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Shannara V

Titel: Shannara V Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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näherte, zerfasert, verschlissen und abgenutzt, ein diffuses Schimmern von Farbe und Licht. Dennoch war sie entschlossen, den Fäden zu folgen, die in seinem Sog hängengeblieben waren, dünne Reste des Glanzes, der eines Tages zu dem Wandteppich führen würde, aus dem sie sich gelöst hatten.
    Finde die Elfen, und bringe sie zurück in die Welt der Menschen.
    Sie würde es versuchen.
    Rette mein Volk, und gib ihm eine neue Chance zu leben.
    Ja, auch diesmal, sie würde es versuchen.
    Und während sie es versuchte, würde sie für sich vielleicht einen Weg finden zu überleben.
    Sie döste eine Weile, mit dem Rücken gegen die Klippenwand gelehnt, die Beine an die Brust hinaufgezogen und die Arme schützend über die polierte Vollkommenheit des Ruhkstabes geschlungen. Faun schlief zu ihren Füßen in den Falten ihrer Decke, und Stresa lag als gestaltloser Ball zusammengerollt in den Schatten einer Felsennische. Sie bemerkte Bewegung ringsum, während die Zeit voranschritt. Sie überlegte sogar, die nächste Wache zu übernehmen, ließ den Gedanken aber wieder fallen. Sie hatte in den letzten zwei Nächten wenig geschlafen und mußte ihre Kräfte zurückgewinnen. Es war noch Zeit genug, in einer anderen Nacht die Wache zu übernehmen. Sie legte ihre Wange auf ihre Knie und verlor sich in der Dunkelheit hinter ihren Augenlidern.
    Später in der Nacht - sie war sich nicht sicher, wann genau es war - wurde sie von dem rauhen Kratzen eines Stiefels auf Fels geweckt, als sich jemand näherte. Sie hob leicht den Kopf und spähte unter dem Schutz ihrer Decke hervor. Die Nacht war schwarz und dick von Vog verhangen. Der Dunst kroch den Berghang hinab und setzte sich auf dem Sims ab wie eine Schlange auf der Jagd. Eine Gestalt tauchte aus der Dämmerung auf und kauerte sich mit schnellen und verstohlenen Bewegungen in ihrer Nähe wieder hin.
    Wrens Hand griff langsam nach dem Griff ihres Messers.
    »Wren«, flüsterte die Gestalt ruhig ihren Namen.
    Es war Eowen. Wren hob den Kopf, als sie sie erkannte, und beobachtete, wie die andere vorwärts kroch und sich vor ihr niederließ. Eowen war in ihren Kapuzenumhang gehüllt, ihr rotes Haar hing wirr herab, ihr Gesicht war gerötet, ihre Augen weit geöffnet, und sie schaute, als habe sie gerade etwas Erschreckendes gesehen. Ihre Lippen zitterten, als sie zu sprechen begann, und dann fing sie an zu weinen. Wren streckte die Hand nach ihr aus und zog sie zu sich heran. Sie war überrascht über die Verwundbarkeit der anderen und darüber, wie deren Kräfte nachließen, was bis zum Tode der Königin noch nie sichtbar geworden war.
    Eowen versteifte sich, wischte sich über die Augen und atmete tief die Nachtluft ein. Sie bemühte sich, ihre Fassung wiederzuerlangen. »Ich kann anscheinend nicht aufhören«, flüsterte sie. »Jedes Mal, wenn ich an sie denke, jedes Mal, wenn ich mich erinnere, beginne ich mich erneut zu grämen.«
    »Sie hat dich sehr geliebt«, besänftigte Wren sie. Sie versuchte, Eowen etwas Trost zu spenden, und erinnerte sich dabei an ihre eigene Liebe.
    Die Seherin nickte, senkte kurz die Augen und schaute dann wieder auf. »Ich bin gekommen, um dir die Wahrheit über die Elfen zu erzählen, Wren.«
    Wren blieb still, sagte nichts, sondern wartete nur ab. Sie spürte, wie sich in ihr ein kalter, bodenloser Abgrund öffnete.
    Eowen schaute zurück in die neblige Nacht, in das Nichts, das sie umgab, und seufzte. »Ich hatte vor langer Zeit einmal eine Vision, in der ich mich mit Ellenroh sah. Sie war lebendig und kraftvoll und strahlte vor einem blassen Hintergrund, der wie die Dämmerung im Winter wirkte. Ich war ihr Schatten, mit ihr verknüpft und an sie gebunden. Was auch immer sie tat, ich tat es auch - ich bewegte mich wie sie, sprach, wenn sie sprach, spürte ihr Glück und ihre Qual. Wir waren zu einer Einheit verschmolzen. Aber dann begann sie zu verblassen und zu verschwinden. Ihre Farbe begann zu verwischen, und ihre Umrisse begannen zu zerfließen. Sie verschwand - doch ich blieb. Ich war noch immer ein Schatten, der jetzt allein war und nach einem Körper suchte, an den ich mich würde binden können. Dann tauchtest du auf - ich kannte dich da noch nicht, aber ich wußte, wer du warst, Alleynes Tochter, Ellenrohs Enkelin. Du sahst mich an, und ich näherte mich dir. Während ich das tat, wurde die Luft um mich herum düster und drohend. Ein Nebel fiel über meine Augen, und ich konnte nur Rot sehen, einen leuchtenden, scharlachroten Dunst. Ich fror

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