Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Shannara V

Titel: Shannara V Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
Vom Netzwerk:
sich nicht einmal vorzustellen wagte. Hatten die Elfen nicht bereits bewiesen, daß sie zu allem fähig waren?
    Wie die Druiden, dachte sie traurig. Sie waren Opfer eines irregeleiteten Verlangens nach Wissen, eines unverständigen Vertrauens in die eigenen Kräfte, eines einfältigen Glaubens, daß sie etwas beherrschen könnten, was seiner reinen Natur nach wirklich unzuverlässig war.
    Wie hatten sie es so weit kommen lassen können, die Angehörigen eines Volkes mit so langer Erfahrung im Umgang mit der Magie, eines Feenvolks, das aus der Verwüstung der alten Welt durch Erfahrungen in die neue Welt gebracht worden war, aus denen sie hätten lernen müssen? Sie hatten doch sicherlich irgendeine vage Ahnung von den Gefahren gehabt, denen sie begegnen würden, wenn sie anfingen, die Natur nach ihrem eigenen Bild umzuformen, das einer krankhaften Phantasie entsprungen war. Sicherlich hatten sie erkannt, daß etwas falsch war. Und doch hatte der Lauf der Zeit die Elfen genauso menschlich wie die anderen Rassen werden lassen, sie von Feenwesen in Sterbliche verwandelt und ihre Wahrnehmungen und ihr Wissen verändert. Warum sollten sie nicht wie jeder andere auch Fehler machen können - wie jeder andere sie auch tatsächlich schon gemacht hatte, von den Druiden bis hin zu den Menschen?
    Die Elfen. Sie war ja auch eine von ihnen, und, noch schlimmer, sie war eine Elessedil. Wie sehr sie es sich auch anders wünschen mochte, sie würde an der Schuld daran zugrunde gehen, was deren falsche Einschätzungen hervorgebracht hatten, und an den Gewissensbissen, was ihre Torheit gekostet hatte. Ein Land, ein Volk, unzählige Leben, die Gesundheit und der Frieden einer Welt - sie hatten die Ereignisse in Bewegung gesetzt, die das alles zerstören würden. Ihr Volk. Sie konnte vielleicht dagegenhalten, daß sie selbst eine Fahrende war und daß sie nichts mit den Elfen gemein hatte, außer ihrer Blutlinie und ihrem Aussehen, aber das Argument schien hohl und schwach. Verantwortung begann und endete nicht mit persönlichen Bedürfnissen - soviel hatte Garth sie gelehrt. Sie war ein Teil von allem um sie herum, und nicht nur das Überleben, sondern auch ihr Platz im Leben hing unmittelbar davon ab, ob sie diese Wahrheit akzeptierte. Sie konnte nicht vor allem Unangenehmen in der Welt zurückweichen. Sie würde aber auch ihren Schmerz nie vergessen können. Es hatte einmal eine Zeit gegeben, in der die Elfen die ersten unter den Heilern gewesen waren und in der es ihre Aufgabe gewesen war, das Land als Einheit zu bewahren und auch anderen die Weisheit, dies zu tun, nahezubringen. Was war mit diesem Auftrag geschehen? fragte sie sich. Wieso waren die Elfen so fehlgeleitet worden?
    Sie aß, ohne zu schmecken, was sie aß, und sie sprach wenig und war in ihre Gedanken eingesponnen. Eowen saß ihr mit gesenkten Blicken gegenüber. Garth und die anderen Männer gingen an ihnen vorbei, ohne sie zu sehen, da sie sich auf den Weg vor ihnen konzentrieren. Stresa war bereits fort, erkundete die Gegend, um sich des Weges zu versichern. Faun lag wie ein Fellball auf ihrem Schoß.
    Was soll ich tun? fragte sie sich selbst verzweifelt. Welche Wahl habe ich? Sie setzten den Aufstieg auf den Blackledge fort, und noch immer konnte sie sich nicht auf eine Antwort festlegen. Der Tag war dunkel und neblig wie alle anderen zuvor, die Sonne wurde vom Vog ferngehalten, und die Luft war erfüllt von Hitze und Asche und dem schwachen Geruch des Schwefels. Geräusche erhoben sich hinter ihnen aus den Sümpfen von Eden’s Murk, eine wahllose Ansammlung von Schreien und Rufen, Lautfetzen, die weit entfernt aus dem Nebel stiegen. Unter ihnen jagten Wesen nach Nahrung und kämpften darum, einen weiteren Tag zu überleben. Über ihnen war lediglich Schweigen, als gäbe es vor ihnen nur noch Wolken. Der Pfad war steil und gewunden, und er führte sie häufig im Kreis. Es war ein Gewirr von Simsen, Gefällen und Engpässen wie ein Irrgarten. Manchmal gingen schnell und wild Schauer über sie hinweg, wobei der Regen die Erde und den Fels rutschig werden ließ, bis er dann wieder von der Hitze verdrängt wurde.
    Die Zeit verging, und Wrens Gedanken schweiften ab. Sie entdeckte, daß sie den Verlust von Erfahrungen fürchtete, an die sie zuvor keinen Gedanken verschwendet hatte. Sie war noch jung, kaum eine Frau, und die Möglichkeit, daß sie vielleicht niemals einen Mann oder Kinder haben könnte und vielleicht immer allein sein würde, traf sie schwer. Sie sah sich

Weitere Kostenlose Bücher