Sharon: die Frau, die zweimal starb
gab ihm ein Trinkgeld, und nachdem er gegangen war, öffnete ich die Pakete. Eins enthielt eine Kiste Chivas Regal, das andere eine Kiste Moët & Chandon.
Ein Trink-Geld für mich. Als ich mich noch fragte, warum, läutete das Telefon.
»Ist es angekommen?«, fragte Mal.
»Vor einer Minute.«
»Perfektes Timing. Trink nicht alles auf einmal weg.«
»Warum so großzügig, Mal?«
»Siebenstellige Einigung ist der Grund. All diese großen Juristen haben sich zusammengetan und beschlossen, es unter sich zu teilen.«
»Moretti auch?«
»Besonders Moretti. Die Versicherung übernimmt den größten Brocken. Er rief ein paar Stunden nach deinem Bericht an und versuchte nicht mal mehr zu handeln. Als er umgekippt war, ist der Rest wie ein Dominospiel abgelaufen, und die anderen haben auch gleich aufgesteckt. Denise und Darren haben gerade in der Lotterie gewonnen, Alex.«
»Freut mich für sie. Sorge auch dafür, dass sie beide Hilfe bekommen.«
»Reich zu sein sollte helfen; aber klar, ich werde sie beide drängen. Nebenbei: Nachdem wir uns auf eine Summe geeinigt hatten, bat mich Moretti um deine Nummer. Er war sehr beeindruckt.«
»Ich fühle mich geschmeichelt.«
»Ich habe sie ihm gegeben.«
»Er vergeudet seine Zeit.«
»Das dachte ich auch . Aber es war nicht an mir, ihm zu sagen, er soll sich das abschminken. Das ist dein Job. Ich nehme an, dein neues Ich wird’s gern tun.«
Um eins ging ich aus dem Haus und versuchte es noch einmal im Einkaufszentrum. Als ich meinen Wagen durch den Laden schob, stieß er mit dem einer großen Frau mit kastanienbraunem Haar zusammen.
»Hoppla, sorry« Ich befreite meinen Wagen, schob ihn aus dem Weg und wanderte zu den Tomaten hinüber.
»Tut mir auch leid«, sagte sie fröhlich. »Ist ja manchmal wie auf dem Freeway hier drin, nicht wahr?«
Der Markt war fast leer, aber ich sagte: »Das kann man wohl sagen.«
Sie lächelte mich mit ebenmäßigen weißen Zähnen an, und ich schaute genauer hin. Ende dreißig oder guterhaltene Anfangsvierzigerin, eine dicke Matte zotteligen braunen Haars, das ein rundliches, hübsches Gesicht umrahmte. Stupsnase und Sommersprossen, Augen in der Farbe einer unruhigen See. Sie trug kurze blaue Shorts aus grobem Baumwolltuch, die lange braune Läuferinnenbeine ankündigten, und ein lavendelfarbenes T-Shirt, das dasselbe für hohe, scharfe Brüste tat. Um einen Fußknöchel eine dünne Goldkette.
»Was halten Sie hiervon?«, fragte sie und reichte mir eine Warzenmelone. »Zu fest, um reif zu sein?«
»Nein, glaube ich nicht.«
»Gerade richtig, was?«
Breites Grinsen, ein Bein übers andere geschlagen. Sie streckte sich, und das T-Shirt rutschte hinauf, und ein braungebrannter, flacher Bauch kam zum Vorschein.
Ich rollte die Melone zwischen den Handflächen herum und klopfte ein paarmal darauf. »Genau richtig.« Als ich sie ihr zurückgab, berührten sich unsere Finger.
»Ich bin Julie.«
»Alex.«
»Ich habe dich schon früher hier gesehen, Alex. Du kaufst viel von diesem chinesischen Gemüse, wie?«
Ein Schuss ins Dunkle und daneben - aber warum nicht nett zu ihr sein? »Stimmt.«
»Ich liebe diesen bok choy «, sagte sie, als sie die Warzenmelone in den Händen wog. Sie legte sie in den Korb und wandte ihre Aufmerksamkeit einer in Plastik gewickelten Ananashälfte zu. »Mmm, alles sieht heute so gut und reif aus. Mmh.«
Ich tat ein paar Tomaten in die Tüte, wählte einen Salatkopf und ein Bündel Schalotten und wollte weitergehen.
»Anwalt?«
Ich lächelte und schüttelte den Kopf.
»Hm. Lassen Sie mich raten. Architekt?«
»Nein, ich bin Psychologe.«
»Wirklich? Ich liebe Psychologen. Meine haben mir so viel geholfen.«
»Das ist großartig, Julie.« Ich fing an, meinen Wagen wegzuschieben. »Nett, Sie kennengelernt zu haben.«
»Hören Sie mal«, sagte sie. »Ich bin gerade auf dieser Eine-Mahlzeit-pro-Tag-Reinigungsdiät - nur Lunch, eine Menge komplex gebundener Kohlehydrate -, und ich habe heute noch nichts gegessen. Ich bin fast verhungert. Da oben an der Ecke ist eine Pastabar. Darf ich Sie einladen? Würden Sie gern mitkommen?«
»Fürchterlich gern, Julie, aber ich kann nicht. Danke trotzdem.«
Sie wartete darauf, dass ich eine Bewegung machte. Als ich nichts tat, fiel ihr Gesicht herunter.
»Nehmen Sie’s nicht persönlich«, sagte ich. »Es ist bloß gerade eine schlechte Zeit.«
»Klar«, sagte sie und riss den Kopf weg. Als ich ging, hörte ich sie murmeln: »Alle hübschen Männer sind
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