Shadowdwellers: Magnus (German Edition)
hatte die ersten fünfunddreißig Jahre als Priester ohne Frau an seiner Seite verbracht. Damals war er zu dem Schluss gekommen, dass Sex im Widerspruch zu seinen Bestrebungen im Sanktuarium stand. Davor war er genau wie alle anderen auch erzogen worden, hatte sich vergnügt, wie jeder junge Mann es getan hätte, doch er war dazu bestimmt, ein Priester zu sein, und er hatte die Rolle übernommen, gleich nachdem er seinen Abschluss gemacht hatte. Von da an war keine Zeit mehr gewesen für Abenteuer und gewagte Spielereien.
Daenaira sah, wie ihm die Gedanken durch den Kopf wirbelten, hörte alles, was er dachte, spürte die pochende Erregung, die ihn mit jedem Pulsschlag verbrannte. Wenn sie nicht so schwer hätte atmen müssen, hätte sie die Luft angehalten. Es war ein dreistes, riskantes und verdammt gemeines Spiel, und der Schuss konnte auch nach hinten losgehen. Er war so besitzergreifend, ob er das bei seinen Handlungen nun wahrnahm oder nicht, und er kämpfte auch sehr darum, die Würde seines heiligen Hauses wiederherzustellen. Möglicherweise betrachtete er das als eine ungebührliche Sache für das Oberhaupt des Sanktuariums.
Oder er merkte vielleicht, was für eine Heuchelei das in Wirklichkeit war, und würde ein paar Hemmungen ablegen.
»Glaubst du wirklich«, fragte er leise und mit beinahe gefährlichem Unterton, während er mit den Fingerknöcheln über ihr Kinn und ihren Hals strich, »dass ich dich mit dem Rest der Welt teilen möchte?«
»Ich denke, du hast eine Klasse, die auf ihren Unterricht wartet, und ich denke, das hat eine größere Wirkung auf dich, als du mir gegenüber zugeben willst.«
Die verdammte Bindung. Das und die Tatsache, dass sie so, wie sie mit der Stirn an seinem Oberschenkel lag, seinen körperlichen Zustand genau sehen konnte. Er sah, wie sie langsam durch geblähte Nasenflügel einatmete, und sein Magen krampfte sich zusammen, als er bemerkte, dass sie seinen erregten Geruch einsog. Plötzlich konnte er sich das Szenario, das sie vorschlug, problemlos vorstellen.
»Der Unterricht.« Er musste innehalten, um sich zu räuspern. »Der Unterricht fällt heute aus.«
Daenaira setzte sich überrascht auf, und das Haar fiel ihr wirr auf die Schultern. Die Klasse beklagte sich geschlossen, doch ein vernichtender Blick aus goldenen Augen genügte, um sie zum Verstummen zu bringen. Als der letzte Schüler auf dem Gang verschwunden war, hakte Magnus sie unter, riss sie regelrecht vom Bett herunter und presste sie an sich, während sein Blick sie durchbohrte.
»Was soll das? Bist du so versessen darauf, dich vor den Schülern zu zeigen?«, fragte er. »Ich dachte, du hättest genug Öffentlichkeit gehabt, so wie Shiloh und Nicoya unsere Intimsphäre verletzt haben. Was? Hast du etwa herausgefunden, dass es dir gefällt, und jetzt vermisst du es?«
»Du Mistkerl!« Sie riss sich los und schlug ihm so schnell ins Gesicht, dass er es nicht kommen sah. »Wage es ja nicht, so mit mir zu reden!«
»Ich wage es sehr wohl, weil du nicht nachdenkst!«, schoss er zurück. Magnus fuhr sich mit der Zunge über die Innenseite der Lippe und schmeckte Blut. »Wenn du jemand anders wärst, würdest du dich dafür verantworten müssen.«
»Oh großartig, ich will dich nicht daran hindern«, fauchte sie, und ihr Gesicht und ihre Augen brannten vor Wut und vor Scham. »Sicher werde ich mich dafür verantworten!«
»Ist es das, was du willst? Du willst Buße tun?«
»Bestimmt ist das besser, als die ganze Zeit von dir nur noch mit Samthandschuhen angefasst zu werden.«
»In Ordnung. Den Wunsch kann ich dir erfüllen.«
18
Der Tempel selbst bestand aus drei Stockwerken, dem ersten Stock, dem Erdgeschoss am Eingang des Sanktuariums und dem zweiten Stock, der darunterlag. Buße wurde in den Räumen auf der untersten Ebene verhängt. Magnus zerrte sie am Arm, und sie musste auf Zehenspitzen gehen, damit sie mit seinem wütenden Tempo mithalten konnte.
Doch Daenaira hatte keine Angst vor ihm. Nicht im Geringsten. Obwohl ihre Gedanken voller Zorn waren, konnte sie unbewusst hören und fühlen, dass er überreagierte, dass er aber anscheinend nicht dagegen ankam. Sie beide wussten, dass sie nichts getan hatte, um Zeit mit ihm in einem Bußzimmer zu verdienen; selbst die Ohrfeige war in gewisser Weise verdient gewesen.
Doch es war dieses drängende Verlangen und Empfinden, das sie in dieser Woche nicht mehr bei ihm gespürt hatte. Er hatte alles, was er empfand, so stark unterdrückt, um sie aus
Weitere Kostenlose Bücher