Shannara V
herschaffen und die Angelegenheit hinter uns bringen!«
Er klappte das Namensregister auf, während Morgan ihm über die Schulter schaute, und stellte fest, daß Elise und Jilt im Arbeitshaus Nummer vier untergebracht waren. Hastig füllte er einen Entlassungsschein für die Arbeitshauswache aus. Als er den Adjutanten losschicken wollte, um die alten Damen zu holen, bestand Morgan darauf, daß er selbst mitginge.
»Nur, um sicher zu sein, daß es keine weiteren Mißverständnisse mehr gibt, Kapitän«, erklärte er. »Immerhin muß ich gegenüber Major Assomal dafür geradestehen.«
Der Wachkapitän widersprach nicht, weil ihm offensichtlich daran lag, die Angelegenheit so schnell wie möglich zu erledigen, und Morgan ging mit dem Adjutanten hinaus. Die Nacht war still und angenehm warm. Morgan war es fast fröhlich zumute. Sein Plan, Risiko hin oder her, schien zu klappen. Sie überquerten das Gelände zum Gebäude vier, präsentierten den Wachen, die vor der Tür postiert waren, den Entlassungsbefehl und warteten, bis sie ihn durchgelesen hatten. Dann schlossen die Wachen die Türen auf und winkten sie hinein. Morgan und der Adjutant stießen die schweren Holztüren auf und traten ein.
Das Arbeitshaus war vollgestopft mit Arbeitstischen und Leibern. Es roch nach Schweiß und verbrauchter Luft. Staub lag überall, die Lampen beleuchteten die schmutzigen, ungetünchten Wände. Die Zwergenfrauen kauerten auf dem Fußboden, hielten Suppenschüsseln und Brotstücke in der Hand und beendeten ihr Abendessen. Köpfe und Augen drehte sich hastig zu den beiden Föderationssoldaten und wandten sich ebenso hastig wieder ab. Morgan entging der unmißverständliche Ausdruck von Angst und Abscheu nicht.
»Rufen Sie sie auf«, befahl er dem Adjutanten.
Der Adjutant tat, wie geheißen. Seine Stimme hallte durch den kellerartigen Saal, und am hinteren Ende rappelten sich zwei gebeugte Gestalten auf die Füße.
»Und jetzt warten Sie draußen auf mich«, forderte Morgan.
Der Adjutant zögerte und verschwand dann durch die Tür. Morgan wartete ungeduldig, bis Elise und Jilt sich mühsam den Weg zwischen den Leibern, Bänken und Pritschen hindurch bis zu der Stelle, an der er stand, gebahnt hatten. Er konnte sie kaum wiedererkennen. Ihre Kleider waren zerlumpt. Elises feines, graues Haar war ungepflegt und sah aus, als sei es ausgefranst. Jilts Vogelgesicht war verbissen und spitz. Sie waren mehr als nur vom Alter gebeugt, und sie bewegten sich so langsam, als verursache es ihnen Schmerzen, auch nur zu laufen.
Sie traten mit gesenktem Blick vor ihn und blieben stehen.
»Elise«, sagte er leise. »Jilt.«
Sie schauten langsam auf, und ihre Augen weiteten sich. Jilt hielt den Atem an. »Morgan!« flüsterte Elise erstaunt. »Junge, bist du es?«
Er beugte sich schnell hinunter und nahm sie in die Arme und drückte sie an sich. Sie sackten in seine Arme wie Stoffpuppen, die keine eigene Kraft besitzen, und er hörte, wie sie beide zu weinen begannen. Hinter ihnen starrten die anderen Zwergenfrauen sie verwirrt an.
Morgan stellte die beiden Greisinnen sanft auf die Füße. »Hört genau zu«, sagte er leise. »Wir haben wenig Zeit. Ich habe den Wachkapitän ausgetrickst, so daß er euch in meine Obhut entläßt, aber er kann mir auf die Schliche kommen, wenn wir ihm die Gelegenheit dazu geben, also müssen wir uns sputen. Gibt es einen Ort, wo ihr euch verstecken könnt? Wo man euch nicht findet?«
Jilt nickte mit entschlossener Miene. »Der Widerstand wird uns verstecken. Wir haben noch immer Freunde.«
»Morgan, wo ist Steff?« unterbrach Elise.
Der Hochländer zwang sich, ihrem fragenden Blick standzuhalten. »Es tut mir leid, Elise. Steff ist tot. Er wurde im Kampf gegen die Föderation in den Drachenzähnen getötet.« Er sah den Schmerz in ihren Augen. »Teel ist ebenfalls tot. Sie war es, die Steff getötet hat. Sie war leider nicht, was wir alle angenommen hatten. Sie war ein Schattenwesen, ein Geschöpf finsterer Magie, das mit der Föderation im Bunde stand. Sie hat auch euch verraten.«
»Oh, Steff«, flüsterte Elise geistesabwesend. Sie weinte wieder.
»Die Soldaten haben uns gleich nach eurer Abreise geholt«, berichtete Jilt zornig. »Sie haben die Kinder fortgebracht und uns in diesen Käfig gesperrt. Ich wußte, daß irgend etwas schiefgegangen war. Ich dachte, sie hätten euch ebenfalls erwischt. Verdammt, Morgan, dieses Mädchen war wie eine von uns!«
»Ich weiß, Jilt«, erwiderte er in Erinnerung
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