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Shaman Bond 04 - Liebesgrüsse aus der Hölle

Titel: Shaman Bond 04 - Liebesgrüsse aus der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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konnte.
    Ich ging die enge Straße herunter in Richtung des Hauptlabors. Ich war immer noch auf der Hut. Gänsehaut überzog meinen Arm in Erwartung eines Angriffs, den ich nicht würde kommen sehen. Von einer versteckten Position aus, oder vielleicht seitens eines automatischen Verteidigungssystems wie dem äußeren Energiefeld. Das Geräusch meiner schweren Füße, die auf den Boden stampften, trug in der Stille weit, und meine goldene Rüstung glänzte hell genug unter der heißen Sonne, aber in den Straßen zwischen den niedrigen Gebäuden bewegte sich immer noch nichts. Nichts außer mir.
    Das Summen der Fliegen wurde lauter.
    Ich bog um eine Ecke, und weiter vorn auf der Straße vor mir waren ein paar vage schwarze Formen zu sehen. Ich konnte nicht erkennen, was es war, bis ich nah genug herankam, um die schwarze Decke von Fliegen aufzustören. Sie flogen auf und ließen die Leichen zurück. Es waren Dutzende, die sich die ganze Straße entlangzogen. Ich sah mich um, kontrollierte die Seitenstraßen, und überall waren Leichen. Dunkle, verkrümmte Gestalten, begraben unter Myriaden von Fliegen. Die toten Männer und Frauen lagen allein da, zu zweit, zu dritt und in großen aufgetürmten Haufen. Ich zwang mich weiterzugehen, und die Fliegen summten jetzt ärgerlich um mich herum, laut und brutal. Ich ging um Leichen herum, trat über sie hinweg, einige in Schwarzgold gekleidet, andere ganz klar Wissenschaftler und Arbeiter. Ihre zerrissenen Kleider waren blutgetränkt, ihre Wunden schrecklich. Fliegen krochen über sie hinweg, flogen auf, wenn ich näher kam, und setzten sich wieder, nachdem ich vorbeigegangen war.
    Der ganze Ort glich Jonestown, Guyana, nach dem Massenselbstmord - jeder war tot. Nur hatten sich hier die Leute nicht selbst umgebracht, sie hatten sich gegenseitig getötet. Ich trat von einer Straße in die andere, und überall lagen Tote, gemetzelt und abgeschlachtet. Ich kniete mich nieder, um einige der Leichen zu untersuchen, und wedelte die Fliegen mit einer goldenen Hand fort. Sie hingen neben mir in der Luft und summten wütend, waren aber nicht gewillt, meiner Rüstung zu nahe zu kommen. Ich prüfte das Ausmaß und den Ursprung der Wunden mit meinen goldenen Fingern. Ich musste mir um Infektionen keine Sorgen machen, solange ich meine Rüstung nicht herunterfuhr. Doch plötzlich wurde der Gestank von vergossenem Blut, herausgequollenen Innereien und so vielen toten Menschen zu viel für mich. Ich schloss die Sensoren der Maske. Ich wagte nicht einmal, die Rüstung solange herunterzufahren, um mich zu übergeben. Ich straffte mich und trat von den Leichen zurück.
    Mir war übel, im Magen und in der Seele. Ich hatte hier, im Dorf der Toten, nichts zu suchen. Ich wollte mich umdrehen, weglaufen, zur Hölle noch mal, einfach verschwinden und diesen Wahnsinn hinter mir lassen. Leute sollten solche Dinge nicht sehen und sie erst recht nicht tun. Aber ich war Agent im Feld, und ich hatte etwas zu erledigen. Ich konnte später schwach sein, wenn ich die Zeit dazu fand. Und falls ich später Albträume hatte; nun, so war der Job eben manchmal. Etwas Schreckliches war hier passiert, und ich musste herausfinden, wie und was, um sicherzugehen, dass es nie wieder passieren würde. Pflicht und Verantwortung haben ihren Nutzen - sie lassen uns da weitermachen, wo Mut vielleicht nicht genug ist.
    Ich zwang mich, den Gestank wieder hereinzulassen. Er war gar nicht so schlimm, wenn man wusste, was kam. Und so schlimm es zweifellos auch war, es war nur wenig akuter Verfall. Blut und Eingeweide, ja, aber wenig Fäulnis und Zerfall. Wenn man die intensive Hitze der Sonne mit einbezog, konnte dieses Gemetzel noch nicht allzu lange her sein. Das war ein Massaker, das erst kürzlich geschehen war. Wer oder was auch immer das hier angerichtet hatte, ich hatte es nur knapp versäumt.
    So viele Tote. Dutzende, vielleicht Hunderte. Ich legte einen Panzer um mein Herz und konzentrierte mich auf die Tatsachen. Das war der einzige Weg, den Verstand nicht zu verlieren. Ich ging langsam und stetig vorwärts; die Fliegen schwappten um mich herum und summten hungrig. Aus der Natur der Wunden zu schließen, hatten diese Leute aufeinander eingeschossen, bis sie keine Kugeln mehr gehabt hatten, dann waren sie mit Macheten und Äxten aufeinander losgegangen, mit allen möglichen improvisierten Waffen, und schließlich auch mit ihren bloßen Händen. Leergeschossene Gewehre mit zerschmetterten Kolben lagen fortgeworfen überall

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