzte Mal, dass sie gefesselt worden war, war noch in ihrem alten Leben gewesen, und obwohl es erst ein paar Wochen her war, hatte sie sich von dieser dumpfen und grausamen Existenz nur so weit entfernt, dass der Anblick von Handschellen und Ketten das panische Gefühl in ihr auslöste, als wäre sie wieder dorthin zurückgeworfen worden, wo sie einmal gewesen war. Sie versuchte das alles zu verdrängen, während sie vom Boden aus zusah, wie er mit kurzen, festen Schritten um sie herumging. Es war nicht zu übersehen, dass er versuchte sich zu beruhigen, doch er begriff nicht, dass sein Zorn tiefer ging und sich nicht nur gegen sie richtete und gegen die momentane Situation und dass dieser Zorn nicht weggehen würde, wenn er ihn nicht selbst überwand. Jedenfalls nicht, wenn er ihn verdrängte und so tat, als wäre er gar nicht da. Als sie sah, wie er mit sich kämpfte, erinnerte sie sich daran, warum sie das überhaupt tat, und wie immer schaltete sie auf stur, um diejenigen zu frustrieren, die sie bestrafen wollten. Unwillkürlich musste sie die Narbe in ihrem Nacken berühren, wo die Halsfessel deutliche Spuren hinterlassen hatte. Inzwischen war das Narbengewebe so weit verblasst, dass man es fast nicht mehr sehen konnte, doch sie konnte es noch immer deutlich spüren, und vor allem konnte sie sich daran erinnern.
Magnus stützte die Hände in die Hüften, während er auf und ab ging, und sie beobachtete ihn einen Augenblick lang argwöhnisch. Es dauerte jedoch nicht lange, bis sie nur noch ihn beobachtete. Es war schwer, nicht jede seiner Bewegungen zu bewundern. Sie hatte nicht oft Gelegenheit bekommen, seinen schönen männlichen Körper zu betrachten, doch sie war entschlossen, das zu ändern. Vielleicht wollte er sie dominieren, wie er auch sonst alles in seinem Leben zu kontrollieren versuchte, doch er würde immer wieder bitter enttäuscht werden. Sie war nicht so leicht zu bezähmen, und ihrer Meinung nach war das Letzte, was er brauchte, eine gefügige Partnerin, die ihn sich selbst überließ. Er musste begreifen, dass es keine Lösung war, die Dinge so zu handhaben, wie er es stets getan hatte. Die Dinge mussten sich ändern. Er war das Oberhaupt des Sanktuariums. Was er tat, wirkte sich auf alle Bereiche seines
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