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Shannara VIII

Titel: Shannara VIII Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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das rief ihr die sinkende Temperatur in Erinnerung. Der Winter schien endlich über dieses Land hereinzubrechen, das seit tausend Jahren solches Wetter nicht kennen gelernt hatte.
     Also versuchte sie, weitere Energie von den Kristallen abzuziehen, und teilte diese in einer anderen Kombination auf, wobei die Schwarze Moclips zunächst wild im Wind schlingerte. Dabei bemühte sie sich, die wachsende Niedergeschlagenheit und das Gefühl zu ignorieren, dass sie doch nichts ändern konnte.
     Ganz in ihre Arbeit vertieft, bemerkte sie nicht, dass Hunter Predd ins dunstige Grau hinein auf die Jerle Shannara zuflog. Po Keiles eskortierte sie weiterhin, aber Rue beachtete auch ihn im Augenblick nicht. Bei ihrem Ringen mit der Schwarzen Moclips hatte sie die Flugreiter schlicht vergessen. Dann kehrte Hunter Predd zurück und lenkte Obsidian genau über den Bug, um ihre Aufmerksamkeit zu erheischen. Sie duckte sich angesichts der unerwarteten Bewegung, dann wandte sie sich um, während der Rock wendete und an der Steuerbordreling parallel flog, fast so nah, dass sie ihn hätte berühren können. Im Wind schaukelte er hin und her.
     »Kleine Rote!«, brüllte Hunter Predd gegen den Wind an, und seine Worte waren kaum zu hören.
     Sie sah hinüber und winkte zur Antwort.
     »Ich hole dich vom Schiff!« Er wartete einen Augenblick, damit sie die Ankündigung verarbeiten konnte. »Dein Bruder sagt, du sollst mitkommen. Das ist ein Befehl!«
     Wütend über den Großen Roten, weil er auch nur den Vorschlag machte, schüttelte sie sofort den Kopf.
     »Du kannst nicht bleiben!«, schrie Hunter Predd und lenkte Obsidian näher heran. »Schau dich um! Sie sind direkt hinter dir!«
     Dazu brauchte sie sich nicht umzuschauen; sie wusste, die Luftschiffe waren da und jagten sie. Sie brauchte sich nur umzudrehen, dann konnte sie die ausdruckslosen Gesichter der toten Männer erkennen, so nahe waren sie gekommen. In weniger als einer halben Stunde würden die sie eingeholt haben, wenn nicht langsam ein Wunder geschah. Und wenn sie nicht bis dahin eingeholt worden wäre, dann nur deswegen, weil sie abgestürzt war.
     Kurz gesagt, sie wusste recht gut, dass ihre Situation aussichtslos war.
     Nur wollte sie sich das nicht eingestehen. In Wirklichkeit war der Gedanke für sie unerträglich.
     »Kleine Rote!«, rief der Flugreiter erneut. »Hast du mich verstanden?«
     Sie schaute zu ihm hinüber. Er hatte sich an Obsidians dunklen Hals geschmiegt und hielt sich mit Armen und Beinen am Geschirr fest. So sah er aus wie eine Klette, die im Gefieder des großen Rocks klebte.
     »Hab verstanden!«, brüllte sie zurück.
     »Dann runter vom Schiff! Sofort!«
     Er sagte dies mit einem Nachdruck, der keinen Widerspruch duldete, denn schließlich musste sie die Ausweglosigkeit ihrer Situation ebenso begriffen haben wie er und ihr Bruder. Also starrte er sie von seinem Vogel aus an, mit wettergegerbtem, verärgertem Gesicht. Sie verstand sehr wohl, was er dachte: Wenn er sie jetzt nicht überreden konnte, würde es zu spät sein; die Jerle Shannara war schon fast außer Sicht, und der Sturm hatte Rue eingeholt. Natürlich konnte sie weiterhin tun, was sie wollte, allerdings blieb ihr dafür nicht mehr viel Zeit.
     Durch die wirren, vom Wind zerzausten Haarsträhnen betrachtete sie die Steuerkonsole des Luftschiffes. Das Wasser rann über das Metall und das glänzende Holz. Sie betrachtete ihre Hände, die Hebel und das Steuerrad hielten. Die Schwarze Moclips gehörte ihr; ihr ganz allein. Sie hatte sie den Dieben abgejagt, die ihr eigenes Schiff gestohlen hatten. Und sie hatte kein geringes Risiko auf sich geladen, um in den Besitz der Schwarzen Moclips zu gelangen, daher hatte sie das Recht, sie zu behalten. Niemand durfte sie ihr wegnehmen.
     Deswegen war es noch lange nicht so, dass sie mit dem Luftschiff verheiratet gewesen wäre. Wenn es ihr passte, konnte sie es einfach aufgeben. Wenn es ihrer Vorstellung entsprach. Schließlich war das Schiff nur ein Gegenstand aus Holz und Metall, kein Lebewesen aus Fleisch und Blut. Es besaß kein Herz und keine Seele und keinen Verstand. Es war nur ein Ding.
     Sie blickte zu Hunter Predd hinüber. Der Flugreiter wartete. Sie zeigte nach hinten und unten, dann auf sich selbst. Er nickte und drehte sofort von dem Schiff ab.
     Mit Bändern fixierte sie das Steuerrad und die Hebel, dann eilte sie die Stufen hinunter und über das rutschige Deck zur Hauptkajütstreppe. Eilig stieg sie hinab, ehe

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