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Sharon: die Frau, die zweimal starb

Sharon: die Frau, die zweimal starb

Titel: Sharon: die Frau, die zweimal starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Ransoms?«, fragte er. »Was für eine Verbindung könnte ein Milliardär mit solchen Leuten haben?«
    »Vielleicht keine. Wenn ich sage, Belding hat das gemacht, meine ich das nicht wörtlich. Er hat sich wahrscheinlich nie die Hände schmutzig gemacht, hatte einen Mittelsmann wie Billy Vidal, der sich dieser Sachen annahm - das war seine Spezialität: Leute für Belding zu besorgen, die seine Wünsche erfüllten. Wo der Mittelsmann sie fand, wer weiß? Aber dass die Ransoms geistig zurückgeblieben waren, stellte einen Vorteil und keinen Nachteil dar. Sie würden passiv und gehorsam sein, unwahrscheinlich, dass sie geldgierig wurden oder Fragen stellten. Sie denken konkret, sind halsstarrig - gut, um Geheimnisse für sich zu behalten. Oder zu vergessen. Ich habe gestern selber ein Beispiel davon erlebt. Außerdem waren sie anonym - keiner von beiden kannte auch nur seinen Geburtstag, kein Amt der Regierung besaß irgendwelche Akten über sie. Nicht bis 1971, als Sharon zum College wegging und Helen Leidecker fand, dass die beiden eine Zusatzsicherung brauchten, und es selbst übernahm, sie bei der Kranken- und Sozialversicherung anzumelden. Wenn das nicht geschehen wäre, hätte ich sie niemals gefunden.«
    »Und wenn Sharon das verkrüppelte Mädchen nicht nach Shirlee genannt hätte«, ergänzte Milo.
    »Ja. Und ich behaupte nicht, dass ich das verstehe - sie war voll unverständlicher Symbole. Aber wie dem auch sei: Shirlee und Jasper ein Kind zu geben war gleichbedeutend damit, die Identität dieses Kindes auszulöschen. Vielleicht erwartete Belding nicht, dass sie es überleben würde. Aber Helen Leidecker fand sie, brachte ihr was bei und schickte sie in die Welt hinaus.«
    »Hinaus zu Kruse.«
    »Kruse ging zu der Beratung in der University of Long Island unter dem Deckmantel des Altruismus - als ob er helfen wollte. Aber er war ein Raubtier - ein Wüstling und ein Machtmensch -, immer auf der Suche nach neuen Schülerinnen. Vielleicht zog ihn Sharons Aussehen an oder vielleicht hatte er das Video mit Linda Lanier gesehen und war von der Ähnlichkeit überrascht. Auf jeden Fall knipste er sein Charisma an, ließ sie von sich selbst erzählen, sah, wie sie auswich, wenn es um ihre Herkunft ging, und fand sie immer interessanter. Die beiden waren dann ein perfektes Paar bei der Bewusstseinskontrolle: Sie, von Helen geformt, besaß keine richtigen Wurzeln. Er war gierig darauf, Svengali zu spielen.«
    Jim Jones und die Kool-Aid-Gang.« Milos großes Gesicht hatte sich vor Zorn verdunkelt.
    »Auf einer Ebene eins zu eins«, sagte ich. Milo stand auf und brachte ein Bier mit.
    Als er trank, sagte ich: »Er hat sie unter seine Fittiche genommen, Milo, und sie überzeugt, dass sie eine großartige Psychologin abgeben würde. Ihre Zensuren waren vielversprechend. Er brachte sie nach Kalifornien in die Psycho-Fakultät, übernahm die Rolle ihres Studienberaters und Doktorvaters. Er überwachte die Fälle, die sie zugeteilt bekam, wozu immer auch etwas Therapie gehört. Er machte eine intensive Therapie daraus. Bei Kruse hieß das: absurde Kommunikation, hypnotische Manipulation. Wie viele Leute mit verwirrter Identität war auch sie ein hervorragendes Hypnosesubjekt. Seine Machtrolle in ihrem Verhältnis verstärkte ihre Empfänglichkeit. Er ließ sie regredieren, legte ihre frühen Kindheitserinnerungen frei, die ihn noch mehr faszinierten. Irgendeine Art von frühem Trauma, dessen sie sich auf der bewussten Ebene nicht gewahr war - vielleicht sogar etwas über Belding. Kruse fing an herumzuschnüffeln.«
    »Und Filme zu drehen.«
    Ich nickte. »Eine zeitgemäße Wiederholung des Videos ihrer Mutter - Teil der ›Therapie‹. Kruse zeigte sie ihr wahrscheinlich, um sie ihren ›Wurzeln‹ näherzubringen - der Mutterliebe. Sein Spiel war es, sie zu beherrschen - einen Teil von ihr aufzubauen, einen anderen niederzureißen. Mittels Hypnose konnte er ihr vorschlagen, Dinge zu vergessen, so konnte er sie bewusstlos halten. Schließlich wusste er mehr über sie als sie selbst. Er fütterte sie mit kleinen Häppchen ihres eigenen Unterbewussten, hielt sie abhängig, unsicher. Psychologische Kriegsführung. Was du in Vietnam gesehen hast, darin war er ein Experte. Dann, als die Zeit reif war, ließ er sie auf Belding los.«
    »Dickes Geld. Macht über ihn.«
    »Und ich glaube, ich weiß genau, was geschah, Milo. Im Sommer 1975. Sie verschwand ohne eine Erklärung für zwei Monate. Als ich sie das nächste Mal sah, hatte

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