Sharon: die Frau, die zweimal starb
geformte Knöchel. Ihre Arme waren glatte weiße Halme. Sie trug weder Ringe noch Armreifen, nur die Perlen an den Ohrläppchen und eine dazu passende Perlenhalskette, die auf ihrem Dekolleté lag. Blaue Pumps mit mittelhohen Absätzen, die ihre Größe von einem Meter siebzig noch um zweieinhalb Zentimeter erhöhten. In der einen Hand hielt sie eine passende blaue Tasche, die sie mit der anderen Hand streichelte.
Keinen Ehering. - Na und?
Wenn Robin an meiner Seite gewesen wäre, hätte ich sie nicht so lange angesehen.
Oder das versuchte ich mir einzureden.
Ich konnte die Augen nicht von ihr losreißen.
Ihre Augen ruhten auf einem Mann - auf einem der Schwäne, der alt genug war, dass er ihr Vater hätte sein können. Ein großes, von tiefen Furchen durchzogenes, dunkel gebräuntes Gesicht. Schmale, helle Augen, Bürstenhaar in der Farbe von Eisenspänen. Gut gebaut trotz seines Alters und makellos gekleidet in einem doppelreihigen blauen Blazer und grauen Flanellhosen.
Seltsam jungenhaft - einer von diesen jugendlichen, älteren Männern, die die besseren Klubs und Urlaubsorte bevölkern und mit jüngeren Frauen ins Bett gehen können, ohne dass man über sie kichert.
Ihr Liebhaber?
Ich starrte sie weiter an. Romantische Liebe schien es nicht zu sein, was sie bewegte. Die beiden standen abseits in einer Ecke, und sie redete auf ihn ein, versuchte, ihn von etwas zu überzeugen. Bewegte kaum die Lippen und wollte offensichtlich keine Aufmerksamkeit erregen. Er stand nur da und hörte zu.
Sharon bei einer Party, das passte nicht zusammen. Sie hatte Partys genauso gehasst wie ich.
Aber das war lange her. Menschen ändern sich. Das traf wahrscheinlich auch auf sie zu.
Ich hob mein Glas an die Lippen und sah sie am Ohrläppchen ziehen - manches blieb so.
Ich bewegte mich langsam näher heran, stieß gegen die gepolsterte Hüfte einer Matrone, die mich verärgert ansah, Entschuldigungen murmelnd, kam ich weiter vorwärts. Die Gäste an der Bar standen dicht wie eine Mauer. Ich zwängte mich zwischen ihnen hindurch und suchte einen Punkt, von dem aus ich sie beobachten konnte - möglichst nah bei ihr -, aber ohne dass sie mich sah. Redete mir ein, es sei nur Neugier.
Plötzlich wandte sie den Kopf und erblickte mich. Sie erkannte mich wieder, und ihr Gesicht lief rosa an. Sie öffnete den Mund.
Alles war wie damals. Wir tanzten.
Tanzten auf einer Terrasse. Ein Lichternest in der Ferne. Gewichtlos, formlos …
Mir war schwindlig, ich stieß mit noch jemandem zusammen. Weitere Entschuldigungen.
Sharon sah mich immer noch an. Der Mann mit dem Bürstenhaarschnitt blickte in eine andere Richtung, wirkte nachdenklich.
Ich zog mich zurück, die Menge verschluckte mich, atemlos, mein Glas so fest umklammert, dass mir die Finger schmerzten, kehrte ich an den Tisch zurück. Ich zählte Grashalme, bis Larry wiederkam.
»Der Anruf war wegen des Babys«, sagte er. »Sie und die andere Kleine haben zu streiten angefangen. Sie hat einen Wutanfall gekriegt und will unbedingt nach Haus. Die Mutter des anderen Mädchens sagt, sie wären beide hysterisch - übermüdet. Ich muss sie abholen, Alex. Sorry.«
»Kein Problem. Mir reicht’s jetzt hier auch.«
»Ja, war doch ziemlich schwülstig, nicht? Aber wenigstens habe ich einen Blick in die Halle des großen Hauses werfen können - ist groß genug zum Schlittschuhlaufen. Wir haben den falschen Beruf erwischt, Alex.«
»Was ist der richtige Beruf?«
»Du musst es jung heiraten, das Geld, und dann kannst du dein Leben damit verbringen, es wegzupinkeln.«
Er warf einen letzten Blick auf das Haus und über Mrs. Blalocks Besitz. »Hör zu, Alex, es war schön, dich wiederzusehen - so von Mann zu Mann, bisschen Wut ablassen. Wollen wir nicht irgendwann in ein paar Wochen mal Billard spielen und zusammen mampfen? Wie wär’s, im Fakultätsklub?«
»Klingt fantastisch.«
»Toll. Ich rufe dich an.«
»Freue mich drauf, Larry.«
Von unseren Lügen gestärkt, verließen wir die Party.
Er hatte es eilig, bot mir aber trotzdem an, mich nach Haus zu fahren. Ich sagte, ich ginge lieber zu Fuß, und wartete bei ihm, während der Diener mit dem Bärtchen die Schlüssel holte. Der Chevrolet-Kombi stand nun so, dass er sofort abfahren konnte. Und jemand hatte ihn gewaschen. Der Diener hielt die Tür auf und sagte dauernd »Sir«, während er wartete, dass Larry es sich bequem machte. Als Larry den Schlüssel ins Zündschloss steckte, schloss der Diener behutsam die Tür und hielt
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