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Shannara V

Titel: Shannara V Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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hatten …
    »He, Mister«, rief eine Stimme.
    Er schaute ruckartig auf; der Junge war wieder am Tor. Ein älterer Junge stand neben ihm. Es war der zweite Junge, der sprach, ein stämmiger Bursche mit borstigem, rotem Haar. »Föderationssoldaten haben die alten Damen vor mehreren Wochen weggeholt und in die Arbeitshäuser gebracht. Hier wohnt jetzt keiner mehr.«
    Dann waren sie fort, wie vom Erdboden verschluckt wie zuvor. Morgan starrte hinter ihnen her. Sagte der Junge die Wahrheit? Der Hochländer entschied, daß es so war. Gut und schön. Jetzt hatte er eine Kleinigkeit in der Hand, von der er ausgehen konnte. Er wußte, wo er mit der Suche beginnen konnte.
    Er stand auf, ging die Auffahrt hinunter und durch das Tor. Er folgte der verrotteten Straße, die sich durch die Dämmerung zum Zentrum des Dorfes schlängelte. Die Wohnhäuser gingen in Läden und Geschäfte über, die Straße verbreiterte sich und teilte sich in mehrere Richtungen. Morgan umging das Geschäftszentrum und beobachtete, wie der Himmel dunkel wurde und die Sterne erschienen. Fackeln beleuchteten die Hauptstraße, doch auf den Gassen und Pfaden, denen er folgte, fehlten sie. Stimmen wisperten in der Stille, undeutliche Geräusche, die keinen Sinn ergaben, murmelnd, als fürchteten die Sprecher, verstanden zu werden. Die Häuser änderten ihren Charakter, wurden gepflegt und sauber, die Gärten gestutzt und gehegt. Föderationshäuser, dachte Morgan, den Zwergen gestohlen - von den Opfern bedient. Er hielt seine Bitterkeit in Schach und konzentrierte sich auf die Aufgabe, die vor ihm lag. Er wußte, wo die Arbeitshäuser lagen und welchen Zweck sie erfüllten. Die Frauen, die dorthin gebracht wurden, waren zu alt, um als Sklaven verkauft zu werden, doch kräftig genug, um Knechtarbeit wie Waschen und Flicken und dergleichen zu erledigen. Die Frauen waren den Föderationsbaracken zugewiesen und gezwungen, den Bedürfnissen der Garnison zu genügen. Wenn jener Junge die Wahrheit gesagt hatte, dann war es das, was Elise und Jilt zu tun hatten.
    Morgan erreichte die Arbeitshäuser wenige Minuten später. Fünf davon standen parallel zueinander, niedrige, lange Gebäude mit Fenstern auf beiden Seiten und Türen an jedem Ende. Die Frauen, die darin arbeiteten, wohnten gleichzeitig auch dort. Pritschen, Decken, Waschschüsseln und Nachttöpfe wurden ihnen zur Verfügung gestellt und nachts unter den Arbeitstischen hervorgezogen. Steff hatte Morgan einmal zu einem Fenster geführt, und er hatte hineingeschaut. Einmal hatte ihm gereicht.
    Morgan stand im Schatten eines Lagerschuppens auf der anderen Seite und durchdachte gründlich, was er tun würde. Wachen standen vor allen Eingängen und patrouillierten über die Wege und Flächen. Die Frauen in den Arbeitshäusern waren Gefangene. Es war ihnen nicht erlaubt, die Gebäude aus irgendeinem Grund zu verlassen, es sei denn wegen Krankheit oder Tod oder auch einer wohlwollenderen Form von Freistellung - wobei letzteres so gut wie nie vorkam. Sie durften hin und wieder Besuch empfangen und wurden dabei streng überwacht. Morgan erinnerte sich nicht mehr, wann Besuchszeit war. Außerdem spielte das auch keine Rolle. Es machte ihn wütend, wenn er daran dachte, daß Elise und Jilt an so einem Ort gefangengehalten wurden. Steff hätte nicht gezögert, sie zu befreien, und er auch nicht.
    Aber wie sollte er hineinkommen? Und wie sollte er Elise und Jilt herausbringen, wenn er einmal drin war?
    Es war hoffnungslos. Es gab keine Möglichkeit, sich ungesehen den Arbeitshäusern zu nähern und sowieso keine Möglichkeit, zu wissen, in welchem der fünf Gebäude die beiden alten Damen gefangengehalten wurden. Er mußte wesentlich mehr herausfinden, ehe er daran denken konnte, einen Rettungsversuch zu unternehmen. Es war nicht zum ersten Mal, seit er die Drachenzähne verlassen hatte, daß er wünschte, Steff wäre bei ihm, um ihn zu beraten.
    Schließlich gab er es auf. Er ging hinunter ins Dorfzentrum, nahm ein Zimmer in einem der Gasthäuser, die Händler und Geschäftsleute aus dem Südland beherbergten, nahm ein Bad, um den Dreck abzuwaschen, wusch auch seine Kleider und ging zu Bett. Er lag wach und dachte an Elise und Jilt, bis der Schlaf ihn schließlich übermannte.
    Als er am nächsten Morgen erwachte, wußte er, was er zu tun hatte, um sie zu retten.
    Er kleidete sich an, frühstückte im Speisesaal des Gasthauses und machte sich auf. Was er vorhatte, war riskant, aber dagegen war nichts zu machen.

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