Shannara II
konnten und wollten anderswo nicht leben. Der Mensch hingegen konnte überall leben; er war anpassungsfähiger. Ob Wälder oder Flüsse, ob Berge oder Täler - er nahm alles für sich in Anspruch. Und so breitete sich die Menschheit ganz natürlich und ohne Schwierigkeiten immer weiter aus, während ihre Zahl immer stetig zunahm. Der Mensch paßte sich jeder Veränderung der Umwelt an. Die Elfen und ihre Brüder widerstanden jeder Veränderung.«
Allanon schwieg. Dann lächelte er schwach und sagte: »Es gab eine Zeit, Wil Ohmsford, da hatte das Leben in der alten Welt viel mit dem heutigen Leben gemein. Das war damals, als die Menschen ihr Leben so ähnlich gestalteten, wie es die heutigen Rassen tun. Überrascht dich das?«
Wil nickte. »Ja, ein bißchen schon.«
Der Druide schüttelte den Kopf.
»Aber es hat eine solche Zeit gegeben. Und damals hätten die Elfen sich zeigen und sich mit den Menschen zusammentun sollen, um gemeinsam ihre Welt zu gestalten. Doch sie unterließen es - ebenso wie ihre Brüder. Sie zogen es vor, weiterhin in ihren Wäldern versteckt zu leben und Beobachter zu bleiben, da sie glaubten, die Entwicklung der Menschheit könne ihre Existenz nicht beeinflussen. Sie erkannten nicht die Bedrohung für sich. Die Menschen besaßen keine Zauberkräfte und wirkten auch nicht zerstörerisch - damals jedenfalls nicht. Kurz und gut, die Elfen hielten an ihrer Politik der Isolation fest und bildeten sich törichterweise ein, es könnte immer so bleiben. Das war ihr Verderben. Die menschliche Bevölkerung der Erde wuchs und wuchs und entwickelte sich immer weiter. Im Lauf der Zeit entdeckte der Mensch die Existenz der Elfen und ihrer Brüder. Doch da die Zauberwesen es vorzogen, weiter im Verborgenen zu leben, weckten sie das Mißtrauen der Menschen. Man betrachtete sie als unheilbringende Geschöpfe, die andere bespitzelten und sich gegen sie verschworen, als boshafte Geschöpfe, die sich einen Spaß daraus machten, allerhand Schabernack zu treiben und den hart arbeitenden Menschen das Leben noch schwerer zu machen. Ein Körnchen Wahrheit lag in diesen Beschuldigungen. Einige dieser Geschöpfe spielten den Menschen tatsächlich mit Vergnügen üble Streiche, aber im großen und ganzen war ihr schlechter Ruf unverdient.
Nun, die Elfen und ihre Brüder ignorierten einfach die schlechte Meinung, die die Menschen von ihnen hatten. Was die Menschen von ihnen dachten, kümmerte sie nicht. Ihre einzige Sorge galt der Erhaltung und Bewahrung des Landes und der Wesen, die von ihm lebten, und dieser Aufgabe konnten sie trotz der unfreundlichen Gefühle, die die Menschen ihnen entgegenbrachten, weiterhin ungehindert nachgehen.
Doch auch da trat allmählich eine Änderung ein. Die Zahl der Menschen wuchs immer schneller, die Menschheit breitete sich weiter aus, man baute Städte und Festungen, man umsegelte die Welt, um neues Land zu entdecken, man rückte der Wildnis rundum zu Leibe, um sie urbar zu machen. Die Menschen begannen, das Land zu verändern, gaben ganzen Landstrichen ein neues Gesicht, indem sie das Land kultivierten. Die Elfen mußten immer tiefer in die Wälder zurückweichen, während die Menschen mit Äxten und Sägen stetig nachrückten. Alle Zauberwesen sahen durch diese Expansion plötzlich ihren Lebensraum bedroht und wurden immer weiter zurückgedrängt, bis es für einige schließlich keine Heimat mehr gab.«
»Aber versuchten sie denn nicht, sich den Eindringlingen zu widersetzen?« fragte Wil.
»Dafür war es schon zu spät«, antwortete Allanon mit einem bitteren Lächeln. »Als es soweit gekommen war, waren viele der Zaubervölker schon ausgestorben - einige, weil sie einfach nicht genug Nachkommen gezeugt hatten, andere, weil sie unfähig waren, sich einer veränderten Umwelt anzupassen. Jene, die übrigblieben, waren nicht mehr in der Lage, sich zusammenzuschließen, wie sie das einstmals getan hatten; Hunderte von Jahren waren seit dem Krieg mit den bösen Mächten vergangen, und die Zaubervölker hatten sich überall auf der Erde verstreut und die Verbindung miteinander wie untereinander verloren. Das schlimmste Unglück aber war, daß ihre Zauberkräfte erloschen waren. Als die bösen Mächte noch mit ihren Zauberkräften die Erde zu zerstören gesucht hatten, waren gute Kräfte der Magie nötig gewesen, dem Widerpart zu bieten. Doch als die bösen Mächte von der Erde verbannt waren, bestand keine Notwendigkeit mehr, Zauberkräfte einzusetzen. Und mit der Zeit gingen die
Weitere Kostenlose Bücher