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Sharon: die Frau, die zweimal starb

Sharon: die Frau, die zweimal starb

Titel: Sharon: die Frau, die zweimal starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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ihnen, aber ich hatte nie das Gefühl, zu ihnen zu gehören . Und Helen. Obwohl sie mich im Grunde aufgezogen hat, war sie nicht meine Mutter - es gab immer eine Wand zwischen uns. Es war verwirrend.«
    Ich nickte.
    »Im ersten Jahr der Ausbildung«, sagte sie, »stand ich ziemlich unter Druck. Es wurde tatsächlich erwartet, dass man anderen Leuten half. Das erschreckte mich - darum bin ich aus dem Praktikum weggelaufen. Ich glaube, im Grunde stimmte ich dem zu, was die anderen sagten: Ich kam mir wie eine Schwindlerin, wie eine Hochstaplerin vor.«
    »Das geht zuerst jedem so.«
    Sie lächelte. »Immer der Therapeut. Das warst du an dem Abend. Mein Fels. Als ich deinen Namen auf der Partyliste sah, ich glaube, da dachte ich, die Geschichte ginge vielleicht noch einmal von vorn los.«
    »Bevor du Sherry trafst - bevor du von ihr wusstest -, hast du dir da je vorgestellt, eine Zwillingsschwester zu haben?«
    »Ja, die ganze Zeit, als ich Kind war. Aber ich habe nie sehr daran geglaubt. Ich war die Art Kind, das sich alles Mögliche vorstellt.«
    »Gab es da ein Zwillingsbild, das immer wiederkehrte?«
    Nicken. »Ein Mädchen in meinem Alter, das genauso wie ich aussah, aber das selbstbewusst, beliebt, anspruchsvoll war. Ich nannte sie die ›große Sharon‹, obwohl sie nicht größer als ich war, weil sie so eine große, starke Persönlichkeit besaß. Paul sagte, ich sähe mich selbst als winzig und kümmerlich. Als unbedeutend. Die ›große Sharon‹ blieb im Hintergrund, hinter den Kulissen, aber ich konnte mit ihrer Hilfe rechnen, wenn ich in Schwierigkeiten geriet. Jahre später, in meinem ersten Psychologiekurs, erfuhr ich, dass das normal war - Kinder tun es die ganze Zeit. Aber ich tat es sogar noch als Jugendliche, sogar noch im College. Es war mir peinlich, ich hatte Angst, ich könnte im Schlaf darüber reden und die anderen Mädchen im Zimmer würden annehmen, mit mir wäre etwas nicht in Ordnung. Also strengte ich mich bewusst an, von der ›großen Sharon‹ loszukommen und endlich erwachsen zu werden. Schließlich gelang es mir, sie so weit zu unterdrücken, dass sie nicht mehr da war. Aber sie kam in der Hypnose heraus, als Paul mich untersuchte. Ich fing an, über sie zu reden. Dann mit ihr. Paul sagte, sie sei meine Partnerin. Meine stille Partnerin, die irgendwo in der Vergangenheit herumschwebte. Er sagte, jeder hätte so einen stillen Partner - darauf wolle Freud mit seinem Ich, Es und Über-Ich hinaus. Dass es okay wäre, sie zu haben - sie sei nichts anderes als ein anderer Teil von mir. Das war eine sehr affirmative Botschaft.«
    »Und im Herbst beschloss er, dich mit deinen richtigen stillen Teilhaberinnen bekannt zu machen.«
    Sie spannte sich. Das glasige Lächeln lag wieder auf ihrem Gesicht.
    »Ja, denn inzwischen war ich so weit.«
    »Wie hat er es arrangiert?«
    »Er rief mich zu sich in die Praxis und sagte, er hätte mir etwas zu erzählen. Ich solle mich lieber hinsetzen - es könnte traumatisch sein. Aber es wäre bestimmt von großer Bedeutung, eine Erfahrung, die für meine Weiterentwicklung wichtig sei. Dann hypnotisierte er mich, versetzte mich in eine Phase tiefer Muskelentspannung und transzendentaler Heiterkeit. Als ich richtig entspannt war, sagte er mir, ich wäre einer der glücklichsten Menschen auf der Welt, weil ich eine richtige stille Partnerin - zwei Partnerinnen sogar - hätte. Dass ich eine von dreien wäre. Drillingen .«
    Sie sah mich an und nahm meine beiden Hände zwischen ihre. »Alex, all diese Gefühle, unvollständig zu sein - und daher der Versuch, das Loch mit der ›großen Sharon‹ zu füllen, waren in meinem Unterbewusstsein gewesen, das mir nicht erlaubte zu vergessen, trotz der Unterdrückung. Dass ich in der Therapie mit der ›großen Sharon‹ hatte sprechen können, hieß in seinen Augen: Ich hatte eine höhere Ebene erreicht und war bereit, mit meiner Identität - dass ich ein Drittel eines Ganzen war - in Berührung zu kommen.«
    »Was war das für ein Gefühl für dich, als du es erfuhrst?«
    »Zuerst war es wundervoll. Eine Welle der Glückseligkeit rollte über mich hinweg - ich war freude trunken . Dann plötzlich wurde alles kalt und dunkel, und die Wände kamen auf mich zu.«
    Sie schlang die Arme um mich, hielt mich fest.
    »Es war unglaublich, Alex - unglaublich schrecklich. Als träte mir jemand auf die Brust, um mich zu erdrücken. Ich dachte, ich müsste sterben. Ich versuchte zu schreien, aber kein Ton kam heraus. Versuchte

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