Shadows Lost (Vampirkurzgeschichte) (German Edition)
Verräter und macht mit seinem Bruder gemeinsame Sache. Und nach allem, was passiert ist, tauchst du plötzlich aus dem Nichts auf und meinst, ich soll dir vertrauen. Das ist krank und armselig. Ausgerechnet du hast von dem Verräter …«
»Nein!«, unterbrach er sie barsch. »Du bist diejenige, die nicht versteht. Komm mit, dann beweise ich es dir.«
Cathrine lachte. Sie lachte, um ihre Angst und Unsicherheit zu verbergen. »Du glaubst wohl alles, was dir Verräter sagen. Ich hatte dich einmal für klüger gehalten. Gerade du, der geschworen hat, Annicius für immer zu vernichten, arbeitest mit ihm zusammen. Das kann doch alles nicht wahr sein.«
Mit diesen Worten hatte sie ihn getroffen. Seine Miene verhärtete sich. »Ich weiß wenigstens, wer meine Freunde und wer meine Feinde sind. Du kannst ja gehen. Dann wird Annicius dich finden und wahrscheinlich umbringen. Oder du kommst mit mir, und Shamash wird dir alles erklären. Du hast die Wahl.« Dann wandte er sich ab und lief ohne sie weiter.
Cathrine war selten sprachlos. Konsterniert stand sie da und sah ihm nach. Wem oder was sollte sie glauben? Zweifelnd blickte sie über ihre Schulter zurück zum Herrenhaus, anschließend zu Josua, der sich schon ein ganzes Stück entfernt hatte. Cathrine war hin- und hergerissen. Sie musste eigentlich gar nicht überlegen, denn ihre Neugier meldete sich zurück. Außerdem handelte es sich um Josua. Niemals würde er zulassen, dass ihr etwas passierte. So nahm sie das hoffentlich kleinere Übel in Kauf und wollte dem Verräter gegenübertreten. Womöglich würde Josua seinen Fehler einsehen und merken, dass er auf der falschen Seite stand. Außerdem war er ihr eine Erklärung schuldig. Wie war es ihm gelungen, in ihre Gedanken einzudringen? Cathrine atmete einmal tief durch und rannte schließlich Josua hinterher.
Am nächsten Morgen saßen Cathrine, Josua, Shamash und sogar Sari in einem Hotelzimmer in der Nähe von Oxford. Sie konnte es immer noch nicht glauben. Der junge Nuskukrieger lebte und erfreute sich bester Gesundheit. Shamash und Sari saßen an einem kleinen Tisch, Cathrine neben Josua auf dem Bett. Schon mehrmals hatte der ältere Vampir versucht, sich bei ihr zu entschuldigen, bisher erfolglos. Sie vertraute ihm nicht, ganz im Gegensatz zu Josua und Sari. Die drei benahmen sich zu ihrem Verdruss ihm gegenüber wie Freunde.
»Noch einmal von vorne«, forderte Cathrine Shamash heraus, der ihr schon während der Autofahrt hierher die Sache erzählt hatte. Für sie ergaben seine Worte jedoch einfach keinen Sinn.
»Ich habe dir absichtlich meine wahren Pläne verschwiegen«, setzte er an und klang seltsamerweise enttäuscht. „Mein Bruder Annicius ist stärker als ich. Er besitzt alleine die Gunst von Rabisu. Und wenn ich eines mit Bestimmtheit weiß, dass er Methoden besitzt, um aus jedem noch so sturen Kopf die Wahrheit herauszupressen. Er hätte sofort gemerkt, dass du ihm etwas verschweigst. So war es für uns alle sicherer.«
»Und alles auf meine Kosten!« In Cathrines Blick flackerte pure Verachtung. »Was sollte das Gerede von einem besondern Artefakt? Und welches Teufelszeug habt ihr mir gespritzt? Und nach allem, was war, verlangst du von mir, dass ich dir glaube? Du stehst in seinem Dienst!«
»Cathrine …«, meldete sich unerwartet Sari zu Wort. Dieses Mal verzichtet er auf die höfliche Anrede, denn nun saßen sie sprichwörtlich alle in einem Boot. »Du musst ihm glauben. Wir haben jahrelang an diesem Plan gearbeitet und …«
» Du ganz bestimmt nicht.«
Sari seufzte. »Ja, ich nicht«, gab er zähneknirschend zu, denn ihm war sein junges Alter peinlich. »Aber ich kann dir versichern, dass wir Nuskuanhänger nicht irgendeinen Dahergelaufenen zu unserem Oberpriester ernennen … und schon gar nicht einen Schattenvampir. Falls du es vergessen haben solltest … Annicius ist unser aller Feind. Mein Meister sagt die Wahrheit.«
Cathrine hob die Hand und brachte ihn damit zum Schweigen. Das alles war so absurd, so unglaublich falsch. Und ausgerechnet Josua hatte sich für die falsche Seite entschieden. Aber hatte er das wirklich? Allmählich beschlichen Cathrine Zweifel. Ihr Blick wanderte von Sari zu Josua, dann zu Shamash. Letzterer sah immer noch geknickt aus. Er schien seinen Fehler offensichtlich zu bereuen. Ein merkwürdiges Bauchgefühl sagte ihr, dass seine Reue nicht gespielt war. Aber der ausschlaggebende Punkt, wieso sie nicht einfach ging, sondern immer noch in diesem Zimmer saß und auf
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