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Shannara V

Titel: Shannara V Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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Mondlicht flutete zwischen den Bäumen hindurch und tauchte das Tal in weißes Leuchten. Die Luft war kühl und machte Cogline hellwach. Am Rand der Veranda blieb er stehen. Dutzende von winzigen, roten Lichterpaaren blinkten ihn aus den Schatten des Waldes an. Wie eine unendliche Schar zarter, roter Blüten schimmerten sie in der Finsternis. Sie schienen überall zu sein, rund um die Hütte und die Lichtung herum.
    Cogline blinzelte, um sie besser erkennen zu können. Und dann begriff er, daß es Augen waren.
    Er fuhr zusammen, als sich zwischen den Augen etwas rührte. Es war ein Mann in einer schwarzen Uniform mit den silbernen Insignien eines Wolfsschädels auf der Brust. Cogline sah ihn ganz deutlich, als er ins Mondlicht trat, groß und grobknochig, mit einem zerfurchten, ausgehöhlten Gesicht und leblosen Augen.
    Felsen-Dall, dachte er, und ein Schwindelgefühl packte ihn.
    »Alter Mann«, sagte der andere, und seine Stimme war ein krächzendes Flüstern.
    Cogline antwortete nicht. Er starrte den anderen fest an und zwang sich, nicht nach rechts zu schauen, zu dem offenen Fenster von Walkers Schlafzimmer, wo Walker schlief. Angst und Zorn wüteten in ihm, und eine innere Stimme schrie ihm zu, um sein Leben zu rennen, zu fliehen. Schnell, warnte sie. Wecke Walker auf. Hilf ihm, zu entkommen!
    Aber er wußte, daß es dafür längst zu spät war.
    Er wußte schon seit einiger Zeit, daß es so sein würde.
    »Wir sind deinetwegen gekommen, alter Mann«, krächzte Felsen-Dall, »meine Freunde und ich.« Er winkte, und die Geschöpfe, die ihn begleiteten, rückten eines nach dem anderen ins Licht, allesamt Horrorgestalten, Schattenwesen. Manche waren mißgestaltete Kreaturen wie die Waldfrau, die er vor ein paar Wochen von dem Lager von Par und Coll Ohmsford vertrieben hatte; manche sahen aus wie Hunde oder Wölfe, auf allen vieren, pelzig und mit zu Tierschnauzen verzerrten Gesichtern mit Zähnen und Krallen. Die Laute, die sie von sich gaben, ließen keinen Zweifel darüber, daß sie gierig auf Futter waren.
    »Versager«, sagte ihr Anführer. »Menschen, die sich über ihre Schwächen nicht haben erheben können. Sie dienen jetzt einem besseren Zweck.« Er trat einen Schritt vor. »Du bist der letzte, alter Mann - der letzte, der sich mir in den Weg stellt. Alle Shannara-Kinder sind fort, von der Erde gewischt. Du bist der letzte, der übrigbleibt, ein armer, ehemaliger Druide, der niemanden mehr hat, der ihn retten kann.«
    Die Runzeln, die Coglines Gesicht zeichneten, vertieften sich. »Ist das so?« fragte er. »Alle getötet hast du?« Felsen-Dall starrte ihn an. Kaum denkbar, entschied Cogline auf der Stelle. In Wahrheit hat er nicht einen umgebracht, will nur, daß ich das glaube. »Und du bist den ganzen Weg hierhergekommen, um es mir zu berichten, ja?«
    »Ich bin hergekommen, um dir ein Ende zu setzen«, erwiderte Felsen-Dall.
    Nun, da hast du es, dachte der alte Mann. Was immer der Erste Sucher mit den Shannara-Kindern angestellt hatte, es war nicht genug; er war jetzt auch hinter Cogline her, vielleicht, weil er die leichtere Beute abgab. Der alte Mann mußte beinahe lächeln. Wenn man bedachte, daß es alles hierauf hinauslief. Nun, nicht, daß er es nicht längst gewußt hätte. Allanon hatte ihn vor Wochen gewarnt, warnte ihn übrigens schon, als er ihn aufforderte, die Druidengeschichte aus Paranor zu besorgen. Oh, er hatte Walker natürlich nichts davon gesagt. Er hatte daran gedacht, doch er hatte es nicht getan. Es schien einfach keinen triftigen Grund dafür zu geben. Wisse dies, Cogline, hatte der Schatten prophetisch und mit tiefer Stimme erklärt. Ich habe die Zeichen der Unterwelt gelesen; deine Zeit in dieser Welt ist beinahe abgelaufen. Der Tod ist dir auf den Fersen, und er ist ein unerbittlicher Jäger: Wenn du das nächste Mal Felsen-Dall zu Gesicht bekommst, wird er dich gefunden haben. Wenn dieser Augenblick gekommen ist, nimm Walker Boh die Druidengeschichte wieder ab und halte sie fest, als sei sie dein Leben. Lasse sie nicht los. Gib sie nicht auf. Denk daran, Cogline.
    Denk daran.
    Cogline ordnete seine Gedanken. Die Druidengeschichte ruhte in einer Nische in dem steinernen Kamin in der Hütte, wo Walker sie versteckt hatte.
    Denk daran.
    Er seufzte müde und resigniert. Er hatte natürlich Fragen gestellt, doch der Schatten hatte keine Antworten gegeben. Typisch Allanon. Es reichte offenbar, daß Cogline wußte, was auf ihn zukam. Es war nicht nötig, daß er die Einzelheiten

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