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Sharon: die Frau, die zweimal starb

Sharon: die Frau, die zweimal starb

Titel: Sharon: die Frau, die zweimal starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Teufel das auch heißen mag.
    »Geringe Selbstachtung«, sagte Larry. »Man muss schon ganz schön tief gesunken sein, um vor’ner Kamera zu vögeln.«
    »Glaub ich auch.«
    Er leerte sein Bierglas. »Werde mal losziehen, um es mir nachfüllen zu lassen. Kann ich dir was mitbringen?«
    Ich hielt mein halbgefülltes Glas mit Sodawasser hoch. »Bin noch hiermit beschäftigt.«
    Die Kruses waren in einem Kreis von unserem Tisch weggewandert, auf einen anderen zu, an dem geschwätzige Fakultätselstern saßen. Ein bisschen Smalltalk, dann brach er in Gelächter aus. Es klang rundum selbstzufrieden. Er sagte etwas zu einem jungen Assistenten, schüttelte ihm die Hand, während er die Augen über dessen hübsche junge Frau wandern ließ. Suzanne Kruse lächelte unentwegt.
    Larry kam zurück. »So«, sagte er und machte es sich bequem. »Wie geht es dir denn nun?«
    »Wunderbar.«
    »Genau wie mir. Deshalb sind wir ja auch ohne unsere Frauen hier, stimmt’s?«
    Ich nippte an meinem Soda und sah ihn an. Er blieb mit mir in Augenkontakt, während er an seinem Hühnerbein zu nagen anfing.
    Der Therapeutenblick. Sorgenschwanger.
    Echte Sorge, aber ich wollte das nicht. Plötzlich durchfuhr es mich, und ich wäre am liebsten aufgesprungen - im Dauerlauf hinaus durchs steinerne Tor und hinweg aus dem Gatsby-Land.
    Stattdessen igelte ich mich in meine Seelenklempnerfestung ein. Parierte seine Frage mit einer Gegenfrage.
    »Wie macht sich Brenda in ihrem Jurastudium?«
    Er wusste genau, was mit mir los war, antwortete aber trotzdem. »Gehört schon das zweite Jahr zu den besten zehn Prozent in ihrer Klasse.«
    »Du musst stolz auf sie sein.«
    »Klar. Nur dass sie noch ein ganzes Jahr vor sich hat. Check mich mal nächstes Jahr um diese Zeit, und sieh nach, ob ich noch richtig ticke.«
    Ich nickte. »Ich habe gehört, es sei eine ziemliche Quälerei.«
    Sein Grinsen wurde kalt. »Eine Art Fäulnisprozess, wenn da am Ende ein Jurist herauskommen soll. Als ob ein Lendenstück sich in Scheiße verwandelt. Meine Lieblingsunterhaltung ist, wenn sie nach Haus kommt und mich wegen des Haushalts und der Kinder ins Kreuzverhör nimmt.«
    Er wischte sich den Mund ab und beugte sich zu mir herüber. »Zum Teil verstehe ich sie ja - sie ist intelligent, intelligenter, als ich es bin, ich hatte immer gedacht, dass sie sich für etwas anderes als Hausarbeit interessieren müsste. Sie selbst war es, die nein sagte, ihre eigene Mutter hatte Vollzeit gearbeitet und sie tagsüber zu Babysittern weggegeben, das nahm sie ihr übel: Sie wurde in unseren Flitterwochen schwanger, neun Monate später kam Steven zur Welt, danach die anderen - wie Nachbeben. Jetzt auf einmal muss sie sich selbst finden. Clara Darrow.« Er schüttelte den Kopf. »Das Problem ist das Timing. Hier siehst du mich, ich komme endlich an den Punkt, wo ich mich nicht mehr für Aufträge abzustrampeln brauche. Die Kollegen sind zuverlässig, die Praxis läuft wie von selbst. Das Baby kommt nächstes Jahr zur Schule, wir könnten uns mal freinehmen, eine Reise machen. Stattdessen ist sie zwanzig Stunden am Tag weg, während ich eine männliche Mami spiele.«
    Er sah mich finster an. »Pass bloß auf, mein Freund - obwohl es mit Robin wahrscheinlich anders sein wird, sie hat schon ihren Beruf gehabt, jetzt fällt’s ihr vielleicht nicht schwer, sich häuslich niederzulassen.«
    Ich sagte: »Robin und ich haben uns getrennt.«
    Er starrte mich an, schüttelte wieder den Kopf. Rieb sich das Kinn und seufzte. »Mist, tut mir leid. Seit wann denn schon?«
    »Fünf Wochen. Vorübergehender Urlaub, der sich immer mehr in die Länge zieht.«
    Er trank sein Bier aus. »Tut mir wirklich leid. Ich dachte immer, ihr beide wärt das perfekte Paar.«
    »Das dachte ich auch, Larry« Es würgte mich im Hals, und in der Brust brannte es. Ich war sicher, dass alle mich anstarrten, obwohl es niemand tat, als ich mich umsah. Nur Larry, dessen Augen sanft wie die eines Spaniels waren.
    »Ich hoffe, es wird wieder«, sagte er.
    Ich starrte in mein Glas. Das Eis war geschmolzen. »Ich glaube, ich hole mir was Stärkeres.«
    Ich bahnte mir mit den Ellbogen einen Weg durch das Gedränge an der Bar und bestellte einen doppelten Gin Tonic, überlegte, ob der stark genug sein würde.
    Auf dem Weg zurück zum Tisch stieß ich fast mit Kruse zusammen. Wir sahen einander an. Seine Augen waren hellbraun mit grünen Flecken, die Iris ungewöhnlich groß. Sie weiteten sich - als er mich erkannte, wie ich sicher zu

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