Shannara II
wollte.
Amberle überdachte Wils Argumentation, dann nickte sie widerstrebend.
»Also gut. Aber ich werde dafür sorgen, daß du dein Versprechen hältst, Wil.«
Die Augen der jungen Leute trafen sich.
»Dann ist es abgemacht«, entschied Wil und wandte sich wieder an den Jungen. »Wir müssen jetzt los, Perk. Wir schulden dir großen Dank.«
Er nahm die schwielige Hand des Elfenjungen und drückte sie lange und fest.
»Leb wohl«, sagte Amberle und beugte sich zu Perk hinunter, um ihn auf die Wange zu küssen.
Der Junge errötete und senkte die Lider.
»Leb wohl, Amberle. Viel Glück.«
Mit einem letzten Winken machten sich Wil und Amberle auf den Weg den Hang hinunter in die Wildnis des ausgedehnten Waldes. Perk blickte ihnen nach, bis sie außer Sichtweite waren.
Kapitel 26
In den frühen Abendstunden des zweiten Tages nach dem Aufbruch von Wil und Amberle aus Arborlon saß Eventine allein in seinem Studierzimmer, den Kopf grübelnd über Landkarten geneigt, die aufgeschlagen vor ihm auf dem Schreibtisch lagen. Draußen fiel in langen grauen Schnüren der Regen, so wie er nun schon seit zwei Tagen niederging und die Wälder des Elfenlandes überflutete. Schon stahlen sich die Schatten des Abends ins Zimmer, fielen lang und dunkel durch die hohen Fenster.
Manx lag zusammengerollt zu Füßen seines Herrn. Der zottige graue Kopf ruhte auf den Vorderpfoten, der Atem ging tief und regelmäßig.
Der alte König hob den Kopf von seiner Arbeit und rieb sich die von Müdigkeit geröteten Augen. Zerstreut blickte er durch das Zimmer, dann rückte er seinen Sessel vom Tisch weg. Allanon mußte eigentlich längst hier sein, dachte er besorgt. Es gab noch so viel zu tun, so vieles, was ohne die Hilfe des Druiden nicht geschafft werden konnte. Eventine hatte keine Kenntnis davon, wo der große Alte sich diesmal hinbegeben hatte; er war am frühen Morgen aufgebrochen und seitdem nicht mehr gesehen worden.
Der König starrte in den Regen hinaus. Seit drei Tagen nun arbeitete er mit dem Druiden und den Mitgliedern des Hohen Rates an den Verteidigungsplänen für das Elfenland, denn sie alle wußten, daß eine Verteidigung notwendig werden würde. Die Zeit zerrann ihnen förmlich zwischen den Fingern. Der Ellcrys siechte immer mehr dahin, die Mauer der Verfemung wurde immer brüchiger. Jeden Tag erwartete der König zu hören, daß beide gefallen waren, daß die gefangenen Dämonen sich in Freiheit befanden und die Invasion des Westlandes begonnen hatte. Das Elfenheer war in Alarmbereitschaft versetzt worden: Fußsoldaten und Reiterei; Leibgarde und Schwarze Wache; reguläres Heer und Reservetruppen. Der König hatte gerufen, und alle Männer, die nicht durch Alter oder Gebrechen daran gehindert wurden, waren seinem Ruf gefolgt, hatten ihr Heim und ihre Familien verlassen und waren in Scharen nach Arborlon geströmt, um sich zum Kampfe ausrüsten zu lassen. Doch der König war sich bewußt, daß auch die wilde Entschlossenheit des Elfenheeres nicht ausreichen würde, einem Angriff der Dämonen zu widerstehen, wenn es den Mächten des Bösen einmal gelungen war, sich zu befreien und zum Kampf zu vereinen. Allanon hatte ihm das prophezeit, und Eventine war klug genug, diese Vorhersage des Druiden, so bitter sie sein mochte, nicht in Zweifel zu ziehen. Die Dämonen verfügten über größere körperliche Kräfte als die Elfen; und sie waren den Elfen an Zahl überlegen. Grausame, tollwütige Geschöpfe, von einem Haß getrieben, der am Tag ihrer Verbannung aufgeflammt war und sich auf jene konzentrierte, die die Verbannung herbeigeführt hatten. Jahrhundertelang hatte nur der Haß sie aufrechterhalten, und jetzt würde dieser Haß sich Bahn brechen. Eventine gab sich keinen Illusionen hin. Wenn den Elfen nicht von anderer Seite noch geholfen wurde, würden die Dämonen sie alle vernichten.
Es wäre töricht gewesen, sich allein auf Amberle und das Samenkorn des Ellcrys zu verlassen. Der Gedanke mochte noch so schmerzlich sein, Eventine wußte, er mußte sich mit dem Gedanken vertraut machen, daß er seine Enkelin vielleicht nie wiedersehen würde. Schon vor ihrer Rückkehr nach Arborlon hatte der König Boten an die anderen Rassen ausgesandt, um diese zu bitten, mit den Elfen gegen das Böse anzugehen, das sein Land bedrohte, das letztlich sie alle vernichten würde. Die Boten waren nun schon seit mehr als einer Woche unterwegs; keiner war bisher zurückgekehrt. Es war in der Tat noch zu früh, eine Antwort von den
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