Shannara V
Elfenvolkes war groß, und sie fühlte, daß sie sie nicht ignorieren konnte, selbst wenn das ihr eigenes Leben vollständig verändern würde.
Dennoch blieb sie unsicher. Sie fühlte sich von dem Konflikt hin- und hergerissen, und focht einen inneren Kampf zwischen verschiedenen Möglichkeiten aus, die sich nicht einfach in richtig oder falsch einteilen ließen. Sie wußte auch, daß die Entscheidung vielleicht gar nicht von ihr getroffen werden würde, denn obwohl Ellenroh ihr die Führung übergeben hatte, mußten die Elfen sie erst einmal akzeptieren. Sie konnten sie ja auch ablehnen. Und warum sollten sie sich überhaupt entscheiden, ihr zu folgen, fragte sie sich. Einer Fahrenden, einer Außenstehenden, einem jungen Mädchen, das kaum erwachsen war - ihr fehlte noch vieles.
Ihre Gedanken zerstreuten sich wie Papierfetzen, die vom Wind verweht werden, und die Besorgnis um die Zukunft wurde von aktuellen Notwendigkeiten verdrängt. Sie schaute über die Felsen und das Gestrüpp auf den Schirm aus Vog und die dunklen, gebeugten Gestalten jener, die mit ihr reisten. Im Moment war es wichtiger zu wissen, wie sie überleben konnten.
Erst gegen Mittag ließ Stresa den Zug haltmachen. Wren drängte sich an Garth vorbei, um zu sehen, was passiert war. Der Stachelkater stand am Eingang einer Höhle, die sich vor ihnen in den Fels grub. Zu ihrer Rechten führte der Pfad, dem sie folgten, scharf einen Hang auf der Vorderseite der Klippe hinauf und verschwand in dem Gestrüpp, das den Berg bedeckte.
»Schau, Wren von den Elfen«, sagte der Stachelkater sanft, und seine hellen Augen fixierten sie. »Hier müssen wir uns entscheiden. Pfffft! Der Pfad windet sich hinauf zum Gipfel, aber er ist von hier aus langsam und schwierig zu begehen - sssppptt - und überhaupt nicht übersichtlich. Der Tunnel öffnet sich zu einer Reihe von Lavaröhren, die vor Jahren vom - pffft - Feuer des Vulkans gebildet worden sind. Ich habe sie schon früher erkundet. Auch sie führen zum Gipfel.«
Wren kniete sich hin. »Was schlägst du vor?«
»Grrrr. Auf beiden Wegen lauern Gefahren.«
»Überall lauern Gefahren.« Ihr entging sein Zögern. Um sie herum wirbelte und drehte sich der Nebel vor dem dichten Bewuchs der Insel, als suche er seinen eigenen Weg. »Wir verlassen uns auf deine Führung, Stresa«, erinnerte sie ihn. »Wähle du den Weg.«
Der Stachelkater drückte mit einem Zischen sein Mißvergnügen aus. »Dann die Tunnel. Pffffft!« Sein großer Körper schwang herum und wandte sich dann wieder ihnen zu. Die Stacheln hoben und senkten sich. »Wir brauchen Licht.«
Während Triss sich auf die Suche nach einem passenden Fackelholz machte, durchsuchte der Rest der Gesellschaft die Rucksäcke und Taschen nach Stoffetzen und Zunder. Gavilan und Eowen hatten von beidem etwas. Sie legten es vorsichtig in den Tunneleingang und setzten sich hin, um etwas zu essen, während sie auf Triss’ Rückkehr warteten.
»Hast du geschlafen?« fragte Eowen weich und setzte sich neben Wren. Sie hielt ihren Blick entschlossen abgewandt.
»Nein«, antwortete Wren wahrheitsgemäß. »Ich konnte es nicht.«
»Ich auch nicht. Es war genauso schwer, die Worte auszusprechen, wie sie zu hören.«
»Das weiß ich.«
Das rote Haar schimmerte feucht, als sich Eowens blasses Gesicht Wren zuwandte. »Ich hatte eine Vision - die erste, seit wir Arborlon verlassen haben.«
Wren wandte sich um, begegnete dem Blick der Seherin und erschrak über das, was sie dort sah. »Erzähle es mir.«
Eowen schüttelte den Kopf, wenn die Bewegung auch kaum wahrnehmbar war. »Nur weil es nötig ist, dich zu warnen«, flüsterte sie. Sie beugte sich vor, so daß nur Wren sie hören konnte. »In meiner Vision standest du allein auf einem Hügel. Es war deutlich, daß du auf Morrowindl warst. Du hieltest den Ruhkstab und die Elfensteine, aber du konntest sie nicht gebrauchen. Die anderen, jene hier, mich selbst eingeschlossen, waren nicht mehr als schwarze Schatten auf der Erde. Etwas näherte sich dir, riesig und gefährlich, aber du hattest keine Angst - es war, als würdest du es willkommen heißen. Vielleicht erkanntest du nicht, daß es dich bedrohte. Da war ein Schimmern glänzenden Silbers, und du eiltest, um es zu umarmen.«
Sie hielt inne, und ihr Atem schien zu stocken. »Das solltest du nicht tun, Wren. Wenn das geschieht, dann erinnere dich daran.«
Wren nickte und fühlte sich innerlich wie betäubt und leer. »Ich werde mich daran erinnern.«
»Es tut mir
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