Shannara VIII
Mädchen hatte er sich geholt, weil sie etwas Neues war und weil er in einem größeren Plan der Dinge einen Platz für sie vorsah. Vom Herz und von der Seele her war er ein Mwellret.
Das Mädchen allerdings hielt sie für gleichberechtigt, für zwei Geächtete, die gemeinsam nach Anerkennung durch und Macht über ihre Gegner strebten. Der Morgawr ließ sie das glauben, da es seinen Zwecken diente. Dabei waren sie in keinerlei Hinsicht gleichberechtigt, und die kleine Ilse-Hexe konnte mit ihrer Magie lange nicht so gut umgehen, wie sie sich einbildete. Sie stellte ein großtuerisches andauerndes Ärgernis dar, und dabei übte sie die Künste, welche die Mwellrets und ihre Art schon vor Jahrhunderten beherrscht hatten - ehe die Druiden überhaupt daran gedacht hatten, die Elfenmagie als Schwert und Schild einzusetzen -, auf törichte und lächerlich unerfahrene Weise aus. Mwellrets würden sich niemals Menschen unterwerfen, niemals ihre Untergebenen werden, und dieses kindliche Mädchen war nur ein Leckerbissen, der darauf wartete, dass man sich daran gütlich tat.
Er spürte die Blicke seiner Gefährten auf sich ruhen, die seine Befehle erwarteten und die den gleichen düsteren Rachegedanken nachhingen. Auch sie sahen ihrer Zeit entgegen. Für den Augenblick würde Cree Bega der Ilse-Hexe die Genugtuung lassen und gehorsam sein. Das hatte er dem Morgawr versprochen. Er würde ihren Befehlen folgen und ihre Wünsche erfüllen, weil es für ihn keinen Grund gab, sich anders zu verhalten.
Aber der Wind würde die Richtung wechseln, und dann würde Cree Bega dem Mädchen den Garaus machen.
Er fuhr zu den anderen herum, die sich eng um ihn drängten und ihn erwartungsvoll mit düsteren Mienen aus ihren tiefen Kapuzen anschauten. Sie waren darauf erpicht, seine Befehle zu hören und zu handeln. Er würde ihnen diesen Wunsch erfüllen. Zwischen diesen Bäumen liefen Mitglieder der Besatzung der Jerle Shannara umher, die nur darauf warteten, getötet oder gefangen genommen zu werden. Es war an der Zeit, ihnen diesen Gefallen zu tun.
Leise knurrend befahl er seinen Männern, mit Ryer Ord Star zu beginnen und dann weiterzuziehen.
Aber als sie sich der Seherin zuwandten und sie ergreifen wollten, war sie nirgendwo mehr zu sehen.
Kapitel 3
Arme aus Eisen umklammerten Bek Ohmsford und pressten ihn an einen Körper, der leicht stank und nach Lehm roch, nach Erde, die mit Chemikalien vermischt ist. Der Körper bewegte sich gedankenschnell, glitt zwischen Bäumen und Büschen dahin, breitete Schichten von sich wie Haut aus, Schatten, die dunkel und leer in der Luft hingen und sich schließlich vollständig auflösten. Manche wurden in Stücke gerissen, wenn die Magie der Ilse-Hexe sie erwischte, aber Bek und sein Retter waren stets eine Hautschicht voraus.
Dann hatten sie die Lichtung verlassen und wurden von den Bäumen verborgen, doch sie rannten weiterhin und hielten sich im Schatten oder verbargen sich hinter den Schutzschirmen, die Äste und Büsche bildeten. Nun begann Bek sich zu wehren, fürchtete sich plötzlich vor dem Unbekannten, vor dem Wesen, das mächtig und geheimnisvoll genug war, um die Magie der Ilse-Hexe herauszufordern.
»Beruhig dich, Junge«, zischte Truls Rohk und drückte ihn warnend mit den kräftigen Armen, wobei er den Schritt nicht im Mindesten verlangsamte.
So liefen sie lange Zeit dahin, und Bek krümmte sich im Griff des anderen zur Kugel, bis die Lichtung und die Hexe weit hinter ihnen lagen. Erst jetzt blieben sie stehen, der Gestaltwandler ging auf ein Knie hinunter und ließ den Jungen mit einem Stupser von Hand und Schultern los, sodass er auf die Erde rollte, wo er zunächst als Häuflein liegen blieb und sich erst langsam ausstreckte. Bek hörte Truls Rohks heftiges Atmen und sah, wie er vornübergebeugt in seinem die Gestalt verbergenden Mantel dahockte und wartete, bis seine Kraft zurückkehrte. Bek drückte sich auf Hände und Knie hoch, seine Muskeln kribbelten, während das Blut nach und nach in die verkrampften Glieder zurückfloss. Sie befanden sich an einer Stelle im Wald, wo Bäume und Gebüsch so dicht wuchsen, dass selbst Mond und Sterne das Laub mit ihrem Licht nicht durchdringen konnten. Tiefe Stille herrschte.
»Wenn man dein Leben beschützen will, hat man wirklich Tag und Nacht zu tun«, beschwerte sich der Gestaltwandler gereizt.
Bek dachte an die verlorene Gelegenheit, die Ilse-Hexe davon zu überzeugen, wer er war. »Niemand hat dich gebeten, dich einzumischen.
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