Shannara V
der Bücher erneut und die Struktur ihrer Einbände. Etwas war dort, etwas, das ihm entgangen war. Er schloß die Augen und versuchte, es sich vorzustellen. Er verfolgte noch einmal alles, was geschehen war, erzählte es sich selbst im Geiste, die ganze Abfolge der Geschehnisse. Er suchte es, während er allein in diesem Raum stand, eingehüllt in Schatten und Stille, und spürte, daß die Konturen seiner Verwirrung zu verschwinden begannen. Er hörte Geräusche, die neu und willkommen waren und ihm etwas zuzuflüstern begannen. Er ging tiefer in sich und streckte sich nach den dunkleren Stellen aus, an denen Geheimnisse verborgen lagen. Seine Magie erhob sich, um ihn willkommen zu heißen. Er konnte alles erkennen, wenn er hart und lange genug danach suchte, sagte er sich. Er tauchte in den ruhigsten, stillsten Teil seines Selbst und ließ alles andere von sich abfallen.
Was hatte er übersehen?
Wer auch immer den Grund und das Recht haben wird, sollte es zu seinem angemessenen Ende führen. Seine Augen öffneten sich schlagartig. Seine Hand strich langsam und tastend an seinem Körper aufwärts. Seine Finger fanden, was sie gesucht hatten, sorgfältig verborgen in seiner Kleidung, und sie schlossen sich fest darum.
Der Schwarze Elfenstein.
Er umfaßte den Talisman schützend, während sein Geist überschwemmt wurde von neuen Möglichkeiten. Dann eilte er davon.
Shannara 15
Die Verfolgten
von Shannara
Kapitel 48
Wren Ohmsford und ihre Begleiter kauerten sich schweigend in die Dunkelheit der Tunnel unterhalb des Keel, während die Eule irgendwo vor ihnen leise hantierte. Er schlug einen Feuerstein gegen Fels, um mit einem Funken die pechumkleidete Fackel entzünden zu können, die auf seinem Knie lag. Die Magie, die den Tunnel erleuchtet hatte, als Wren in die Stadt kam, war verschwunden, sie war jetzt mit Arborlon und den Elfen im Loden eingeschlossen. Triss war der letzte gewesen, der in den Tunnel gekommen war, nachdem er Ellenroh von der Brücke heruntergetragen hatte. Er hatte die Tür fest hinter ihnen geschlossen und sie so von dem Wahnsinn, der draußen tobte, ausgeschlossen, gleichzeitig waren sie aber auch der Hitze des Gestanks von Killeshans Feuern ausgeliefert.
Ein Funke glomm in der Dunkelheit vor ihnen, und eine lohfarbene Flamme wurde flackernd lebendig und warf ringsum Schatten. Ihre Köpfe wandten sich der Stelle zu, von wo sich die Eule von den Knien erhob.
»Beeilt euch«, flüsterte er ihnen mit rauher und drängender Stimme zu. »Die dunklen Wesen werden nicht lange brauchen, bis sie diese Tür gefunden haben.«
Sie hasteten geduckt hinter ihm her, Eowen, Dal, Gavilan, Wren, Garth und Triss, der Ellenroh trug. Cort bildete den Schluß. Mit der Beharrlichkeit von Maulwürfen, die sich in die Erde hinabgraben, folgten ihnen in der Ferne das Heulen und die Schreie der Dämonen. Schweiß perlte auf Wrens Haut, denn die Hitze des Tunnels war intensiv und nahm ihr den Atem. Sie rieb sich die Augen, blinzelte die klebrige Feuchtigkeit fort und bemühte sich, Schritt zu halten. Ihre Gedanken schweiften ab, während sie sich vorwärts arbeitete. Sie sah wieder Ellenroh vor sich, wie sie in der Mitte des Brückenkopfes gestanden, die Magie des Loden angerufen und damit das Licht hervorgebracht hatte, das ganz Arborlon aufgenommen und in die schimmernden Tiefen des Steins getragen hatte. Wren hatte sehen können, wie die Stadt verschwunden war, davongetragen, als sei sie nie gewesen - Gebäude, Menschen, Tiere, Bäume, Gras, alles. Jetzt hatte sie die Verantwortung für Arborlon. Es war ihre Aufgabe, es zu beschützen, geborgen in einer Magie, die nur so stark war wie die neun Männer und Frauen, denen sie überantwortet worden war.
Wren schob sich an herabhängenden Wurzeln und Spinnweben vorbei, und die Ungeheuerlichkeit der Aufgabe lastete auf ihr wie ein Gewicht. Sie fühlte sich sehr allein, und sie war nicht die stärkste, wie sie wußte. Doch irgendwie konnte sie sich des Gefühls nicht erwehren, daß die Verantwortung letztendlich allein bei ihr lag und daß sie zu der Aufgabe Allanons gehörte, derentwegen sie auf der Suche nach den Elfen hierhergekommen war.
Sie schüttelte das Gefühl ab und stolperte in ihrem eifrigen Bemühen, Schritt zu halten, gegen Gavilan.
Auf einmal erbebte die Erde.
Der kleine Trupp hielt inne. Alle senkten schutzsuchend ihre Köpfe, als ein Sandschauer von der Decke des Tunnels herabbröckelte. Der Boden erschauerte erneut, das Beben steigerte sich immer
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