Shannara V
Loch hinterlassen hatte, das sich dunkel unter ihnen öffnete. Weiter vorn befand sich eine Höhle, wo sich die Lava eine Zeitlang gesammelt und dabei eine Reihe von Durchgängen geschaffen hatte, die sich kreuz und quer durch den Berg schlängelten. Stresa wußte jeden Augenblick, was zu tun war, welchem Tunnel sie folgen mußten und wo der Durchgang lag, der sie in Sicherheit bringen würde.
Die Stunden verrannen, und ihr Marsch nahm kein Ende. Wren ließ Faun auf ihrer Schulter reiten. Die hellen Augen des Baumschreiers schossen nach links und nach rechts, und seine Stimme drang als leises Murmeln an ihr Ohr. Sie hörte eine Zeitlang auf, nachzudenken, und konzentrierte sich statt dessen darauf, einen Fuß vor den anderen zu setzen, die Bewegung der Schatten im Fackellicht zu beobachten. Diese und ein Dutzend andere irdische, sinnlose Ablenkungen halfen ihr, ihrem erschöpften Geist und ihren Empfindungen die notwendige Ruhe zu verschaffen.
Als die Nacht hereinbrach, kamen sie schließlich aus den Tunneln heraus, traten aus der rauchigen Schwärze mitten in ein Wäldchen aus zierlichen Eschen und Gestrüpp, das an der Vorderseite der Klippe wuchs. Vor ihnen erstreckte sich ein Sims in den Nebel. Hinter ihnen ragte der Berg zu einer zerklüfteten, leeren Kammlinie hinauf. Der Himmel über ihnen war düster und bewölkt, und ein leichter Regen fiel herab.
Sie gingen von den Tunneln fort zu einem Akazienwäldchen am Rande des Blackledge und richteten sich dort für die Nacht ein. Sie breiteten ihre Ausrüstung aus und nahmen eine eilige Mahlzeit ein, und dann wickelten sie sich in ihre Umhänge und Decken und bereiteten sich auf den Schlaf vor. Es war kalt auf dem Berg, und der Wind blies in scharfen Böen über sie hinweg. Weit entfernt konnte Wren das Rumpeln des Killeshan hören und das rote Glühen seines Feuers durch den Dunst schimmern sehen. Die Erde hatte erneut zu beben begonnen, es war eine langsame, beklemmende Erschütterung, die Felsgestein und Erde löste, so daß sie herabfielen, und die Bäume schwanken und die Blätter wie erschreckte Kinder flüstern ließ.
Wren lehnte sich gegen eine abgestorbene Akazie zurück, deren entblößte Wurzeln sich auf dem Felsgestein kaum mehr festhielten. Für kurze Zeit lag der Ruhkstab vergessen auf ihrem Schoß. Faun verbarg sich, solange das Beben anhielt, an ihrer Schulter, und verschwand dann schutzsuchend unter ihrer Decke. Sie beobachtete, wie die schlanke, kräftige Gestalt von Dal, der die erste Wache übernahm, an ihr vorbeiglitt. Ihre Augen waren schwer, während sie hinaus in die Dunkelheit schaute, aber sie stellte fest, daß sie noch nicht bereit war zu schlafen. Sie mußte erst noch eine Weile nachdenken. Kurz darauf tauchte plötzlich Gavilan hastig aus der Dunkelheit auf.
»Tut mir leid«, entschuldigte er sich eilig. »Kann ich mich eine Weile zu dir setzen?«
Sie nickte schweigend, und er setzte sich neben sie. Er hatte seine eigene Decke lose um die Schulter gelegt, und sein Haar war zerzaust und feucht. Sein hübsches Gesicht war von Müdigkeit gezeichnet, aber dennoch erschien ein Hauch des vertrauten Lächelns.
»Wie fühlst du dich?«
»Es geht mir gut«, antwortete sie.
»Du siehst sehr müde aus.«
Sie lächelte.
»Ich wünschte, wir hätten es gewußt«, murmelte er.
Sie schaute zu ihm hinüber. »Was gewußt?«
»Alles. Irgendwas! Etwas, das uns besser auf das vorbereitet hätte, was wir durchmachen.« Seine Stimme klang für sie seltsam, fast als sei er wahnsinnig. »Es ist fast, als würde man ohne Karte auf einem Ozean ausgesetzt und bekäme gesagt, man solle in Sicherheit steuern, aber gleichzeitig davon absehen, den Rest Trinkwasser zu gebrauchen, den man glücklicherweise dabei hat.«
»Was meinst du?«
Er wandte sich ihr zu. »Denk darüber nach, Wren. Wir besitzen sowohl den Loden als auch die Elfensteine - genug Magie, um fast alles zu vollbringen. Und dennoch haben wir anscheinend Angst, diese Magie anzurufen, fast als würden wir davon zurückgehalten, es zu tun. Aber das werden wir doch nicht, oder? Ich meine, was sollte uns daran hindern? Denk daran, wieviel besser die Dinge wurden, als du die Elfensteine benutztest, um einen Weg aus Eden’s Murk heraus zu finden. Wir sollten diese Magie bei jedem Schritt unseres Weges benutzen! Wenn wir das getan hätten, könnten wir jetzt vielleicht schon am Strand sein.«
»So geht es nicht, Gavilan. Sie kann nicht alles.«
Aber er hörte nicht zu. »Noch schlimmer ist es,
Weitere Kostenlose Bücher